Gescheiterte Spitzenkandidatur: Das war's mit der Döring-FDP
Er wollte es nochmal wissen, aber jetzt ist FDP-Mann Walter Döring endgültig raus aus der Politik. Vielleicht trifft man ihn jetzt in einer schwäbischen Disco?
Damals, in den 90ern, da war Walter Döring bei uns im Kreis Schwäbisch Hall eine echte Nummer. Kein Pferdemarkt, keine Einweihung einer Sporthalle und kein Mittelständlerfest, bei dem er gefühlt gefehlt hätte.
Der Walter, der kann net nur schwätza, hieß es, der macht auch was für uns. Das brachte dem Walter und der FDP im Kreis zuverlässig zweistellige Wahlergebnisse, in manchen Dörfern sogar um die 30 Prozent. Die Döring-FDP war bei uns Volkspartei.
Der Walter war auch der erste echte Politiker, dem ich je begegnet bin, abgesehen vom Dorfbürgermeister. Wir waren damals vielleicht 16 und saßen dosenbiertrinkend in der ersten Klasse im Zug nach Stuttgart, obwohl wir nur Tickets für die zweite Klasse hatten, hörten Nirvana und Metallica.
Da setzte sich, in Anzug und Krawatte, der Walter zu uns und sagte: „Na, Jungs, geht’s noch in die Disco?“ Es war Samstagabend, unsere Haare waren lang oder bunt oder beides, aber dieses Erstwählergespräch, das wollte der Walter sich nicht entgehen lassen. Einen „Instinktpolitiker“ nannten sie Döring in der Stuttgarter Zeitung.
„Titanic“ erlaubte sich einen Scherz mit ihm
Der Walter wollte nie eine Chance auslassen, auch Jahre später nicht, als sich die angeblich reiche und todkranke Witwe Edmunda Zlep per Brief an Politiker wandte, weil sie ihr Geld loswerden wolle. Der Walter, damals Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg, schickte ihr seine private Kontonummer. Dumm nur: Hinter Zlep steckte das Satireheft Titanic.
Richtig dick kam es 2004. Wegen einer Affäre um den PR-Berater Moritz Hunzinger und die Pleitefirma FlowTex musste Döring zurücktreten – und bekam wegen Falschaussage vor einem Untersuchungsausschuss neun Monate auf Bewährung aufgebrummt.
„Ich stehe hier und kann nicht anders“
Acht Jahre später hat Walter Döring jetzt am Wochenende noch mal ein Comeback versucht. Der Instinktpolitiker wollte FDP-Landeschefin Birgit Homburger als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl 2013 verhindern – und den Job selber machen. „Ich stehe hier und kann nicht anders“, sagte er. Nach einer Schlammschlacht setzte Homburger Bundesminister Dirk Niebel auf Platz eins und sich selbst auf zwei. Und der Walter? Für den war’s das endgültig mit der Politik.
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