Gewerkschafter über Dunja Hayali: „Das gehört für JournalistInnen dazu“
ZDF-Moderatorin Dunja Hayali wird kritisiert, weil sie privatwirtschaftliche Events moderiert. Dabei sei das verbreitet, sagt DJV-Chef Frank Überall.
taz: Herr Überall, Dunja Hayali verteidigt sich gegen Kritiker unter anderem mit dem Hinweis, dass sie beim ZDF nicht fest angestellt ist. Wie gehen denn Redaktionen in Deutschland mit den Nebentätigkeiten ihrer freien Mitarbeiter um?
Frank Überall: Da gibt es keine Gesetzmäßigkeiten. Aber klar ist, dass die freien JournalistInnen ja bewusst in diesem Konstrukt beschäftigt werden. Wir haben es da mit freien UnternehmerInnen zu tun, auch wenn sie als Personen – wie Dunja Hayali – programmprägend sind. Und das bedeutet, dass sie eben manchmal auch andere Berufe ausüben. Das kann Taxifahren sein, Pizzaausliefern oder eben die Moderation von Veranstaltungen. Das ist nun mal eine Fähigkeit, die gefragt ist und prinzipiell spricht nichts dagegen. Es ist nur die Frage, wie man das als Freier kommuniziert.
Sollte man seine Tätigkeiten als Freier vor Verlag oder Sender transparent machen?
Definitiv. Beim WDR gibt es sogenannte Dinner Books. Wenn man als JournalistIn zum Beispiel zum Abendessen eingeladen wird und es unfein wäre, abzusagen, auch weil vielleicht ein Rechercheinteresse dahintersteht, dann muss man das der Redaktion melden. Und genauso sollte es sich mit Dienstleistungen verhalten. Würde Dunja Hayali, nachdem sie eine Veranstaltung der Deutschen Automatenwirtschaft moderiert hat, in einer Themenkonferenz ihres Talks vorschlagen, mal einen Automatenhersteller einzuladen, muss die Redaktion mit ihr gemeinsam hinterfragen, ob sie da befangen sein könnte und vielleicht die Falsche für ein Interview ist.
Dunja Hayali sagt, dass sich ihre kritische Haltung und Unabhängigkeit mit der Moderation von Veranstaltungen vereinbaren lässt. Ist das Ihrer Meinung nach möglich?
Dunja Hayali wird ihre Professionalität ja nicht an der Türklinke abgeben, wenn sie solche Jobs macht. Das wissen auch diejenigen, die Hayali und ihre KollegInnen für Moderationen anfragen. Die wollen auch nicht, dass da auf der Bühne eine willfährige Person steht, die bloß die Prinzipien der Branche herunterbetet und vorgegebene Fragen stellt. Stattdessen soll sie kritisch nachfragen und einen Diskurs anstoßen; dem Unternehmen, Verband et cetera einen Spiegel vorhalten.
Wie verbreitet sind denn Moderationsjobs unter freien Journalisten?
Sehr verbreitet und branchenübergreifend. Da handelt es sich um Freie, die für öffentlich-rechtliche Anstalten arbeiten, für Privatsender, überregionale oder regionale Zeitungen. Ich bin mir sicher, dass auch MitarbeiterInnen der taz regelmäßig Veranstaltungen von Firmen, sozialen Initiativen oder Umweltschutzverbänden moderieren. Das gehört für uns JournalistInnen auch einfach mit dazu. Man muss sich nur immer wieder vor sich selber bewusst werden: Überschreite ich hier eine Grenze? Bin ich vielleicht nicht mehr unabhängig?
ist seit 2015 Vorsitzender des Deutschen Journalistenverbands (DJV).
Inwiefern spielt die schwierige Situation vieler Medienhäuser eine Rolle dabei, dass sich ihre Freien etwas dazuverdienen müssen?
Ich denke, dass die Zahl der Freien, die Nebentätigkeiten nachgehen, in den letzten Jahren gestiegen ist. Und das liegt natürlich auch daran, dass überall massiv gespart wird. Wer heute freie MitarbeiterInnen beschäftigt, muss selbstverständlich damit rechnen, dass sie auch noch andere Jobs machen.
Dunja Hayali und ihre KollegInnen beim ZDF müssen sich ihre Aufträge nicht genehmigen lassen. Finden Sie das richtig?
Engagements vorher zu melden und offen darüber zu sprechen, finde ich sinnvoll. Eine Genehmigungspflicht sehe ich als Eskalationsstufe für Menschen, die auffällig geworden sind. Und das ist Dunja Hayali für mich nicht. Auffällig bedeutet für mich, als SportreporterIn Veranstaltungen von Vereinen zu moderieren, über die man berichten könnte. Als PolitikjournalistIn Wahlkampfveranstaltungen moderieren geht natürlich auch nicht und das ist auch so geregelt. Generell glaube ich, dass wir aber kein festes Regelwerk, sondern einfach mehr Kommunikation und Transparenz brauchen.
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