Geschichtsvergessenheit der AfD: Hauptsache schwarz-rot-gold
Im Fraktionssaal der AfD im Bundestag hängen Zeichnungen historischer Ereignisse. Die Verabschiedung des Grundgesetzes ist nicht dabei.
Reich werden konnte die Zeichnerin mit ihrer sechsmonatigen Arbeit nicht. 6.000 Euro hat Melanie Tietjen für die sieben großformatigen Bleistiftzeichnungen bekommen, die detailreich sein und sich möglichst nah an historischen Vorlagen orientieren sollten – und jetzt im Fraktionssaal der AfD im Reichstag hängen.
Tietjen mag die AfD. Und andere Großaufträge scheint sie nicht zu haben. Auf ihrer Website sieht man David Bowie und einen Mops, dazwischen ein Kleinkind. Porträts, wie man sie an vielen Touristenhotspots dieser Welt kaufen kann. Nur die Zeichnung von Andreas Kalbitz, dem Brandenburger AfD-Führer mit der rechtsextremen Geschichte, dürfte, wenn überhaupt, nur an ausgewählten Orten im Angebot sein. Sucht man etwas, stößt man bei Tietjen auch auf den gezeichneten Björn Höcke.
Die sieben grauen Bilder, die Tietjen zeichnete und in denen jeweils kleine Details wie Fahnen, Girlanden oder Schärpen schwarz-rot-gold gefärbt sind, sollen „deutsche Verfassungsgeschichte und die Gedanken von Einigkeit und Recht und Freiheit“ zeigen. So sagt es der AfD-Abgeordnete Götz Frömming, der Geschichtslehrer ist und die Arbeitsgruppe Geschichte der AfD-Fraktion leitet.
Der Zyklus, überschrieben mit „Bilder aus der deutschen Geschichte“, beginnt bei den Lützowschen Freikorps 1813–1815, zeigt das Wartburgfest der Burschenschaften, das Hambacher Fest, die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche, die Reichsgründung 1871. Danach kommt nicht mehr viel. Auf den beiden letzten Zeichnungen geht es um die Weimarer Verfassung und die Wiedervereinigung.
Rechte Wende im Bundestag
Der Sieg gegen den Faschismus? Die Verabschiedung des Grundgesetzes? Fehlanzeige. Das Grundgesetz sei vom Alliierten Kontrollrat, nicht von der Bevölkerung legitimiert gewesen, so Frömming. Grundsätzlich gehe es hier um „Massenereignisse“ und eine „positive Tradition“, auf die sich die Fraktion beziehe.
Bei einer Fraktion, deren Chef den Nationalsozialismus als „Vogelschiss“ in 1.000 Jahren deutscher Geschichte bezeichnet und Kalbitz als „so bürgerlich wie ich selbst“, darf man sich darüber wohl nicht wundern. Die „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“, die AfD-Rechtsaußen Höcke fordert, ist im Bundestag angekommen.
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