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Gerichtsverfahren gegen SupermarktketteSpanier verklagt Lidl wegen Plagiat

Ein Unternehmer aus Valencia wirft dem deutschen Discounter vor, die Erfindung eines Mixers für vegane Milch geklaut zu haben.

Wenigstens das Lidl-Emblem ist echt Foto: dpa

Andoni Monforte ist niedergeschlagen. „Seit Monaten schreibe ich rote Zahlen“, erklärt der Unternehmer aus Alboraia bei Valencia. Schuld an seiner Misere ist die deutsche Supermarktkette Lidl mit ihren weltweiten Filialen. Monforte, der allerlei Produkte aus Erdmandeln – auf Spanisch Chufa – vertreibt, hat 2012 eine Erfindung gemacht. „Lidl hat sie mir gestohlen“, sagt er.

ChufaMix – Veggie Drinks Maker heißt das Gerät. Es besteht aus einem Becher, einem Filter, einem Stößel und einem Deckel. Damit lässt sich aus allerlei Samen und Hülsenfrüchten vegane Milch machen. Ernesto – die Lidl-Tochter für Haushaltsartikel – hat die Erfindung exakt nachgebaut. Hier heißt es Ernesto – Veggie Drink Maker, im Singular statt im Plural. Die Gebrauchsanweisung zeigt fast identische Zeichnungen.

Nur eines ist deutlich anders: der Preis. Während der originale ChufaMix um die 40 Euro kostet, verlangt Lidl je nach Markt zwischen 4,99 und 9,99 Euro. „Während wir die Entwicklungskosten umlegen müssen und alles in Spanien und Frankreich produzieren, ist das Lidl-Gerät aus billigerem Material und kommt aus China“, beschwert sich Monforte.

Er klagt nun vor dem Gericht in Moncada in der Provinz Valencia wegen Patentrechtsverletzung gegen Lidl Spanien, Niederlande und Deutschland sowie gegen Owim, Fabrikant von Haushaltsartikeln für Lidl-Sonderaktionen. ChufaMix, die seit 2013 in 35 Ländern vertrieben wird, ist in Spanien, China, der Türkei und Mexiko patentiert. In den USA läuft das Patentverfahren. Beim europäischen Patentamt in München ist ChufaMix seit Juni 2017 eingeschrieben. Monforte hat seine ChufaMix auf mehr als 40 Messen auf allen Kontinenten vorgestellt.

Seine Mutter rief ihn an, um ihm zu gratulieren

„Wir wurden auf das Plagiat aufmerksam, als empörte Generalimporteure bei uns anriefen“, erinnert sich Monforte an den vergangenen Sommer. Was ihm einfalle, Lidl zu solch niedrigem Preis zu beliefern, wollten sie wissen. Monforte verstand die Welt nicht mehr. Seine Mutter rief ihn an, um ihm zum neuen Großkunden Lidl zu gratulieren. Sie hatte den Veggie Drink Maker in der Fernsehwerbung gesehen.

Der wirtschaftliche Schaden ist groß. „Wir waren ein Kultobjekt in der veganen Szene. Seit Lidl das Plagiat verkauft, gelten wir als völlig überteuert. Da hilft es auch nicht, dass wir in den Internetforen darauf hinweisen, dass wir in Spanien produzieren und die Entwicklung Kosten verursachte“, sagt Monforte. Der Verkauf ging im ersten Quartal 2018 um 32 Prozent zurück. Seit der Markteinführung 2013 wurden über 60.000 ChufaMix verkauft.

Wir waren ein Kultobjekt in der veganen Szene

Andoni Monforte, Unternehmer

2016 setzte Monfortes Unternehmen 241.000 Euro um. Nach der Lidl-Kampagne sank der Umsatz 2017 auf 159.000 Euro. Großkunden aus Belgien, Frankreich, Holland und Spanien kündigten die Verträge. Die Markteinführung in den USA platzte, da sich der dortige Vertriebspartner zurückzog, nachdem Lidl auch in den Staaten die Ernesto-Kopie im Sortiment hat.

Weder bei Lidl Spanien noch bei Lidl Deutschland ist eine Stellungnahme zum Plagiatsvorwurf zu erhalten. „Zu juristischen Verfahren nehmen wir grundsätzlich keine Stellung“, erklärt Sprecher Matias Bueno.

Monforte stößt derweilen an die Grenzen des europäischen Rechts. „Wie ist es möglich, dass ich trotz eines europäischen Patents Land für Land gegen Lidl klagen muss?“, fragt er.

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7 Kommentare

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  • Mit 250000€/Jahr Umsatz kann man doch so ein Geschäft schon im Normalfall nicht betreiben.

     

    Wovon lebt(e) der Mensch eigentlich?

    Und wovon hat der seine Patente bezahlt?

    Wie der sich gegen Lidl behaupten will ist mir schleierhaft.

  • Während Lidl mit seinem Plagiat jeden Tag Geld verdient, und damit das Geld für die anstehenden Prozesse erwirtschaftet,

    gehen dem Urheber Umsatz verloren. Das ist ein Teufelskreis.

     

    Auseinandersetzungen um Schutzrechte gehen gerne mal 10 Jahre oder länger. Bis dahin ist der arme Spanier pleite.

    Ich glaube es gibt inzwischen ein EU Patent, damit man nicht vor jedem nationalen Gericht separat klagen muss.

    Aber für Schadensersatzansprüche gilt nach wie vor nationales Recht und das muß vor jedem nationalen Gericht einzeln erstritten werden…

     

    Die Chancen für den betrogenen Hersteller sind so oder so nicht gut.

     

    Selbst wenn er gewinnen würde … der Markt für diesen Mixer ist durch dieses chinesische Billigprodukt von LIDL nachhaltig zerstört.

    • @Karo:

      "Selbst wenn er gewinnen würde … der Markt für diesen Mixer ist durch dieses chinesische Billigprodukt von LIDL nachhaltig zerstört."

       

      Es scheint sich nur um eine sehr teure "Plastikdose mit Filter" zu handeln. Hier ist ein schönes Video dazu: https://www.youtube.com/watch?v=Rb_CgN3Gchw

       

      Das bekommt man mit jedem Mixer im Karaffenformat hin. Anschließend durch ein Sieb gießen, fertig. Es werden weniger Teile verschmutzt und obendrein wird Strom gespart (der Mixer ist effizienter als ein Pürierstab).

  • Mir fehlen da ein paar Hintergründe: Liegt da jetzt ein europäisches Patent vor, oder nur ein Patent in Spanien, Mexiko, Türkei und China vor? Auf Technik oder auch ein Gebrauchsmusterschutz? Weiß jemand mehr?

     

    Hab schnell gegoogelt. Die Produkte sind schon ähnlich und bei der Bildersuche nach dem Ernesto wird ChufaMix als Tag angezeigt. Sehr dreist von Lidl.

  • Wer in Lidl kauft hat selber Schuld. Die lebensmittel sind unter dem Strich.

    Man sollte vor allem auf Fleisch und Fisch dort verzichten.

  • Ein Patent ist nur so gut wie die Anwälte, die man sich leisten kann.

    Ein Patent ist nur noch eine Buchungsgrösse für die Unternehmen, da diese pauschal zum Unternehmensvermögen gezählt werden - hat mir ein höherer Mitarbeiter vom europäischen Patentamt erklärt. Der Schutzgedanke ist zweitrangig geworden und eben nur mit Anwälten durchsetzbar, was für kleine und mittlere Unternehmen nichit finanzierbar ist gegen grosse Unternehmen.

    Das Einzige, das einem vielleicht hilft, ist eine Imagekampagne gegen den Nachahmer (Vorsicht mit Verleumdung und Rufschädigung...) und eine aussergerichtliche Einigung - aber darauf reagieren grosse Unternehmen wohl nur nach einer ersten gerichtlichen Klage.

    Fazit: Patente erschrecken nur kleine Nachahmer und man kann damit angeben. Vielleicht hilft es noch bei einer Finanzierung, wenn man einen gewissen Schutz hat, zumindest kann man den Preis dann höherhalten bzw. gibt es dem Gönner keine Angriffsfläche für Kritik und Rückzug.

  • Man benötigt "nur" einen Stabmixer, der nebenbei die ganze Arbeit erledigt. Das Filtern ist trivial.

    Mag sein, dass dort jemand eine Idee gestohlen hat. Allein vermag ich nicht erkennen, welchen Mehrwert diese Erfindung bringen soll. Habe ich Tomaten auf den Augen?