Getränke to go in Bremen: Auf dem Weg zu Mehrweg

In Bremen tummeln sich mehrere Anbieter von Mehrweglösungen. Das Geschäft weitet sich auf Behältnisse für Essen aus.

Ein Kaffee-Pfandbecher wird in einem Cafe befüllt.

Auch andernorts gibt es Mehrweg-Lösungen: Oldenburger Recup-Pfandbecher im Einsatz Foto: dpa

BREMEN taz | Schnell noch einen Tee für unterwegs, den Kakao einfach in den Pappbecher abgefüllt, einen Kaffee-to-go vom Bäcker: Etwa 60 Einweg-Becher verbraucht der Durchschnittsdeutsche pro Jahr. Laut Verbraucherzentrale steigt diese Zahl. Doch in Bremen tut sich was: Gleich mehrere Anbieter konkurrieren um das beste Konzept.

Ins Rollen gekommen sind die Mehrwegpläne bereits 2017, als SPD und Grüne den Senat aufforderten, ein „anbieterübergreifendes Mehrwegsystem“ zu konzipieren. Zunächst prüften das Umweltressort und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erfolgversprechende Konzepte. „Die Frage war vor allem, welche Probleme treten auf und wie können wir sie lösen, so dass Gastronomen und die Kunden zufrieden sind?“, sagt Nadja Ziebarth vom BUND und damalige Leiterin des Projekts. „Die Becher-Szene war damals schon recht aktiv in Bremen“, so Ziebarth. Der BUND zog sich zurück. „Wir wollten nicht in der Entwicklung von einem Mehrwegsystem dazwischengrätschen.“

Das Noon, das Café im Foyer des Kleinen Hauses des Goethe-Theaters, hatte bereits im Sommer 2017 zum Runden Tisch eingeladen. Heraus kam das Pilot-Pfandbecher-Projekt NordCup. Wenig später, im Januar 2018, gründete Lucian Suhrhoff, Student an der Uni Bremen, mit seinem Kommilitonen Walter Steinhauer das Pfandsystem Cup2date: Cafés werden mit den wiederverwendbaren Bechern der Firma ausgestattet, gegen Pfand erhalten KundInnen darin ihren Kaffee für unterwegs. Bei jeder teilnehmenden Gastronomie kann der Becher wieder abgegeben werden.

Seit Gründung hat Cup2date 55 Cafés und Bäckereien in Bremen überzeugen können. „Wenn der Becher nicht mehr gebrauchsfähig ist, wird er an den Hersteller zurückgeschickt und eingranuliert“, sagt Suhrhoff. „Daraus wird eine Zahnbürste oder eine Getränkekiste.“ Leider sei der Kreislauf noch nicht so gut, dass daraus wieder ein Becher werden könne, aus hygienischen und rechtlichen Gründen. Auf lange Sicht sei das aber das Ziel des Unternehmens.

Gleich mehrere Anbieter konkurrieren um das beste Konzept

Marie Liedtke vom Papp Café in der Neustadt ist von der Idee begeistert. Die Umsetzung hake aber noch etwas: „Wir haben auch Cup2date-Becher, das läuft so medium“, sagt Liedtke. Im „Papp“ gibt es auch Einwegbecher von Greenbox, einem Hersteller von klimaneutralen Verpackungen – die KundInnen können wählen. „Im Moment greifen noch mehr Leute zu den Pappbechern, wenn sie ihren Kaffee mitnehmen“, sagt Liedtke. Sie wäre dafür, ein Pfandsystem verpflichtend für die Gastronomie einzuführen, dann gäbe es mehr Stellen zum Zurückgeben: „Die Leute wollen den dreckigen Becher nicht so lange mit sich herumtragen, das kann ich schon verstehen.“

Während sich alle Welt auf das Problem der Einwegbecher stürzt, gibt es auch an anderer Stelle Bedarf für Lösungen. „Immer mehr Menschen nehmen ihr Essen mit oder holen sich etwas unterwegs“, sagt Julia Müller, Koordinatorin des seit August laufenden BUND-Projektes Bremen is(s)t Mehrweg. Mit dem Berliner Verein Life und dem Institut für Sozial-Ökologische Forschung und Bildung in Hannover soll binnen drei Jahren ein neues System erprobt und bestenfalls etabliert werden.

„Wir sind noch in der Anfangsphase. Gerade stellen wir den Kontakt zu Gastronomen in Bremen her“, sagt Müller. „Wir wollen erst einmal wissen, was überhaupt gebraucht wird, bevor wir mit Herstellern reden.“ Schließlich seien je nach Art des Essens unterschiedliche Behältnisse nötig. Erst im nächsten Schritt gehe es um die umweltschonende Herstellung und das Rückgabesystem.

Ein weiteres Gründerteam aus Bremen kommt mit einer nachhaltigen Idee um die Ecke. Dennis Schulze und Christian Schnülle stehen mit ihrem Projekt Honopū im Finale der Kultur- und Kreativpiloten Deutschland, einer Auszeichnung der Bundesregierung. Sie möchten aus „ökologisch unbedenklichen Materialien“ nachhaltige Verschlusssysteme herstellen. „Wir haben, soweit wir wissen, das erste auf Behältnisse aller Art übertragbare System, das komplett plastikfrei funktioniert“, sagt Schnülle. Die Größe der Verschlüsse soll skalierbar sein und sie wollen auch Behälter von der Babyflasche bis zur Frischhaltedose entwickeln. „Natürlich möchten wir gerne mittelfristig europaweit vertreten sein“, so Schulze.

In der Becher-Szene ist man einen Schritt weiter: Es gibt in Bremen bereits einen Markt mit mehreren Konkurrenzsystemen. „Langfristig werden sich natürlich ein oder zwei Becher-Pfandsysteme durchsetzen“, sagt Lucian Suhrhoff von Cup2date. Dann müsse man vielleicht über Kooperationen nachdenken. „Letztendlich verfolgen wir doch alle das gleiche Ziel.“

Das sah auch Christian M. Leon, der Betreiber des Noon und Mitentwickler des Nordcup-Systems so: Als er 2017 den Runden Tisch im Noon ins Leben rief, sollten viele Seiten beteiligt werden, damit „alle an einen Strang ziehen“, sagt Leon. Mit dabei waren damals auch Studierende der Uni Bremen. Positiv, so Leon, sei, dass der Runde Tisch auf das Thema Mehrwegbecher aufmerksam gemacht habe. Schade finde er allerdings, dass die Studierenden sich abgespalten haben. Unter den TeilnehmerInnen war damals Walter Steinhauer, einer der späteren Gründer von Cup2date. „So viel zu ‚alle an einem Strang ziehen‘“, sagt Leon.

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