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Gewalttätige Proteste im KosovoAttacken gegen KFOR-Friedenstruppe

Bei Protesten im Kosovo sind 25 Soldaten der KFOR-Friedenstruppe verletzt worden. Der EU-Außenbeauftragte Borell verurteilt die Zusammenstöße.

Schlag auf Schlag: Zusammenstoß von Demonstranten und KFOR-Soldaten am Montag in Zvečan Foto: Laura Hasani/reuters

Leposavic/Belgrad rtr/afp/taz | Bei gewaltsamen Protesten ethnischer Serben infolge der Kommunalwahlen im Kosovo sind nach Nato-Angaben rund zwei Dutzend Soldaten der KFOR-Friedenstruppe verletzt worden. Die zum Schutz von Rathäusern eingesetzten Soldaten seien am Montag aus Menschenmengen heraus mit explodierenden Brandsätzen angegriffen worden, teilte die Kosovo Force (KFOR) der Nato mit.

Rund 25 Soldaten aus Italien und Ungarn hätten Knochenbrüche und Verbrennungen erlitten. Die aus ethnischen Albanern bestehende Polizei ging Augenzeugen zufolge mit Tränengas gegen die Proteste vor. Das serbische Staatsfernsehen berichtete, auch zwei Serben seien verletzt worden.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte am späten Montag die Zusammenstöße. Die Gewalt gegen die Nato-Friedenstruppen sei „absolut inakzeptabel“. „Die EU fordert die Behörden des Kosovo und die Demonstranten auf, die Situation sofort und bedingungslos zu deeskalieren“, schrieb Borrell auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Er forderte einen sofortigen Dialog.

Auch am Dienstag blieb die Lage angespannt. Vor der Stadtverwaltung in Zvecan hatten sich erneut serbische Demonstranten versammelt. Wie ein AFP-Journalist vor Ort beobachtete, stellten Soldaten der Nato-geführten Friedensmission im Kosovo eine Metallbarriere um die Verwaltung auf und hinderten Hunderte Serben daran, in das Gebäude einzudringen.

Streitkräfte gefechtsbereit

Drei gepanzerte Fahrzeuge der Polizei – deren Präsenz im mehrheitlich ethnisch-serbischen Norden des Kosovo immer wieder Diskussionen auslöst – blieben vor dem Verwaltungsgebäude stehen. Die Demonstranten fordern den Abzug der kosovarischen Sicherheitskräfte aus der Region. Auch verlangen sie die Absetzung von der ethnisch-albanischen Bevölkerungsgruppe angehörenden Bürgermeistern in der mehrheitlich von ethnischen Serben bewohnten Region.

Unterdessen versetzte das Nachbarland Serbien seine Streitkräfte in höchste Gefechtsbereitschaft, wie Verteidigungsminister Miloš Vučević mitteilte. Bereits am Freitag hatte der serbische Präsident Aleksandar Vučić Gefechtsbereitschaft angeordnet, allerdings zunächst auf einer niedrigeren Stufe. Vučić werde sich am Dienstag mit den Botschaftern der Vereinigten Staaten, Italiens, Frankreichs, Deutschlands und Großbritanniens – der sogenannten Quint-Gruppe – treffen, teilte das Büro des Präsidenten mit. Danach werde er getrennte Treffen mit den Botschaftern Finnlands, Russlands und Chinas abhalten.

Hintergrund des zuletzt wieder aufgeflammten Konflikts zwischen der serbischen Minderheit und der albanischen Mehrheit im Kosovo sind die Kommunalwahlen vom 23. April. Die Serben, die im nördlichen Landesteil die Mehrheit der Bevölkerung stellen, hatten die Wahlen boykottiert. In der Folge gewannen auch in mehrheitlich serbisch bewohnten Gemeinden albanische Bürgermeisterkandidaten. Zu deren Amtsantritten am Montag versammelten sich ethnische Serben zu Protesten.

Aus Protest gegen die Politik der albanischen Bevölkerungsgruppe hatten sich ethnische Serben bereits im vergangenen Jahr aus der Polizei und anderen öffentlichen Ämtern zurückgezogen. Das Kosovo hatte 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt. Diese wird jedoch weder Serbien noch von der serbischen Bevölkerungsgruppe im Kosovo anerkannt. Die von der Nato entsandte KFOR soll seit 1999 auf Basis eines UN-Mandats für Sicherheit in dem Land sorgen.

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7 Kommentare

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  • Was mir hier an Information fehlt:



    - wie hoch war die Wahlbeteiligung? (lt. Der Standard 3,5%)



    - warum hat der Westen diese Wahl anerkannt?



    - was wird damit bezweckt, diese Bürgermeister mit Gewalt in ihr Amt zu bringen?

    Dass seitens Serbien massiv eskaliert wird, ist bekannt und wird hier ausführlich geschildert.

    Die Frage muss aber sein, wie kann die Situation ohne Gegeneskalation (siehe oben) gelöst werden?

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Es gab doch einmal den Versuch eines Abkommens, die Grenze an den ethnischen Mehrheiten zu ziehen. Ein Teil des Nordens des Kosovo wäre nach Serbien gegangen, ein Teil des Südens von Serbien an Kosovo.

    Das wurde meines Wissens vom Kosovo abgelehnt. Getreu dem Motto, warum nicht Beides haben.

  • China und Russland sprachen ihre Solidarität mit Serbien aus....

    Konflikte schüren, wo es nur geht.

    Es ist so traurig, die engen Egoismen der Welt zu sehen.



    Allerdings hilft es auch nicht, sich toll altruistisch zu geben und Einwandererland No 1 zu werden.

    • @fly:

      China und Russland muss da nichts schüren. Der Konflikt besteht seit den 90er Jahren ohne Unterbrechung bis zum heutigen Tag fort , wurde durch die EU-Gelder allerdings auf Sparflamme gehalten.

  • Es ist eindeutig, dass Belgrad hinter all diesen Unruhen steht. Und dann fährt die serbische Armee noch eine Drohkulisse an der Grenze auf. Es drängt sich der Gedanke auf Serbien (im Verein mit dem Kreml) will hier den Ukrainekrieg ausnutzen und was provozieren (und Russland einen Nebenschauplatz aufmachen). Fürs erste sollten Sanktionen reichen. Nach dem Krieg sollte man sich dringend Vucic zur Brust nehmen auch seinen Spießgesellen Dodik in Bosnien. Man hat die viel zu lange gewähren lassen und das Gift ihres revanchistischen Nationalismus versprühen lassen. Diesem nachzugeben würde die Konflikte nur verschlimmern. Sie mit Gebieten zu belohnen wäre ebenfalls das falsche Signal.

  • Serbische Faschisten bestimmen die Politik dieses EU- Kandidaten. Will diese nicht durch ein zweites Russland höriges Land blockiert werden, sollte der Kandidstenstatus Serbiens sofort an rechtsstaatliche Prinzipien und die Beendigung des Zündelns im Kosovo gebunden werden.