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Gestoppte Lieferungen und leere SpeicherGasknappheit legt die Türkei lahm

Iran hat seine Erdgaslieferungen an die Türkei vorübergehend eingestellt. Zeitgleich gibt es eine heftige Kältewelle mit Schneefällen.

Ungewöhnlich viel Schnee in Istanbul Foto: Emrah Gurel/ap

Seit Sonntagnachmittag steht in der Türkei fast alles still. Verantwortlich dafür sind zwei Ereignisse, die wechselseitig einen sich verstärkenden Effekt haben. Zuerst hat am Wochenende Iran seine Erdgaslieferungen an die Türkei vorübergehend eingestellt. Das betrifft 10 Prozent aller Gaslieferungen und müsste eigentlich ohne große Probleme durch die Gasspeicher auszugleichen sein. Doch die Gasspeicher sind leer. Deshalb werden jetzt viele der Industrieparks am Rand der meisten türkischen Städte und auch einige Großunternehmen zunächst einmal für drei Tage nicht mehr mit Gas beliefert. Sie mussten deshalb die Produktion vorübergehend einstellen.

Dazu kommt, dass ebenfalls seit Sonntag eine ungewöhnlich massive Kaltfront mit heftigen Schneefällen über die Türkei und Griechenland zieht und insbesondere in Istanbul und Athen zunächst zu einem Verkehrschaos und dann zu gesperrten Straßen, geschlossenen Flughäfen und stillgelegtem Fährbetrieb geführt haben. Eine Folge der Kaltfront ist natürlich, dass die Gasheizungen in Istanbul, Ankara und anderen Großstädten des Landes voll aufgedreht werden. Viele Leute haben Angst, dass die Gasheizung, die in fast allen Großstädten die vorherrschende Heizquelle ist, auch in Privathäusern abgestellt werden könnte.

Warum Iran seine Gaszufuhr eingestellt hat, ist unklar. Offiziell heißt es, dass Iran seine Gasvorräte wegen des kalten Wetters für den Eigenbedarf braucht, in einigen Medien ist auch von technischen Problemen die Rede. Sprecher der Opposition sagen dagegen, Iran hätte seine Gaslieferungen eingestellt, weil die klamme Regierung die Rechnungen nicht bezahlt hat. So wies Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu darauf hin, dass es jetzt keine Probleme gäbe, wenn die Regierung im Sommer die Gasspeicher aufgefüllt hätte, doch sei das wegen nicht vorhandener Devisen eben nicht passiert.

Nutzung von Privatautos verboten

In Istanbul war es bis Dienstagmittag verboten, Privatautos zu nutzen, aber auch Busse fuhren nur unregelmäßig. Schulen und Universitäten sind geschlossen, Einkaufszentren müssen schon am späten Nachmittag schließen. Der neue Istanbuler Großflughafen am Schwarzen Meer war besonders stark von Schnee und starkem Wind betroffen. Es gelang nicht mehr, die Pisten freizuschaufeln, weshalb der Flugverkehr eingestellt werden musste und Tausende Reisende jetzt auf dem Flughafen festsitzen.

Besserung ist so schnell nicht in Sicht. Für Dienstagabend waren neue Schneefälle angekündigt. Da Kälte und Schnee auch den Iran und viele andere Länder am östlichen Mittelmeer fest im Griff haben, werden wohl auch die Gaslieferungen aus dem Nachbarland nicht so schnell wieder aufgenommen werden. Wird die Gasknappheit länger anhalten, werden auch deutsche Firmen, die in der Türkei produzieren, betroffen sein. Von Mercedes-Bussen aus Istanbul bis zu Anzügen von Hugo Boss aus Izmir wird es dann Engpässe auch in Deutschland geben.

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4 Kommentare

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  • Ich weiß es und gestehe es - Schadenfreude ist hier fehl am Platz. Aber was muss denn noch alles geschehen bis Erdoganien aufwacht?

  • 0G
    05989 (Profil gelöscht)

    Ich würde sagen, dass der Iran immer neue Freunde sucht und um alte buhlt. Die Türkei ist NATO - und steht offenbar sowieso kurz vor dem Kollaps.

    Raisi ist erst seit letzem Jahr Chef - es wäre jetzt nicht überraschend, wenn er mal was Neues probiert...

    Da könnte iranisches Gas das Zünglein an der Waage sein - und da kann er mal versuchen, ob die Geopolitik der Destabilisierungen nicht auch andersherum funktioniert. Das könnte durchaus eine Eintrittskarte in China oder Russland bedeuten. Muss ja nicht gleich ein neues Bündnis sein, zunächst würde es dem Iran sicher reichen, wenn er mehr Hintertüren öffnen kann, um die immer noch in Kraft befindlichen Sanktionen zu umgehen.

    Allerdings leidet der Iran unter notorischer Energieknappheit. Obwohl man wohl dachte, dass Kryptowährungen - namentlich Bitcoin - dabei helfen können, die Sanktionen gegen das Land zu umgehen, musste der Iran im Sommer das Mining einschränken, um den Verbrauch zu senken. Nach offenbar erfolgter Lockerung, hat die iranische Regierung am 28.12.2021 abermals die Mining-Unternehmen zum Shutdown gezwungen - bis 6. März...

    Beim Gesamtverbrauch dürfte das zwar keine große Rolle spielen, aber in den regionalen Netzen dann eben schon.

    Das zeigt, wie der Iran mit seinen Ressourcen jonglieren muss...

    Jetzt muss das Eine das Andere aber auch nicht ausschließen...

  • Spannend, wie der niedrige Zins die Wirtschaft beflügelt...funktioniert ja echt gut.

    Und natürlich sind wieder ausländische Verschwörungen schuld, die die Türkei zerstören wollen. Diesmal ist es nicht die EU, sondern der Iran.

  • Jetzt kommt wohl so langsam, das, was seit Jahren angekündigt ist, dass die Devisenreserven zurück gehen, die Türken zu viele Kreditkarten und Kredite haben, die Türkei könnte in eine schwere Wirtschaftskrise rutschen. Mit der islamistischen Ausrichtung und dem sonderbaren Kurs der Regierung ist das Land für Touristen auch nicht mehr so attraktiv, durch Corona kommen viele vielleicht gar nicht. Ich würde sagen, es sieht sehr düster aus, und viel repressiver geht es kaum, dann müsste die Regierung die Opposition verhaften und die Gefängnisse ausbauen. Aber auch das dürfte nicht lange halten.