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Gestoppter Haushalt in NRWAlles nur Missverständnisse?

Der NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) kann im Stopp des Etats keine dramatischen Folgen erkennen. Weder gebe es eine Krise noch sei die Regierung nicht mehr handlungsfähig.

Jetzt heißt es warten bis zur Hauptverhandlung: Hannelore Kraft. Bild: dpa

DÜSSELDORF/MÜNSTER dapd | Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sieht keine dramatischen Folgen durch die einstweilige Anordnung des NRW-Verfassungsgerichtshofs zum Nachtragshaushalt 2010. Die Forderung der klagenden Opposition aus CDU und FDP, den Nachtragsetat 2010 rückabzuwickeln, sei "in Bausch und Bogen" von den Richtern abgelehnt worden, sagte der Minister am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag.

Die Überschrift der Pressemitteilung des Gerichts "Verfassungsgerichtshof untersagt durch einstweilige Anordnung den Vollzug des Nachtragshaushaltsgesetzes 2010" habe einen falschen Eindruck erweckt. Tatsächlich sei der rot-grünen Landesregierung nur aufgetragen worden, keine weiteren Schulden aufzunehmen und die Etatbücher für 2010 noch nicht zu schließen. Ansonsten sei die Regierung voll handlungsfähig.

"Aus einer einstweiligen Anordnung dieses Inhalts ergibt sich für die Landesregierung lediglich der Nachteil einer Verzögerung des vollständigen Haushaltsabschlusses um wenige Wochen", zitierte der Minister aus der Anordnung des Gerichts. Ihn ärgere deshalb der Versuch der Opposition, aus diesem Beschluss eine "Regierungskrise zu konstruieren", sagte Walter-Borjans. Auch die Überschriften in den Medien seien verkürzt. Die Regierung warte nun die Entscheidung in der Hauptsache ab.

Der nordrhein-westfälische Verfassungsgerichtshof hatte am Dienstag per einstweiliger Anordnung vorerst den Nachtragshaushalt 2010 gestoppt. Damit wurde die Aufnahme weiterer Kredite untersagt. Der im Dezember beschlossene Etat sieht neue Schulden in Höhe von 8,4 Milliarden Euro vor. Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte lediglich Kredite in Höhe von 6,6 Milliarden Euro eingeplant. Mit dem Erlass solle "die Schaffung vollendeter Tatsachen" verhindert werden, schrieb das Gericht. Das höchste Gericht des Landes folgte mit dem Beschluss einem Antrag der Oppositionsfraktionen von CDU und FDP.

Ob es Neuwahlen geben wird, ist derzeit noch ungewiss. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte am Dienstag gesagt, sie sehe dafür keine Mehrheit im Landtag. Zugleich betonte sie, dass sie zunächst die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abwarten wolle.

Auch der CDU-Landesvorsitzende Norbert Röttgen sieht keine raschen Neuwahlen. Zunächst solle nicht nur die endgültige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs in Münster zum Nachtragshaushalt 2010 abgewartet, sondern der rot-grünen Landesregierung auch die Möglichkeit gegeben werden, einen verfassungskonformen Landeshaushalt 2011 vorzulegen, sagte Röttgen am Mittwoch in Düsseldorf. Sollte sich im Parlament dann keine Mehrheit für einen solchen Haushalt finden, werde die CDU aktiv für Neuwahlen eintreten.

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3 Kommentare

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  • K
    kati

    "Die einstweilige Anordnung ermöglicht nur vorläufige Sicherungen oder Regelungen. Die endgültige Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch wird erst im Hauptsacheverfahren getroffen.

     

    Mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht deshalb beispielsweise noch nicht fest, ob der Antragsteller auch im Klageverfahren gewinnen wird."

     

    da bleiben also nur 2 sachen:

    entweder

    -abwarten

    oder

    -nochmal deutlich machen, was wir denn wollen. einen politischen konflikt politisch austragen und nicht juristisch... wie wär's?

  • B
    BoBo

    Das Rüttgers-Erbe der WestLb schlägt nun ins Kontor: Kraft will eine sauberer Abschlussbilanz und muss die Deckung für die Bank mit ca. 1,3 Mrd EUR in den haushalt mit einbringen.

    (http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/ruettgers-schweigt-nrw-muss-wegen-westlb-milliarden-zurueckstellen;2648101)

     

    Das sich jetzt CDU/FDP nun wie der Hund der sein eigenes Erbrochenes frisst darüber hermacht ist mindestens genauso widerlich.

     

    Wie das allerdings beim NRW Wähler ankommt ist die Frage: da ja auch die Finanzierung der Kindertagesplatzbetreuung fehlt , hat Schwarz-Gelb kein Interesse an Neuwahlen (von denen z.Z. die Grünen profitieren würden).

  • M
    Medienbeobachter

    Die CDU / FDP – Regierung hat im Dez. 2009 eine Neuverschuldung von 6,6 Milliarden Euro präsentiert. Formal verstieß der Haushaltsplan da schon gegen die Landesverfassung, die besagt, dass die Nettoneuverschuldung nicht höher sein darf als die geplanten Investitionen.

     

    Die rot-grüne Minderheitsregierung musste im Dez. 2010 die Nettoneuverschuldung von 6,6 auf 8,4 Milliarden Euro erhöhen.

     

    Allein 1,3 Milliarden Euro gibt das Land NRW dem Etat zufolge zusätzlich für die notwendige Aufstockung der Vorsorge für die aus der WestLB ausgelagerten Risikopapiere aus.

     

    600 Millionen Euro wurden im Nachtragsetat beschlossen für ein Extra-Paket für Kommunen und Kitas.

     

    Kraft: Im Nachtragshaushalt 2010 ist nichts von Rot-Grün drin. Es sei eine Abrechnung mit der Politik der Vorgängerregierung. Eine Niederlage vor dem Verfassungsgerichtshof träfe nach dieser Lesart also Schwarz-Gelb.

     

    Nun, dann sollten die CDU und FDP wohl in der Lage sein, zu erklären, warum nachträglich 1,8 Milliarden Euro in den Haushalt gepumpt werden mussten. Warum weitere Rückstellungen für die West LB getätigt werden mussten …

    Der Haushaltsplan für 2010 stammt von der CDU/FDP-Regierung