piwik no script img

Gerichtsurteil in Ungarn„Lebenslänglich“ für Morde an Roma

Ungarns oberstes Gericht bestätigt eine erstinstanzliche Verurteilung von drei Rechtsradikalen. Sie hatten sechs Roma umgebracht.

Fassungslosigkeit nach dem Anschlag in 2009 in dem Dorf Tatarszentgyörgy, nahe Budapest. Foto: dpa

Budapest taz | Dreimal „lebenslänglich“: Das oberste Gericht Ungarns hat am Dienstag die Strafen für drei Männer im Prozess um den Mord an sechs Roma bestätigt. Die rassistische Mordserie, zu deren Opfern ein fünfjähriges Kind zählte, ereignete sich zwischen 2008 und 2009 im Nordosten Ungarns. Fünf weitere Angehörige der ungarischen Roma-Minderheit wurden dabei schwer verletzt.

Die brutalen Anschläge hatten in Ungarn großes Aufsehen erregt. Insgesamt 78 Schüsse wurden auf die Fenster der Häuser der Opfer abgegeben, mit elf Molotowcocktails die Roma-Unterkünfte in Brand gesetzt und die Menschen auf ihrer Flucht vor den Flammen beschossen.

Die Angeklagten, die Brüder Árpád und István Kiss sowie Zsolt Petö sind im rechtsradikalen Milieu anzusiedeln. Während der Urteilsverkündung bestanden die beiden Brüder darauf, von den Wächtern abgeführt zu werden. Zsolt Peto nahm das Urteil mit einem Lächeln im Gesicht auf. Der vierte Angeklagte, István Csontos, der die Mörder bei zwei Anschlägen mit seinem Auto transportiert hatte, war bereits im Mai 2015 rechtskräftig zu 13 Jahren Haft verurteilt worden.

„Wir können von Glück sagen, dass bei den Anschlägen nicht mehr Menschen gestorben sind“, sagte die Richterin Rósa Mészár im Gerichtssaal. Sie nannte die Straftat und die Täter abscheulich.

Die Urteilsverkündung fand vor vielen Zuhörern statt. Einige trugen T-Shirts mit der Aufschrift „shooting club“ und der Abbildung einer Waffe. Das öffentliche Interesse an den Opfern des beispiellosen Verbrechens jedoch hielt sich in Ungarn in den vergangenen Jahren in Grenzen. So blieb den Opfern am Tag der Urteilsverkündung im Gerichtssaal eine Gedenkminute verwehrt.

Etwa 7 bis 8 Prozent der zehn Millionen Ungarn gehören den Roma an. Sie werden diskriminiert und leben überwiegend in großer Armut.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!