NRW-Verfassung und Nachtragshaushalt: Die Erfordernisse des Gleichgewichts

Wie geht's nach der Entscheidung des NRW-Verfassungsgerichts weiter mit dem Nachtragshaushalt? Was die Richter prüfen - und nach welchen Maßstäben.

Die Entscheidung des NRW-Verfassungsgerichts kann große Auswirkungen haben. Bild: dapd

BERLIN taz | Die eigentliche Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs von NRW steht noch aus. CDU und FDP haben gegen den Nachtragshaushalt aus dem letzten Dezember geklagt, weil er die Schuldenaufnahme unzulässig erhöhe. Am 15. Februar will das Gericht darüber verhandeln. Die Entscheidung soll, so die Zusage der Richter, binnen drei Monaten erfolgen.

Maßstab der Entscheidung ist die NRW-Landesverfassung, Artikel 83: "Die Einnahmen aus Krediten dürfen entsprechend den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in der Regel nur bis zur Höhe der Summe der Ausgaben für Investitionen in den Haushaltsplan eingestellt werden."

Dass die Kredite für das Haushaltsjahr 2010 über den Investitionen liegen, ist offensichtlich. Einer Nettoneuverschuldung von 8,4 Milliarden Euro stehen laut Haushaltsplan nur 3,9 Milliarden Euro an Investitionen gegenüber. Das allerdings ist nur zum Teil die Folge des rot-grünen Nachtragshaushalts aus dem Dezember 2010. Schon das eigentliche Haushaltsgesetz der schwarz-gelben Regierung unter Jürgen Rüttgers aus dem Dezember 2009 sah 6,6 Milliarden Euro Nettoneuverschuldung bei 3,7 Milliarden Euro Investitionen vor. Der Nachtragshaushalt hat die Schieflage also nicht hervorgerufen, sondern nur verstärkt.

Doch das Verfassungsgericht muss nicht nur rechnen, es muss laut Verfassung auch die "Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" beachten. In der Wirtschaftskrise dürfen auch mal besonders hohe Kredite aufgenommen werden. Wann eine Wirtschaftskrise vorliegt, kann zwar der Landtag entscheiden, der dabei großen Beurteilungsspielraum hat. Angesichts der aktuellen Aufschwungdaten könnte die Bereitschaft der Richter aber eher gering sein, den Hinweis auf eine angebliche Krisenlage zu akzeptieren.

Allerdings verlangt die - recht großzügige - Landesverfassung nur, dass die Anforderungen an die Haushaltsdisziplin "in der Regel" einzuhalten sind. Neben gesamtwirtschaftlichen Krisen können also auch andere Sonderlagen in Rechnung gestellt werden. Hier dürfte das Land vor allem die Krise der WestLB ins Feld führen. Immerhin 1,3 Milliarden Euro der zusätzlichen 1,7 Milliarden Euro Neuschulden aus dem Nachtragshaushalt sollen der "Risikoabschirmung" dienen.

Die einstweilige Anordnung der Verfassungsrichter nimmt das Ergebnis der Prüfung nicht vorweg. Sie soll nur sicherstellen, dass das Land vor dem endgültigen Urteil keine Kredite aufnimmt. Bedrohlich ist für die Regierung weniger, dass die Richter den Nachtragshaushalt für 2010 beanstanden, sondern dass diese mit strengen Maßstäben auch die Aufstellung des regulären Haushalts für 2011 erschweren. Der Beschluss im Landtag ist für Mai geplant.

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