Gestensteuerung bei Xbox: Der ganze Mensch wird Spielmasse

Schon vor über einem Jahr angekündigt, wartet die Spielewelt noch immer auf Microsofts revolutionäre Ganzkörper-Gestensteuerung. Nun stehen erstmals Fakten fest.

Mit den Moves kommt man bis zum Endgegner: Sporteinlage bei der Vorführung des neuen XBox-Zubehörs. Bild: reuters

Als Microsofts Spielemanager im vergangenen Sommer auf der Spielemesse "E3" in Los Angeles ihr so genanntes "Project Natal" ankündigten, sorgte das für viel Wirbel in der Games-Presse: Eine als Zubehör an die Xbox-Konsole angeschlossene 3D-Kamera sollte einzelne Spieler oder ganze Spielergruppen erkennen und deren Bewegungen verzögerungsfrei ins Geschehen auf dem Bildschirm integrieren.

Die Idee galt sogleich als ähnliche Offenbarung wie die schon seit längerem auf dem Markt befindliche Controller-Einheit von Nintendos Wii-Konsole – nur dass hier eben nicht nur einfache Handbewegungen, sondern der ganze Mensch "ins Spiel geholt" werden kann. Technisch funktioniert das über eine dreidimensionale Bilderfassung.

Doch nach der großen Ankündigung, die vor allem in Form von Demofilmchen zu begeistern wusste, blieb es um "Project Natal" zunächst ruhig. Weder einen genauen Erscheinungstermin wollte Microsoft nennen noch weitere Spiele demonstrieren. Auch der Preis des Kamera-Zubehörs blieb geheim, was zu wilden Spekulationen führte.

Nun endlich, am gestrigen Montagabend deutscher Zeit, lüftete der Softwareriese einige der Geheimnisse – wieder in Los Angeles auf der "E3". Die drei wichtigsten: "Project Natal" heißt künftig "Kinect" (was eine Mischung aus "kinetisch" und dem englischen Wort für Verbindung darstellen soll), die Hardware wird am 4. November erscheinen und soll zu allen bisher verkauften Xbox 360-Versionen kompatibel sein, was den potenziellen Markt groß macht.

Ein nicht ganz unwesentliches Faktum fehlt allerdings noch: Die Frage des Preises. Gab es noch am Montag starke Spekulationen in Richtung von 150 Dollar pro Kinect-Einheit, verweigert sich Microsoft dann am Dienstag einer genauen Festlegung. "Keine Kinect-Preise wurden bislang genannt", ließ der zuständige Xbox-Produktmanager per Twitter verkünden, "alle Preisprognosen sind reine Spekulation".

Tatsächlich scheint Microsoft intern noch zu keiner echten Urteilsfindung gekommen zu sein. Ein Teil des Managements wolle Kinect so billig wie möglich in den Markt drücken, während der andere lieber viel Geld mit der "revolutionären Technik" verdienen möchte, hieß es gestern in Medienberichten. Microsoft selbst schwieg – die Nutzer müssen also warten.

Dafür gab es bei E3-Event immerhin einige Spiele für Kinect zu sehen. So sollen im November gleich eine ganze Reihe von Starttiteln verfügbar sein, die sich an die ganze Familie richten. Wie nicht anders zu erwarten und bereits von Nintendos Wii bekannt, eignet sich die Bewegungssteuerung besonders gut für so genannte Casual-Games, also Spiele, in die man einen schnellen Einstieg findet und die nicht viel Zeit benötigen, um sie zu erlernen.

So sollen die beiden Titel "Kinect Sports" und "Kinect Adventures" eine Sammlung von Minispielen darstellen, bei denen man beispielsweise die Spielfigur mit Laufbewegungen vor dem Fernseher zum Ziel führt, die eigenen Arme als virtuelle Baseball-Schläger verwendet oder Tanzroutinen nachahmen muss.

"Your Shape" soll wiederum ein Fitness-Spiel werden, mit dem Mama (oder Papa) sich in Form halten kann – die Konsole checkt, dass die Übungen auch korrekt ausgeführt werden. Wer es etwas gemütlicher mag, kann sich bei "Forza" wieder auf das Sofa setzen: Das Rennspiel wird gesteuert, indem man seine Hände an ein virtuelles Lenkrad heftet. An weiteren Titeln wurden außerdem ein bislang unbekanntes "Star Wars"-Spiel und ein weiterer Teil der "Metal Gear"-Schleichspielserie angekündigt. Letzteres soll recht actionlastig werden.

Noch ist indes unklar, wie gut Kinect im Alltagseinsatz wirklich funktioniert. Es gibt mindesten zwei Problembereiche: Die Genauigkeit der Erkennung sowie die Umsetzung der Bewegungen ins Spiel. Dauert dies zu lange, wird das Nutzererlebnis deutglich geschmälert.

Unabhängige Tests von Kinect existieren bislang nicht und auf der E3 ist die Technik nur eingeschränkt live zu sehen. Es dürfte also mindestens bis Herbst dauern, bis die Welt weiß, ob die neue Ganzkörper-Gestensteuerung wirklich so revolutionär ist, wie Microsoft behauptet.

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