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Gesetz gegen LebensmittelverschwendungMadrid setzt auf Doggy-Bags

Spanien will das Wegwerfen von Lebensmitteln per Gesetz stoppen. Dieses nimmt sowohl Handel als auch Gastwirte und Firmen in die Pflicht.

„Und was Sie nicht schaffen, packen wir Ihnen ein!“ Foto: Aunion Juan/imago

Madrid taz | In Spanien fliegen derzeit pro Jahr 1,364 Millionen Tonnen Lebensmittel auf den Müll. Das macht 31 Kilogramm Obst, Gemüse, Mehl- und Tierprodukte – oder finanziell gesehen einen Wert von rund 250 Euro – pro Kopf. Damit soll bald schon Schluss sein. So will es die Regierung. Die Linkskoalition aus Sozialisten und Linksalternativen unter Ministerpräsident Pedro Sánchez hat am Dienstag auf der Kabinettssitzung einen entsprechenden Gesetzesentwurf verabschiedet.

Um die Lebensmittelverschwendung zumindest einigermaßen einzudämmen, nimmt die spanische Regierung zuvörderst die Gastwirte in die Pflicht. Künftig müssen Bars ihren Gästen anbieten, Nicht-Aufgegessenes kostenlos einzupacken, damit sie es mit nach Hause nehmen können. Darüber hinaus müssen alle Unternehmen, die an der Lebensmittelverwertung beteiligt sind, Pläne gegen Verschwendung ausarbeiten.

Der Gesetzentwurf soll in den kommenden Monaten durchs Parlament gebracht werden. Der Minister für Landwirtschaft, Fischfang und Ernährung, Luis Planas, will mit den Vorgaben „regulierend eingreifen und Bewusstsein schaffen“. Er hofft, dass das Gesetz bereits Anfang 2023 in Kraft treten kann. In der EU haben nach Angaben des Ministers bisher nur Frankreich und Italien ähnliche Regelungen.

Auch der Handel soll in die Pflicht genommen werden: Supermärkte werden aufgefordert, die Preise für Produkte zu senken, wenn das Verfallsdatum näher rückt. Was dennoch nicht verkauft wird, soll statt auf dem Müll als Spende an Bedürftige und soziale Einrichtungen gehen. Auch wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, sollen Lebensmittel nicht weggeworfen, sondern zu Tierfutter verarbeitet oder zur Produktion von Düngemitteln und Biokraftstoffen genutzt werden. Überschüsse an Obst und Gemüse sollen der Weiterverarbeitung – etwa zu Saft oder Marmelade – zugeführt werden.

Die Unternehmen aus der Lebensmittelbranche müssen künftig jährlich berichten, wie viel sie verschwenden. Wer die neuen Regeln nicht einhält, muss mit Geldstrafen zwischen 2.000 und 60.000 Euro rechnen. Im Wiederholungsfall kann das Bußgeld bis zu einer halben Million Euro betragen.

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10 Kommentare

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  • Die Lebensmittelverschwendung durch Gäste in der Gastronomie ist oft nur ein geringes Problem.



    Das wesentlich größere Problem sind die privaten Haushalte. Diese sind in der EU zu 53! an der Lebensmittelverschwendung beteiligt. www.europarl.europ...-der-eu-infografik

    Wenn man wirklich etwas bewegen will gegen Lebensmittelverschwendung muss man an die privaten Haushalte ran!

    • @Rudolf Fissner:

      Warum muss man immer das eine lassen, um das andere zu tun?

      • @Adam Weishaupt:

        Warum arbeitet man sich immer an den kleinen Problemen ab und läßt die großen liegen?

        Ansonsten ja, es ist toll, wenn sich da 1% mäßig was tut und in der Gastronomie das Essen eingepackt wird noch gegessen wird. Es kostet ja ach nichts Gesetze zu erlassen.

  • "Künftig müssen Bars ihren Gästen anbieten, Nicht-Aufgegessenes kostenlos einzupacken, damit sie es mit nach Hause nehmen können."

    Warum wird es nicht zur Pflicht gemacht, dass die Gäste ihr Essen mitnehmen müssen!?

  • Jetzt braucht`s also schon ein Gesetz, damit Lebensmittel ( Mittel zum Leben...Überleben ) nicht weggeworfen werden dürfen. Ein Schelm, der glaubt, dies hätte nichts mit unserer Verschwendungs- und Überflusskultur zu tun. Es ist wahrlich ein Trauerspiel, wenn ein System erst diesen Konsum- und Verbrauchsterror schafft, dem nur wenige, viel zu wenige ausweichen. Und die Leute kaufen gern. Wenn nicht Autos, dann anderen nutzlosen Konsum. Und die Konsumenten werden ständig animiert, immer mehr zu kaufen, als man wirklich zum guten Leben braucht. Das nennt man den Konsumismus. 149 Millionen Kleinkinder, so Unicef, sind aufgrund von Mangelernährung unterentwickelt und nicht groß genug für ihr Alter. 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel werden im Jahr weggeworfen. Das ist rund ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel.

  • Dummerweise sind Doggy Bags naturgemäß so ziemlich immer Einwegverpackungen.



    Auch nicht ideal.

    • @Tetra Mint:

      Da haben Sie leider Recht - aber es gibt auch ökologische Verpackungen aus Holz, Blättern oder papierbasierten Materialien.

    • @Tetra Mint:

      Und ich sehe schon die Mülltonnen vor den Restaurants mit diesen verpackten Resten überquellen.



      Oder bei einer zusätzlichen Pflicht zu Mehrwegpfandgeschirr fürs Außer Haus Essen, werden die Dosen schnell in die Tonne geleert, um das Geschirr zurückbringen zu können.



      Traurig, aber so sehen die Leute wenigstens, was sie tun.

      • @Herma Huhn:

        Wieso sollen die Leute das gleich wegschmeissen. Der Wirt wird verpflichtet das Mitnehmen anzubieten und nicht der Gast gezwungen es sich einpacken zu lassen.

    • @Tetra Mint:

      Am besten beim Restaurantbesuch stets eine Tupperdose dabei haben.