Ahmadinedschad in der Türkei: Lieber iranisches als russisches Gas

Irans Präsident Ahmadinedschad besucht die Türkei. Es geht unter anderem um verstärkte Kooperation bei Energie, insbesondere um iranische Gaslieferungen.

Zu Ärger der türkischen Gastgeber brachte Ahmadinedschad erneut seinen Ärger über die USA zum Ausdruck. Bild: ap

ISTANBUL taz Erstmals in seiner Amtszeit als iranischer Präsident hat Mahmut Ahmadinedschad am Donnerstag und Freitag ein Nato-Land besucht - die Türkei. Ahmadinedschad, der in Istanbul mit Präsident Gül und Ministerpräsident Tayyip Erdogan zusammentraf, nutzte die Plattform zum Ärger seiner Gastgeber, um erneut seine Gegnerschaft zu den USA und Israel herauszustellen. Im Anschluss an ein Wirtschaftsforum, bei dem es vor allem um die mögliche Ausweitung iranischer Gaslieferungen an die Türkei und darüber hinaus auch an Europa ging, warf Ahmadinedschad den USA vor, die Region zu destabilisieren. Die Anwesenheit der USA in der Region sei schädlich und nutze niemandem. Die Zeit der Amerikaner sei abgelaufen. Schon vor seinem Abflug hatte er in türkischen Zeitungen gefragt, warum die Muslime darunter leiden sollten, dass den Juden in Europa Unrecht geschehen sei.

Mit seinen Statements bringt Ahmadinedschad die Türkei in eine schwierige Lage, weil die USA und Israel im Vorfeld des Besuchs davor gewarnt hatten, den iranischen Präsidenten diplomatisch aufzuwerten und ihm eine Propagandaplattform zu bieten. Dass die türkische Regierung dieses Risiko eingegangen ist, hat mehrere Gründe. Erdogan und Gül wollen unbedingt alles ihnen Mögliche dafür tun, dass ein Krieg mit Iran verhindert wird. Schon der Irakkrieg hat der Türkei wirtschaftlich und politisch schwer geschadet, ein Waffengang gegen den Iran wäre nach Einschätzung in Ankara ein völliges Desaster. Man muss unbedingt im Gespräch bleiben, ist deshalb für Erdogan und Gül die oberste Devise im Umgang mit Iran. Dabei glaubt man in Ankara zwar nicht an eine echte Vermittlungsmöglichkeit zwischen Iran und der Sechsergruppe, die jetzt über das iranische Atomprogramm verhandelt, aber man will einen zusätzlichen Gesprächskanal etablieren.

Neben dem Atomstreit gibt es zwei weitere wichtige Bereiche. Die Türkei bezieht zurzeit mehr als 70 Prozent seines Öls und Gases aus Russland und will diese Abhängigkeit unbedingt verringern. Türkische Firmen wollen sich in die Förderung iranischer Gasfelder einkaufen und erheblich mehr Gas und möglicherweise auch Öl von Iran aus in die Türkei bringen. US-Proteste werden ignoriert, mit Ahmedinedschad wurden jetzt neue Vereinbarungen unterzeichnet. Drittens geht es der türkischen Regierung um eine abgestimmte Regionalpolitik im Irak. Iran und die Türkei sind sich einig im Kampf gegen kurdischen Separatismus und entsprechend skeptisch gegen einen autonomen kurdischen Nordirak.

Mit dem Besuch des iranischen Präsidenten versucht die türkische Regierung darüber hinaus ihre Rolle als Regionalmacht weiter zu festigen. Nach der Vermittlung syrisch-israelischer Gespräche war Erdogan jetzt noch vor Merkel zuerst in Moskau und dann in Tiflis gewesen, um dann direkt Ahmadinedschad zu treffen. Als Nächstes steht Baku auf der Agenda, um endlich auch neue Bewegung in den Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um Berg-Karabach zu bringen.

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