piwik no script img

Gerichtsurteil gegen PegidaSeenotretter sind keine Schlepper

Nach dem Urteil des Dresdner Landgerichts darf die fremdenfeindliche Bewegung die Hilfsorganisation „Mission Lifeline“ nicht mehr als Schlepper bezeichnen.

Schon vor dem Prozess mit einem optimistischen Lächeln: Axel Steiner, Sprecher von „Mission Lifeline“ Foto: dpa

Dresden epd | Die Dresdner Seenot-Hilfsorganisation „Mission Lifeline“ hat vor Gericht einen weiteren Erfolg erzielt. In einem Unterlassungsprozess setzte sie sich am Donnerstag gegen die fremdenfeindliche „Pegida“-Bewegung durch. Nach einem Urteil des Dresdner Landgerichts dürfen die Seenotretter nicht als Schlepper oder Schlepperorganisation bezeichnet werden. Bei Zuwiderhandlung droht eine Geldstrafe von bis zu 250.000 Euro. (1aO2748/17 EV und 1aO2749/17 EV)

Die Behauptungen seien „Werturteile“, die den Verein „Mission Lifeline“ in seinem Persönlichkeitsrecht verletzen, begründete die zuständige Richterin Heike Kremz am Donnerstag die Entscheidung. Die in den sozialen Netzwerken abgegebenen Äußerungen seien diffamierend und eine „Schmähung“ und schadeten dem Verein, weil damit seine Tätigkeit eingeschränkt werde. Der gemeinnützige Verein sei auf Spenden angewiesen. Solche Aussagen könnten Geldgeber abhalten.

„Pegida“-Gründungsmitglied Siegfried Däbritz sowie Anhänger der „Pegida“-Bewegung hatte im sozialen Netzwerk Facebook die Behauptung geteilt, dass es sich bei „Mission Lifeline“ um eine „Schlepper-NGO“ handle, die sich „unerlaubt in Libyschen Gewässern aufhalte“, ihre Besatzung und Flüchtlinge „bewusst in Gefahr“ bringe, sowie „in regem Kontakt“ mit Schleusern stehe und sich mit Schleusern zu Treffpunkten verabrede. Gleiches hatte zuvor die „Identitäre Bewegung“ behauptet. In einem anderen Prozess gegen „Mission Lifeline“ war auch sie vor Gericht gescheitert.

Wegen des Hetzens hatten die Dresdner Seenotretter eine Unterlassungserklärung von „Pegida“ gefordert, diese hatte eine solche jedoch nicht abgeben wollen. Lediglich der Post wurde gelöscht. Es bestehe „Wiederholungsgefahr“, sagte die Richterin.

Lifeline-Sprecher Axel Steier zeigte sich zufrieden mit dem Urteil, dem innerhalb von vier Wochen widersprochen werden kann. Weil in der Verhandlung nicht der gesamte Post mit einem Screenshort belegt werden konnte, konnten die Aussagen, dass sich der Verein mit Schleusern treffe, vom Gericht nicht bewertet werden. Der Verein hat nun zwei Drittel der Kosten zu tragen.

Bis jetzt konnte die Dresdner Organisation Mission Lifeline mehr als 500 Menschen aus akuter Seenot retten

Der Verein „Mission Lifeline“ betreibt mit ehrenamtlichen Crews seit September ein Rettungsschiff im Mittelmeer. Bis jetzt konnte die Dresdner Organisation mehr als 500 Menschen aus akuter Seenot retten. Sie musste sich schon mehrfach gegen Anfeindungen wehren. Jeder der zweiwöchigen Einsätze kostet den Verein eigenen Angaben zufolge rund 20.000 Euro.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • War wohl nix, Urteil vom OLG aufgehoben.

  • Entweder der Bericht ist falsch oder die Entscheidung ist falsch: gerade bei Werturteilen ist der Spielraum, den die Meinungsfreiheit lässt, sehr weit und daher der Rechtsschutz sehr schwach ausgeprägt. Bei falschen Tatsachenbehauptungen dagegen gibt das Recht auf Unterlassung.

    Die Frage, ob eine Organisation eher hilft oder eher schleppt, ist ein Problemfall, weil Tatsachen und Wertungen zusammenfließen.

     

    Ich bin nicht sicher, ob die Entscheidung - so wie sie hier dargestellt wird - mit der Rechtsprechung des BVerfG in Einklang steht.

  • Dafür muss man nicht nach Leipzig fahren, Schleppervorwürfe findet man inzwischen auch in Kommentarspalten der taz.

     

    Herzlichen Glückwunsch! und: Toll, dass ihr das durchgefochten habt!