Gewaltausbrüche in Syrien: Was macht die neue Regierung?
Das neuerliche Blutvergießen zeigt vor allem eines: Es gibt noch keine Sicherheit in Syrien. Nötig wäre jetzt Transparenz über den Ursprung der Gewalt.

A m Sonntag sind im drusisch geprägten Suweida im Südwesten Syriens Gefechte zwischen sunnitischen Beduinenstämmen und drusischen Kämpfern ausgebrochen. Auslöser der Gewalt waren Überfälle und Entführungen auf beiden Seiten. Die Kämpfe gingen die vergangenen Tage weiter, trotz angekündigter Waffenruhe. Mehr als 200 Menschen sollen dabei ums Leben gekommen sein, darunter 93 Mitglieder der syrischen Streitkräfte.
Die Regierung hatte relativ früh Panzer und Soldaten in die Region geschickt, um die Ordnung wiederherzustellen. Doch inzwischen werden Beschwerden und Vorwürfe von ungerechtfertigter Gewalt, die sich auch gegen drusische Zivilist*innen richtet, laut. Israel bombardiert derweil aus der Luft, meistens Stellungen oder Fahrzeuge der syrischen Truppen, während drusische Anführer teils widersprüchliche Appelle an die Bevölkerung, die Konfliktparteien und die internationale Gemeinschaft richten.
Dieses riesige, blutige Chaos, das sich immer wieder in Syrien entfaltet, in dem wie schon so oft am meisten Zivilist*innen leiden, zeigt vor allem eines: Es gibt noch keine richtige Sicherheit in Syrien. Keine stabile zumindest. Die neue Regierung kann oder will noch nicht so eingreifen, dass Extremist*innen – inklusive ihrer Unterstützer*innen – keinen Spielraum und keinen Nährboden mehr haben.
Dass sich aus reiner Kriminalität heraus interkonfessionelle Konflikte entwickeln, könnte an einem Mangel an staatlicher Kontrolle in der Region liegen. Doch die Erfahrung der vergangenen Monate zeigt, dass solche Auseinandersetzungen ebenfalls in Gebieten unter Regierungskontrolle stattfinden. Dies befeuert das Misstrauen der Minderheiten, die sich dann wiederum weigern, ihre Waffen abzugeben.

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Was die Syrer*innen endlich brauchen, ist Transparenz. Dass die Ergebnisse der staatlichen Untersuchungskommission über die Massaker an Alawit*innen noch nicht öffentlich sind, erzeugt kein Vertrauen. Nicht schöne Worte benötigt man jetzt, sondern Fakten.
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