Gesundheitschädliches Nitrat im Wasser: Linke Bauern gegen Düngeverordnung

Die für die Umweltbewegung wichtige Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sagt: Der Ministeriumsentwurf schade auch Höfen, die nicht überdüngen.

Ein Traktor fährt über ein Feld und düngt. Luftaufnahme

Nitrat etwa aus Gülle ist potenziell gesundheitsschädlich und verschmutzt das Grundwasser Foto: Uli Deck/dpa

BERLIN taz | Die ökologisch orientierte Bauernorganisation Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) lehnt die geplante Reform der Düngeverordnung ab. Der Entwurf der Bundesregierung würde auch Höfen schaden, die die Umwelt nicht mit zu viel Dünger belasten, kritisierte der Verband am Donnerstag. Die Stimme der AbL hat in der Umweltbewegung bei Agrarfragen großes Gewicht.

Nitrat etwa aus Gülle ist potenziell gesundheitsschädlich und verschmutzt das Grundwasser, aus dem das meiste Trinkwasser gewonnen wird. Außerdem trägt zu viel Dünger zum Aussterben von Pflanzen- und Tierarten sowie zum Klimawandel bei. Deutschland droht eine hohe Geldstrafe der EU, weil die Nitratgrenzwerte immer wieder überschritten werden. Deshalb plant die Bundesregierung, die Düngung vor allem in besonders belasteten Gebieten stärker zu begrenzen. Schließlich komme das meiste Nitrat Experten zufolge aus der Landwirtschaft.

Auch die AbL sieht nach eigenen Angaben „dringenden Handlungsbedarf zur Verbesserung des Gewässerschutzes vor Einträgen insbesondere auch aus landwirtschaftlichen Quellen an vielen Stellen.“ Aber sie verlangt, die wirklichen Verursacher zu belangen. Dem werde auch der nun vorliegende Entwurf der Düngeverordnung nicht gerecht.

„Welche Düngeregeln ein Betrieb einhalten muss, hängt davon ab, ob der Betrieb innerhalb oder außerhalb „roter“, belasteter Gebiete wirtschaftet, und nicht etwa von seiner individuellen Nährstoffversorgung“, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme der AbL. Besonders in den roten Gebieten würden alle Betriebe in „Mithaftung“ genommen – anders als Risikobetriebe wie solche mit sehr vielen Tieren auf sehr kleiner Fläche in den „grünen Gebieten“.

Greenpeace sieht keine Alternative mehr

In dem vorliegenden Entwurf sind aus Sicht der AbL zudem einige Regelungen enthalten, die kontraproduktiv wirken können. Das gelte unter anderem für die ersatzlose Streichung der Möglichkeit, organische Dünger wie Gülle auf oberflächlich gefrorenen Böden aufzubringen, die tagsüber auftauen und aufnahmefähig sind. Wenn Böden gefroren sind, versickert die Gülle nicht, sondern kann durch Regen in Gewässer gespült werden.

Martin Hofstetter, Agrarexperte von Greenpeace, teilte die Kritik, dass auch Höfe, die nicht überdüngen, unter der geplanten Verordnung leiden würden. „Aber was ist die Alternative? Wir können nicht noch einmal ein halbes Jahr warten“, sagte der Umweltschützer der taz. Die Überdüngung sei einfach zu hoch, das Strafverfahren der EU gegen Deutschland zu weit fortgeschritten.

Kritik auch vom Deutschen Bauernverband

Nur die Verursacher treffen könnte der Staat Hofstetter zufolge mit einer aussagekräftigen „Hoftorbilanz“, in der die Landwirte festhalten, wie viel Nährstoffe in den Betrieb fließen und wieviele in Form von Produkten abfließen. Die Aufzeichnungen, zu denen die Bauern derzeit verpflichtet sind, würden zu viele Abschläge enthalten, die nicht der Realität entsprechen. „An der jetzigen Misere ist der Berufsstand selbst schuld“, ergänzte Hofstetter. Nicht die AbL, aber zum Beispiel der Bayerische Bauernverband hätten eine echte Hoftorbilanz verhindert.

Mit ihrer Stellungnahme nähert sich die AbL dem Deutschen Bauernverband an, der die meisten Landwirte vertritt. „Zukünftig muss der Gewässerschutz gezielter dort stattfinden, wo tatsächlich Handlungsbedarf besteht“, forderte die Organisation am Donnerstag. Ihr Rezept ist aber nicht eine Hoftorbilanz, sondern der Verband will, dass die roten Gebiete kleiner gezogen werden.

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