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Gesetze gegen „Kinderpornografie“Überfällige Korrektur

Nina Apin
Kommentar von Nina Apin

Marco Buschmanns Entschärfung der Strafbarkeit ist wegen vieler Bagatellfälle richtig. Zusätzlich wären Kurse für mehr Medienkompetenz hilfreich.

Da sind mobile Endgeräte noch harmlos: Kinder vor Tablet Foto: Sören Stache / dpa

K inderschutz ist ein tückisches Feld in der Politik. Mit mehr und höheren Strafen für Tä­te­r:in­nen lassen sich zunächst Pluspunkte bei der Wahlbevölkerung sammeln, die zudem kaum etwas kosten. So geschehen 2021, als die Öffentlichkeit nach der Aufdeckung mehrerer großer Kindesmissbrauchsnetzwerke Taten forderte. Die Große Koalition erhöhte das Strafmaß für Missbrauchstaten kräftig und erklärte den Umgang mit Missbrauchsabbildungen zur Straftat: Mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe, alles muss vor Gericht, keine Ausnahmen. Die Resonanz war positiv – auch wenn Straf­rechts­ex­per­t:in­nen vor einer Flut an Verfahren warnten.

Zwei Jahre später regiert eine andere Koalition – und der FDP-Justizminister will Teile der Strafrechtsreform wieder rückgängig machen. Will Marco Buschmann sich damit vor allem billig profilieren? Nein, diese Korrektur ist überfällig, denn nun zeigt sich: Kinderschutz ist im Detail komplizierter. Die Flut ist tatsächlich bei den Gerichten angekommen. Das Problem ist nicht der erhöhte Strafrahmen für Missbrauchstäter nach Paragraf 176; diese Entscheidung war richtig. Doch bei der sogenannten Kinderpornografie nach Paragraf 184b produzierte die gut gemeinte Reform unbeabsichtigte Effekte.

Vor allem Bagatellfälle verstopfen die Gerichte: Wenn sich die 13-jährige Lena und ihr Freund Deniz „Sexting“-Nachrichten mit Nacktfotos schicken, die in den Gruppenchat der Klasse 7b geraten und eine besorgte Mutter die auf dem Smartphone der Tochter entdeckten Funde dem Klassenlehrer weiterleitet, dann sind Gerichte derzeit gezwungen, gegen Lena, Deniz, die Mutter und den Lehrer zu ermitteln, wegen Weiterleitung und Besitzes von Missbrauchsabbildungen.

Dieser Unsinn muss aufhören. Eine Bagatellklausel zu erarbeiten, wie Buschmann plant, ist dabei sicher hilfreich. Was dem Kinderschutz zusätzlich helfen würde, aber Geld kostet, wären flächendeckende Schüler- und Elternkurse in Medienkompetenz. Damit in der Klasse 7b verstanden wird, dass nackte Körper, die im Netz kursieren, echten Menschen gehören, die damit echte Probleme bekommen können.

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Nina Apin
Redakteurin Meinung
Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.
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5 Kommentare

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  • ...ein Kontrollsystem gehört längst organisiert - kein Bild ins Netz - ohne voher durch ein " Checkup " - z.B. Angabe einer gültigen Handnummer, freigegeben worden zu sein.



    Menschen ziehen sich auch nicht auf der Str. oder in der Stadt einfach aus...

  • Nein, das ist eben keine Bagatelle! Das kann Lebensläufe zerstören. Sexualisierte Fotos von Kindern gehören nicht ins Netz!!!! (Und sollten eigentlich gar nicht gemacht werden).

    • @Emsch:

      Es sollte, es müsste, es darf nicht. Stimmt ja auch. Aber im Hinblick auf Kinderpornografie, also Fotos und Videos von u.a. Vergewaltigungen von Menschen zwischen 0 und 13/15 Jahren, sollten wir aus gutem Grund differenzieren zwischen solchen Verbrechen und dem Nacktfoto, das sich Verliebte U16/14 (in all ihrer Unbedarftheit bzgl. medialer Verbreitung) gegenseitig schicken oder das in der Klassengruppe geteilt wird.

      Rechtliche Differenzierung ist sowohl für Opfer/Betroffene nötig und wichtig als auch für Beschuldigte/Angklagte/Täter*innen, eine differenzierte moralische Bewertung ebenso.

    • @Emsch:

      Wenn sich verliebte 13-jährige gegenseitig Fotos schicken, ist das zwar recht dumm, aber kein Verbrechen.

      Und wenn die besorgte Mutter Ärger bekommt, weil sie damit zum Lehrer geht, wird genau das Gegenteil von dem erreicht, was bezweckt ist.

      Es ist also richtig, ein Gesetz anzupassen, damit kein Unfug bei seiner Anwendung herauskommt.

    • @Emsch:

      Schön und gut, aber wie lösen Sie das Problem, dass es häufig nichtstrafmündige Kinder sind, die die Fotos machen und verbreiten, während Eltern znd Lehrer*innen, die etwas dagegen unternehmen wollen, wie im Artikel genannt, in die Mühlen der Justiz geraten und nachweisen müssen, dass nicht sie die Urheber sind.