Gerichtsurteil zu Fehmarnbelt-Tunnel: 18 Kilometer Öko-GAU

Das Gerichtsurteil zum Fehmarnbelt-Tunnel wird bei den dänischen Planern für Erleichterung sorgen. Für den Rest Europas wird es ungemütlich.

Menschen mit Papp-Schweinswalen gehen über eine Straße

Im September protestierten UmweltschützerInnen mit Schweinswalen aus Pappe Foto: Jan Woitas/dpa

Die Dän*innen, ja sogar die dänischen Umweltschützer*innen, fühlen sich ganz hyggelig mit dem Fehmarnbelttunnel. Nordeuropas größtes Infrastrukturprojekt soll sie näher an den Rest des Kontinents anbinden. Die Fahrzeit per Zug von Hamburg nach Kopenhagen soll sich um 2 auf 3 Stunden verkürzen, statt 45 Minuten mit der Fähre soll es künftig 10 mit dem Auto dauern. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig wird bei den dänischen Planern deshalb für Erleichterung sorgen: Die Arbeiten für das 11-Milliarden-Euro-Projekt laufen längst.

Ungemütlich wird es für den Rest Europas – und Deutschland. Die 18 Kilometer lange Betontrasse zwischen den Inseln Fehmarn und Lolland ist eine gigantische Fehlinvestition mit eingebautem Öko-GAU. Die Planer dachten, typisch 20. Jahrhundert, alles werde immer mehr, größer, schneller. Dabei sind die prognostizierten 8.000 Autos pro Tag zu marginal für so viel Zerstörung und Kosten. Auch zehn Jahre nach Inbetriebnahme, also etwa 2039, sollen nur 1 Million Fahrgäste die Bahntrasse nutzen, lohnenswert ist sie aber erst ab 9 Millionen, watschte der Europäische Rechnungshof den Belttunnel ab. Die 73 zusätzlichen Güterzüge pro Tag machten die Kalkulation kaum besser, schimpften die Prüfer. Trotz der schnelleren Wege zum Ostseeraum sehen Fachleute hier kein Wachstum im Güterverkehr. Der nimmt sogar ab.

Die deutschen Kosten für die Anbindung des Tunnels haben sich zuletzt auf 4 Milliarden Euro verfünffacht. Dafür dürfte das Ferienidyll Fehmarn künftig von einer Infrastrukturwand zerschnitten werden. Und: Wer will schon auf der Riesenbaustelle urlauben?

Unschätzbar: die Kosten für die Natur. Der Tunnel soll in einem 60 Meter breiten und 20 Meter tiefen Graben versenkt werden. Das Meeresschutzgebiet Fehmarnbelt mit seinen Schweinswalen ist akut in Gefahr. Immerhin müssen die Planer bei den lange „übersehenen“ Riffen nachbessern. Dennoch: „Hygge“ ist nach diesem Richterspruch für Fauna und Flora im Belt Geschichte.

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Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.

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