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Gesetzreform gegen RassismusStrafverschärfung für Hass

Justizminister Heiko Maas plant, dass Tatmotive künftig eine größere Rolle beim Strafmaß spielen sollen. Rassismus wiegt schwerer als pure Rauflust.

Heiko Maass will menschenfeindlichen Straftaten Einhalt gebieten Bild: dpa

FREIBURG taz | Wer rassistische Straftaten begeht, muss künftig mit härteren Strafen rechnen. Menschenverachtende Motive sollen künftig bei der Strafzumessung stärker berücksichtigt werden. Das sieht ein neuer Gesetzentwurf von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vor, der der taz vorliegt.

Geändert werden soll die Vorschrift, die im Strafgesetzbuch die Strafzumessung für alle Delikte regelt (§ 46). Schon bisher heißt es dort, dass bei der konkreten Festlegung des Strafmaßes „die Beweggründe und Ziele des Täters“ einzubeziehen sind. Künftig sollen dort ausdrücklich „rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“ Ziele und Beweggründe erwähnt werden.

Die konkrete Strafzumessung obliegt den Gerichten. Das Gesetz gibt nur einen Strafrahmen vor. Bei Körperverletzung zum Beispiel droht dem Täter eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Im Urteil muss das Gericht nun abwägen, ob der konkrete Täter aus rassistischen Gründen geprügelt hat. Dann soll die Strafe höher ausfallen als bei purer Rauflust. Das gleiche gilt zum Beispiel für rassistische Brandstiftungen oder rassistische Beleidigungen. Nur bei Mord gilt immer das gleiche Strafmaß: lebenslänglich.

Maas’ Begründung des Gesetzentwurfs erweckt den Eindruck, als hätte die Neuregelung vor allem symbolische Bedeutung. Die Berücksichtigung rassistischer Motive entspreche der „weitgehend gängigen Praxis“ der Gerichte, heißt es. Die Bedeutung menschenverachtender Motive will Maas lediglich „noch stärker hervorheben“. Damit will der Minister grundlegende Wertungen der Gesellschaft im Strafrecht „dokumentieren“.

Zunahme von Freiheitsstrafen erwartet

Anders las sich das in einem Gesetzentwurf, den die SPD Ende 2011 kurz nach Aufdeckung des NSU-Terrors eingebracht hatte. Mit der inhaltlich gleichen Gesetzesänderung wollte die SPD die Gerichte anhalten, „stärker als bisher“ hassgeleitete Motive bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. „Dies dürfte zu einer Zunahme von Verurteilungen zu Freiheitsstrafen und damit zu einer Steigerung der Belegungszahlen im Strafvollzug führen“, hieß es weiter. Nach dieser Lesart würde das Strafrecht also nicht nur verdeutlicht, sondern handfest verschärft.

Maas setzt mit seinem Gesetzentwurf einen Auftrag des Koalitionsvertrags um. Er knüpft auch an internationale Entwicklungen an. „Hassverbrechen“ (hate crimes) werden in vielen Ländern härter bestraft als normale Delikte, weil sie eine einschüchternde Wirkung auf ganze Bevölkerungsgruppen haben. Auch Gremien der UNO und des Europarats haben Deutschland schon aufgefordert, entsprechende Regelungen zu schaffen.

Härtere Strafen für Hassverbrechen, das ist in Deutschland kein reines SPD-Projekt. Als erster forderte dies im Jahr 2000 der CDU-Innenminister von Brandenburg, Kurt Schelter. Er schlug damals einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor. Seitdem wird in Deutschland alle paar Jahre über Strafzuschläge für Hassverbrechen diskutiert. Entsprechende Gesetzentwürfe sind zwar nicht mehr so radikal wie der Schelter-Vorschlag, wurden im Bundestag aber immer abgelehnt.

Auch Juristenverbände waren bisher skeptisch. Zum SPD-Entwurf von 2011 erklärte etwa die Bundesrechtsanwaltskammer, dies sei ein „verfassungsrechtlich bedenklicher Versuch, auf die Beweiswürdigung und Strafzumessung durch das jeweils erkennende Gericht einzuwirken“. Es drohe das Abgleiten in ein „Gesinnungsstrafrecht, ohne Bezug zur Tat“.

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22 Kommentare

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  • Sizilianer, in welcher Traumwelt leben Sie eigentlich???

  • Aurorua, stimme Ihnen voll zu!! Genau das ist die Realität in diesem mittlerweile sehr gewalttätigem Land!

  • Ich denke, dass ein solches Gesetz sehr sinnvoll sein kann - zwingt es doch die Strafverfolgungsbehörden, sich schon in der Ausbildung ihres Nachwuchses intensiver als bisher mit Rassismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit auseinanderzusetzen. Das halte ich schon lange für dringend notwendig.

  • A
    aurorua

    Der will sich doch nur wichtig machen dieser saarländische Emporkömmling.

    Als wenn die vorhandenen Gesetzte nicht ausreichen würden. Im Übrigen wird ohnehin mit zweierlei Mass gemessen. Bsp. Berlin Alexanderplatz, eine "deutsche Glatze" wäre bei diesem niederträchtigen Totschlag nicht mit Samthandschuhen angefasst worden. Das solche Lumpen für Mord oder Totschlag nach vielleicht drei Jahren wegen guter Führung schon wieder auf die Bürger losgelassen werden ist doch der Skandal. Insgesamt sollte man bei Schaden für Leib und Leben das Strafmaß voll ausschöpfen. Merkwürdigerweise wird bei Sachbeschädigung geklotzt, als wenn finanzieller Schaden höher zu bewerten sei wie Leib und Leben.

    • @aurorua:

      Sie vergleichen Äpfel mit Birnen.

       

      Wäre die Tat von einem Nazi begangen worden, wäre möglicherweise der Hass auf einen "Rassefremden" als Motiv für einen Totschlag oder sogar einen Mord in Frage gekommen - also ein Tatvorsatz gegeben.

       

      In dem von Ihnen angesprochenen Fall "Jonny K." war jedoch ein vergleichbares Motiv bzw. ein Tatvorsatz juristisch nicht nachweisbar. Also konnten die Täter auch nicht wegen Totschlag oder sogar wegen Mordes verurteilt werden - denn für beide Delikte gilt ein nachgewiesener Tatvorsatz als Bedingung für eine entsprechende Verurteilung. Dementsprechend konnten die Angeklagten nur wegen Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt werden.

       

      So weit, so rechtsstaatlich also.

       

      Selbstverständlich kann man das derzeit gesetzlich vorgesehene Strafmaß für Körperverletzung mit Todesfolge für zu niedrig halten. Mit "Samthandschuhen" hatte das Urteil im Fall "Jonny K." jedoch denke ich definitiv nichts zu tun.

  • Niedrige Beweggründe strafverschärfend ins Gesetz zu schreiben, öffnet der Gesinnungsjustiz Tür und Tor und setzen die Richter unter Druck, dem jeweiligen Mehrheitsdenken zu entsprechen - wenn sie denn nicht wie ehedem in bad old Germany dieses befördern. Dr. Wolf hat darauf und andere NS-Implantate schon 1996 hingewiesen - so schnell kommt das eben nicht bei der Politik an. Die GroKo ist da auf schlechtem Weg und die taz seltsam unentschlossen...

  • D
    D.J.

    In den USA heißt das bekanntermaßen Hate crimes. Hier wird keinesfalls nur auf Rassimus abgehoben, und das ist auch vernünftig. Ich denke, dass schwere Verbrechen, die sich aus gruppenbezogener Menschenfeindschaft ergeben, tatsächlich noch eine andere Qualität haben als andere. Gemeint ist nicht das Individuum, sondern die ganze Gruppe (Schwarze, Schwule, Juden usw). Das jeweilige Opfer steht für den Vernichtungswillen an der Gesamtheit der (tatsächlichen oder konstruierten) Gruppe.

    Selbstverständlich muss hier bei der Urteilsfindung mit äußerster Bedacht vorgegangen werden. Was ist der konkrete Anlass des Verbrechens? Wird bewusst ein "Mitglied" einer bestimmten verhassten Gruppe ausgesucht - und gleichzeitig willkürlich hinsichtlich der Person?

    • @D.J.:

      meines erachten reicht ein sog. niedriger beweggrund (der bei gruppenbezogener menschenfeindschaft ja zweifellos vorliegt) vollkommen aus, um den strafrahmen angemessen auszuschöpfen.

      • @bulk_reply5:

        Damit wir bald auch 1 % der eigenen Bevölkerung hinter Gittern haben?

         

        Hass rottet man nicht mit drakonischeren Strafen aus sondern mit Perspektiven und Bildung.

        • @Pleb:

          ich muss mich präzisieren: ein niederer beweggrund als abgrenzung zu einem zumindest in teilen nachvollziehbaren, wenn auch nicht legitimen beweggrund, wie zb. eine vorausgegangene ehrverletzung etc.

          wenn begonnen wird, innerhalb dieser niederen beweggründe zu differenzieren, dann sind wir schon mittendrin im gesinnungsstrafrecht - die tendenz dazu ist leider unübersehbar (natürlich nur aus den besten absichten heraus).

        • D
          D.J.
          @Pleb:

          Ich würde eher von "Zurückdrängen" sprechen. Sonst erschiene mir das zu optimistisch. Nicht immer ist der Schläger/Mörder der arbeitslose Schulabbrecher. Im Übrigen haben Strafen nicht nur eine abschreckende Wirkung, sondern beeinflussen auch das ges. Bewusstsein. Wenn jemand ins Koma geschlagen wird und dafür Bewährung bekommt, ist das auch eine Aussage hinsichtlich des Stellenwerts, das einem Leben zugemessen wir (gerade im Vergleich mit Eigentumsdelikten).

          • D
            D.J.
            @D.J.:

            Korrektur: "... der Täter dafür Bewährung..."

  • Dumm nur, dass die meisten rechtsradikalen, fremdenfeindlichen, rassistischen Straftaten, nicht als solche erkannt, bzw. gewichtet werden.

  • Strafrecht ist eine diffizile Angelegenheit. Orientierte es sich nur an den Tatfolgen (z.B. "jemand ist tot"), wäre es einfach, aber ungerecht. Deshalb ist die "Gesinnung" des Täters zu erforschen. Und das ist leider schwierig und fehleranfällig. Wir werden nicht daran vorbeikommen, dass Urteile ungerecht und unvergleichbar sind - sie werden von Menschen mit unterschiedlicher Prägung, Sozialisation und Erfahrung gefällt. Da kann es keine "Gerechtigkeit" geben.

     

    Herrn Maas wäre anzuraten, keine "Einzelfall-Regelungen" anzustreben, sondern sich der wirklich schreienden Ungerechtigkeiten anzunehmen. Als da wären:

     

    - Die Strafandrohung und -wirklichkeit für Eigentumsdelikte ist immer noch deutlich höher als die für Gewaltdelikte (außer Mord und Totschlag), und

     

    - selbstverschuldete "Verminderung der Schuldfähigkeit", also Suff und Drogen, wirkt immer noch deutlich strafmindernd.

     

    Denn dies sind Ungerechtigkeiten, die das Gesetz schon vorgibt.

  • nun ja, wenn du uno, das weltgewissen, in dem mehrheitlich diktaturen und länder mit zweifelhaften menschenrechten stimmberechtigt sind, das fordert...

    es ist immer wieder erschütternd, wie leichtfertig man zumindest bereit ist, mühselig erkämpfte bürgerrechte über bord zu werfen, wenn, wieder einmal, ein feind identifiziert ist, der die wohlmeinenden bedroht und eint. da heisst es zusammenstehen - wir kennen keine bürger mehr sondern nur noch nazis und nichtnazis.

    so betrachtet ist der spruch "das private ist politisch" (und umgekehrt) nur konsequent umgesetzt.

     

    nebenbei: verbrechen, die sich aus einem gefühl des hasses und der verachtung heraus gegen die mehrheitsbevölkerung richten, die sind dann nicht rassistisch?

    unlängst haben das ja deutsche juristen, die präzisesten wissenschaftler der welt, festgestellt.

  • Und das von dem gleichen Justizminister der die Mordmerkmale reformieren will um nicht länger einen Tätertyp sondern die Tat zu bestrafen.

     

    Das er mit dieser Reform genau das in einem anderen Straftatbestand einführen würde was er für die schlimmste und verachtenswerteste Tat für rechtswidrig oder zumindest rechtsphilosophisch falsch hält, sollte nicht nur mir auffallen.

     

    Die Mordmerkmale wurden von den Nazis eingeführt, unter anderem deswegen will man sie abschaffen.

    Die gleiche Latte gegen die Nazis zu verwenden ist aber legitim.

     

    Justitia, pass auf deine Waage auf.

     

    Was der Artikel auch erwähnen sollte, ist dass es in den Ländern die diese Regelung seit längerem praktizieren die Kritik an der Praxis zu statt abnimmt aber wieso auch ausgewogen berichten?

    • @Pleb:

      Ich mag es nicht mehr hören. Die Mordmerkmale wurden tatsächlich 1941 von den Nationalsozialisten ins deutsche Strafrecht eingeführt, soweit so gut. Es handelt sich jedoch nicht um einen typisch nationalsozialistischen Unrechtsparagraphen. Er wurde nämlich nahezu wortgleich dem schweizer Recht entlehnt und galt damals als durchaus progressiv und als deutliche Verbesserung zum alten Strafrecht ("... wer ... mit Überlegung einen Menschen tötet..." - da kann man nun beinahe alles reininterpretieren).

      • @Cerberus:

        Die Überlegung würde m.E. auch lediglich auf den Vorsatz abstellen und ist wäre kein Mordmerkmal an sich.

         

        Mein Kommentar bezog sich aber auch nicht auf Sinn oder Unsinn der heutigen Mordmerkmale sondern primär auf die Hypokrisie der verglichenden Reformvorschläge welche darin liegt rechtspolitisch nicht eine klare Linie zu verfolgen.

         

        Zudem bin ich grundsätzlich gegen Gesetzesänderungen die nicht dazu führen werden das Problem zu bekämpfen sondern lediglich die richterliche Unabhängigkeit einschränken und Justizvollzugsanstalen füllen.

         

        Mehr Geld für die Justiz und die Polizei sind tausendmal wichtiger als solche "Reformen" .

  • "Der konkrete Täter"? Müsste es korrekterweise nicht TäterInnen heissen?

  • Aus naturwissenschaftlicher Sicht hoch problematisch. "Rassistische Beweggründe" kann es de facto nicht geben, da die moderne Biologie beim Menschen eben keine "Rassen" kennt.

     

    Ein "Rassisticher" Rechtfertigungsgrund eines möglichen Täters ist daher auf reine Einbildung, mithin auf Ideologie, nicht auf Wissenschaft gebaut.

     

    Das kann man nicht überprüfen, ist also verdächtig nahe an Gesinnungsstrafrecht!

     

    Glück auf!

     

    Karl

    • @KarlM:

      "`Rassistische Beweggründe´ kann es de facto nicht geben, da die moderne Biologie beim Menschen eben keine `Rassen´ kennt."

       

      Wäre schön wenn es tatsächlich so einfach wäre!

       

      Es stimmt: Der Rassismus ist in der Tat ein leerer Wahn. Insbesondere die moderne Molekularbiologie und die Humangenetik haben dies inzwischen bewiesen. Aber glauben Sie ernsthaft, dass rassistisches Denken automatisch von diesem Planeten verschwindet, nur weil man wissenschaftlich nachgewiesen hat, dass es Unsinn ist?

       

      Dann dürfte es auch keine Nazis mehr geben - schließlich ist beispielsweise auch der Glaube an die Existenz von "Ariern" i. S. der NS-Ideologie längst wissenschaftlich widerlegt. Aber versuchen Sie das mal Ihrer lokalen Neonazi-Kameradschaft zu verklickern ...

      • @Der Sizilianer:

        Moin,

         

        es war nicht gemeint es würde dabei einfach....dazu sind Rassisten i.d.R. nicht einsichtig oder schlicht zu blöd.

        Die Frage ershebt sich nur, ob es hilfreich und zweckmäßig sein kann als Gesetzgeber auf solchen Unsinn aufzuspringen und damit "Ideologischen Sichtweisen" eine Anerkennung zu verschaffen welche völlig unverdient ist.

         

        Zudem befürchte ich das daraus ein Anlass zur Gesinnungsjustiz erwächst.

         

        Wenn Faschos jemanden verletzten, dann soleln Sie dafür auch massiv bestraft werden, alle anderen auch. Deshalb ist wohl nur eine allgemeine Anhebung des STrafmaßes möglich, oder man schafft bewusst Revisionsgründe?

         

        Glück auf!

         

        Karl