Gewalt an Berliner Schule: Ehemaliger Rektor empfiehlt hartes Regime
Nach einem Brandbrief des Kollegiums der Bergius-Schule in Friedenau meldet sich der Ex-Rektor zu Wort. Sein Rezept hieß damals: Zucht und Ordnung.
Am Donnerstag meldete sich der ehemalige Schulleiter der Integrierten Sekundarschule zu Wort hat und empfiehlt seinen Nachfolger:innen und Ex-Kolleg:innen, klare Regeln konsequent durchzusetzen. So habe es zu seiner Zeit als Rektor gegen die ständigen Verspätungen zahlreicher Schüler:innen konkrete Maßnahmen gegeben, sagte Michael Rudolph, der die Bergius-Schule bis vor einigen Jahren lange leitete, im RBB-Inforadio.
Die verspäteten Schüler:innen mussten damals in der ersten Stunde eine gemeinnützige Arbeit leisten, etwa im Herbst die Blätter auf dem Schulhof zusammenfegen. Rudolph stand dafür seinerzeit teils auch schwer in der Kritik. Der frühere Berliner Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) sprach mit Blick auf Rudolphs Methoden von „Steinzeitpädagogik“.
Folgt man dem Brandbrief, erlebt die Schule im Bezirk Tempelhof-Schöneberg aktuell einen Rückfall in alte Zeiten. Schon als Rudolph 2005 die Schulleitung übernommen hatte, waren Gewaltvorfälle vor und im Schulgebäude normal. Rudolph führte ein hartes Regime ein. „Es kamen damals 40, 50 Schüler von diesen 350 Schülern zu spät, ganz ohne Schuldbewusstsein, einfach so. Das hat natürlich unheimlich den Unterrichtsbetrieb gestört“, erinnerte sich Rudolph nun noch einmal im RBB.
Lange Gespräche mit Problemschülern
Verspätete Schüler:innen seien nur nach Klingeln eingelassen und registriert worden. Dann habe zunächst die gemeinnützige Arbeit statt des Unterrichts angestanden. Die Verspätungen seien schnell zurückgegangen, berichtete Rudolph. Alle Schüler:innen hätten gemerkt: „Da passiert jetzt irgendwas, da werden Grenzen gesetzt. Und dann wurde es leichter, auch andere Grenzen zu setzen.“
Außerdem habe er lange Gespräche mit Schüler:innen geführt und sie sprechen lassen. „Was ist los, was hast du gemacht, was ist das Problem?“ Das hätten die Delinquent:innen hinterher aufschreiben müssen: „Ich habe heute das und das falsch gemacht, ich will aber später Fußballer werden und dann geht das nicht“, sagte Rudolph.
„Die Schüler wussten, dass sie etwas falsch gemacht haben und sie haben sich auch durchaus bemüht, das wieder richtig zu machen. Das ist ja nicht so, dass Schüler alle die Regeln brechen wollen.“ Ob eine Schule funktioniere, entscheide sich vor Ort, sagt Rudolph. Die Verantwortlichen müssten einen Weg finden, die Schulaufsicht könne das nur begleiten.
Die Lehrer:innen der Bergius-Schule hatten in dem Brandbrief an die Schulaufsicht um Hilfe und personelle Unterstützung gebeten. Verstärkt müsse die Schule die Polizei rufen, um bei eskalierenden Situationen etwa nach Schulschluss vor dem Schulgebäude einzugreifen, hieß es.
Die Senatsbildungsverwaltung hatte am Mittwoch mitgeteilt: „Die Schulaufsicht ist mit der Schulleitung im Austausch und wird in Kürze bei einem klärenden Gespräch weitere Unterstützung anbieten, aber auch die Vorgänge an der Schule prüfen.“ (mit dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind