Gesundheitsexperte über Ostsee-Bakterien: „Grenzwerte gibt es nicht“
Erneut ereignete sich ein Todesfall nach einer Bakterieninfektion beim Baden in der Ostsee. Heiko Will erklärt, wann das Baden dort gefährlich ist.
taz: Herr Will, eine ältere Dame starb in diesem Sommer in der Ostsee offenbar nach einer Infektion durch Vibrionen. Wie gefährlich sind diese Bakterien ?
Heiko Will: Vibrionen gehören zur natürlichen Flora in salzhaltigen Gewässern, sie vermehren sich stark, wenn die Wassertemperatur über 20 Grad steigt. Sie können beim Baden durch offene Wunden in den Körper eindringen. Bei Menschen, die ein geschwächtes Immunsystem haben, können sie zu einer Wundinfektion und im schlimmsten Fall zu einer Blutvergiftung führen.
Menschen im Alter von über 70 Jahren, Diabetiker, chronisch Kranke: diese Gruppen, wenn sie offene Wunden haben, sollten besser nicht in der Ostsee baden.
Wie hoch ist denn das statistische Risiko, zu erkranken?
Seit dem Jahre 2003 verzeichneten wir 51 Erkrankungs- und acht Sterbefälle in Mecklenburg-Vorpommern. Davon gab es allein drei Sterbefälle im sehr heißen Sommer im vergangenen Jahr, in diesem Jahr bisher einen.
Die Zahl ist sehr klein, wenn man bedenkt, dass wir in jedem Jahr in Mecklenburg-Vorpommern fünf bis acht Millionen Badegäste haben, also seit dem Jahre 2003 etwa 90 Millionen Badegäste. Wenn die Sommer sehr heiß sind, ist die Zahl der Erkrankungen höher, in schlechten Sommern niedriger.
Kann man die Vibrionen-Dichte nicht messen und dann ein Badeverbot aussprechen?
Wir messen die Vibrionen alle 14 Tage an vielen Messstellen. Aber es gibt im Unterschied etwa zu E.coli-Bakterien keine festgelegten Grenzwerte, ab denen man ein Badeverbot verhängen sollte. Wir raten Badegästen, zum Arzt zu gehen, wenn sich eine offene Wunde nach dem Baden verschlimmert.
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