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Gewerkschaftsdemos in BrüsselZehntausende gegen Sparpolitik

Mehr als 26 Millionen Menschen in der EU sind ohne Arbeit. Dagegen demonstrierten in Brüssel Gewerkschafter aus mehreren Ländern. Es kam zu Ausschreitungen.

Vorn die Polizei, fern die Demonstranten: am Freitag in Brüssel. Bild: dpa

BRÜSSEL afp | Zehntausende Menschen sind in Brüssel gegen die Sparpolitik und den Sozialabbau in der EU auf die Straße gegangen. Die Demonstranten folgten am Freitag einem Aufruf des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB). Die Brüsseler Polizei sagte der Nachrichtenagentur dpa, 25.550 Menschen hätten teilgenommen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund schrieb in einer Mitteilung von 50.000 Demonstranten.

Gegen Ende des Protestmarsches gerieten sie mit der Polizei aneinander, berichtete ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und einen Wasserwerfer ein, um die Menge von dem Gebäude der Europäischen Kommission fernzuhalten. Bei den Auseinandersetzungen gab es mindestens einen Verletzten aufseiten der Demonstranten.

Die Mehrheit der Protestierer habe sich friedlich verhalten, sagte Ilse Van de Keere, Sprecherin der Brüsseler Polizei. Einige Hafenarbeiter hätten jedoch „alles, was sie finden konnten“ auf die Ordnungskräfte geworfen, etwa Steine oder Teile der Absperrungen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Ein Demonstrant verletzte sich nach Polizeiangaben, als er versuchte, einen Stein zu werfen.

Die vor allem aus Frankreich, Deutschland, Polen und anderen Mitgliedstaaten nach Brüssel angereisten Demonstranten forderten ein sozialeres Europa. Auf Spruchbändern standen Parolen wie „Sparmaßnahmen = dauerhafte Armut“ und „Menschen, kein Profit“. Die Gewerkschaften prangerten an, dass mehr als 26 Millionen Menschen in der Europäischen Union ohne Arbeit seien. In 18 der 28 Mitgliedsländer seien die Reallöhne in den vergangenen Jahren gesunken.

„Unsere Botschaft ist einfach, aber es ist eine Botschaft, die die Verantwortlichen nicht hören wollen“, sagte EGB-Generalsekretärin Bernadette Segol. Die Politik habe mit ihrer Antwort auf die Euro-Schuldenkrise die wirtschaftliche und soziale Krise des Kontinents verschärft. „Unsere Botschaft ist, dass die Sparpolitik nicht funktioniert“, sagte Segol. EGB-Sprecherin Emanuela Bonacina rief die Bürger auf, bei der Europawahl am 25. Mai für Kandidaten zu stimmen, „die die Art und Weise ändern, wie Europa geführt wird“.

Auch aus Deutschland waren Teilnehmer angereist. Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des Deutsche Gewerkschaftsbundes (DGB) erklärte in einer Mitteilung: „Die elementaren Eingriffe in die Tarifautonomie und in Arbeitnehmerrechte, die Lohn- und Sozialkürzungen und die neoliberale Sparpolitik haben die Finanzkrise nicht gelöst, sondern zu einer schwerwiegenden sozialen Krise gemacht.“ Insbesondere die hohe Jugendarbeitslosigkeit in vielen Staaten Europas stelle eine Hypothek für die Zukunft dar.

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4 Kommentare

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  • der egb vertrit die interessen der masse der bürger der eu und europa, auch de arbeitslosen, studenten, kinder, hausfrauen, rentner.

     

    die hafenarbeiter wollten wohl darauf aufmerksam machen, dass die staaten in unversöhnlichem konfrontationskurs, pro arbeitgeber, agieren und instutionalsiert sind und es sich bei der polizei keinesewegs um ein paar "gute kollegen aus der gewerkschaft" handelt, sondern um "büttel der arbeitgeber, staatsseite...".

     

    eigentlich sollt der der egb gut genung schon parlamentarisch repräsentiert sein. die demonstration demonstriert das gegenteil!! was den bankrott des ganzen repräsentationssystems bedeutet!!

  • „Die elementaren Eingriffe in die Tarifautonomie und in Arbeitnehmerrechte, die Lohn- und Sozialkürzungen und die neoliberale Sparpolitik haben die Finanzkrise nicht gelöst, sondern zu einer schwerwiegenden sozialen Krise gemacht.“ (A.Buntenbach , DGB)

    Nur Jammern . Nach dem ideologischen Bankrott auch des Arbeitermarxismus haben die Gewerkschaften nur noch auf dem Zettel : "Wir wollen den guten alten Wirtschaftswunder-Kapitalismus zurück haben !"

    Hey , Leute - ... der neoklassische VWL-Wirtschaftsliberalismus geistert seit 2008 nur noch als Zombie rum , liebe Genossen . Und die böse Sparpolitik ist nicht neoliberal , sondern nur staatliche Krisenverwaltung zwecks Verhinderung , dass der ganze Laden nicht schon im nächsten Jahr zusammenbricht . Ach ja - ... der staatliche Pseudo-Keynes hat sein (nicht vorhandenes) Pulver schon ubiquitär in den letzten 20 bis 3o Jahren verschossen (s. Staatsverschuldung) , ... und ganz offen vor aller Augen das Geld zu drucken ziert man sich noch .

    • @APOKALYPTIKER:

      totgesagte leben exttrem gefährlich länger - für die andern..

      • @Dr. rer. nat. Harald Wenk:

        Ja , so ist es . Der Kapitalismus ohne Wachstum zeigt bei seinem Abgesang seine reale Teufelsfratze . Mit dem Zombie meinte ich oben allein die neoliberale Ideologie , die sich klein und häßlich in die Ecke gestellt hat .