piwik no script img

Gewalt gegen Schwarze in den USAMann in Minnesota erschossen

Am Mittwochabend hat ein Polizist einen Afroamerikaner am Steuer seines Wagens erschossen. Seine Freundin filmte den Vorfall vom Beifahrersitz aus.

Der Ort des Geschehens in Falcon Heights Foto: ap

Washington afp | Nur einen Tag nach den tödlichen Polizeischüssen auf einen Afroamerikaner in den USA hat erneut ein Beamter einen Schwarzen erschossen. Ein auf Facebook veröffentlichtes Handyvideo von der Freundin des Opfers im Bundesstaat Minnesota, das die letzten Augenblicke im Leben des 32-Jährigen zeigt, verbreitete sich am Donnerstag im Internet.

Nach Angaben der Polizei starb der junge Mann am späten Mittwochabend in seinem Fahrzeug, nachdem er in dem Ort Falcon Heights am Straßenrand angehalten hatte. Am Ort des Geschehens sei eine Pistole gefunden worden. Der Vorfall werde untersucht.

In dem Live-Video ist zu sehen, wie der Mann – von Familie und Aktivisten als Philando Castile identifiziert – am Steuer seines Wagens sitzt, während sich große Blutflecken auf seinem weißen Hemd ausbreiten. „Oh mein Gott, bitte sagt nicht, dass er tot ist, bitte sagt nicht, dass mein Freund gerade einfach so gegangen ist (…) Sie haben gerade vier Kugeln auf ihn abgefeuert, Sir“, ist Castiles Freundin Lavish Reynolds zu hören, wie sie den mutmaßlichen Polizeischützen anspricht.

Reynolds, die auf dem Beifahrersitz saß, lud das Video selbst auf ihrer Facebook-Seite hoch, es wurde bereits von mehr als 1,7 Millionen Menschen angeschaut. Hinten im Wagen saß zudem Reynolds kleine Tochter.

Ein kaputtes Rücklicht als Auslöser des Geschehens

Das Fahrzeug wurde laut Reynolds angehalten, weil es ein kaputtes Rücklicht hatte. Später sagte die Frau aus, in dem Auto habe sich auch Marihuana befunden. Ihr Freund habe eine Waffenlizenz gehabt. Castile habe dem Polizisten gesagt, dass er legal eine Waffe dabei habe, berichtete Reynolds. Als Castile seine Lizenz und die Fahrzeugpapiere herausholen wollte, habe der Polizist auf ihn geschossen und ihn am Arm getroffen.

Während der Verletzte stöhnte und nach Luft schnappte, richtete der Polizist seine Waffe durch das Autofenster. „Ich habe ihm gesagt, er sollte es nicht herausnehmen! Ich habe ihm gesagt, er soll die Hände hochnehmen“, schreit der Polizist.

Gegen Ende der Handyaufnahme ist Reynolds vierjährige Tochter zu hören, wie sie versucht, ihre vollkommen verstörte Mutter zu trösten. „Alles ist gut, Mama“, sagt das kleine Mädchen. „Alles ist gut, ich bin bei Dir.“

Unterstützer richteten später die Facebook-Seite „Justice for Philando Castile“ ein. Dort heißt es: „Philando Castile wurde am 7. Juli 2016 von der Polizei ermordet. Wir fordern Gerechtigkeit!“

Polizeigewalt auch in Louisiana

Erst am Dienstag war ein Afroamerikaner im Bundesstaat Louisiana von der Polizei erschossen worden. Dem 37-Jährigen, der vor einem Laden in Baton Rouge CDs verkauft hatte, wurde bei dem Polizei-Einsatz mehrfach aus kurzer Distanz in die Brust geschossen. Ein ebenfalls im Internet verbreitetes Video hält den Vorfall fest. Rund hundert Menschen, darunter Verwandte und Freunde des getöteten Alton Sterling, demonstrierten am Abend vor dem Geschäft.

Ähnliche Fälle von Polizeigewalt gegen Schwarze hatten in den vergangenen Jahren in den USA wiederholt für Empörung und Aufruhr vor allem in der afroamerikanischen Bevölkerung gesorgt. Im Sommer 2014 löste der gewaltsame Tod des 18-jährigen Michael Brown in Ferguson im Bundesstaat Missouri schwere Unruhen aus.

Im vergangenen Jahr entfachte der Tod von Freddie Gray in der Ostküstenstadt Baltimore wütende und teilweise gewalttätige Proteste. Der Afroamerikaner war in Polizeigewahrsam gestorben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • schrecklich wieder mal. Das alles zeigt, dass das massenhafte vorhanden sein von Waffen nicht zu mehr Sicherheit führt sondern zu mehr Gewalt.

     

    Aber ob man dies noch als "life-Video" bezeichnen sollte?

    Ist sicher nur eine unabsichtliche Art der Darstellung.