Geplanter Karstadt-Umbau: Disney am Hermannplatz

Der Senat schafft Fakten zu Signas Plänen am Hermannplatz. Im Stadtentwicklungsausschuss gibt es viel Kritik.

Karstadt-Gebäude am Hermannplatz in der Nacht

Dunkle Aussichten für den Hermannplatz Foto: dpa

BERLIN taz | Das SPD-geführte Stadtentwicklungsressort und der Kaufhauskonzern und Immobilienentwickler Signa treiben die Pläne für den Neubau des Karstadt-Gebäudes am Hermannplatz voran. Mit einem am vergangenen Mittwoch ergangenen Aufstellungsbeschluss hat Senator Andreas Geisel (SPD) das offizielle Verfahren für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan eingeleitet.

Entstehen soll ein monumentales Gebäude mit historischer Fassade, in dem das Kaufhaus nur noch einen geringen Teil der Flächen belegt, während 45.000 Quadratmeter Nutzfläche für Büroräume vorgesehen sind. Verläuft alles nach Plan von Investor und Sozialdemokraten, könnte die Realisierung des Projekts noch 2024 starten, nach entsprechenden Beschlüssen durch Senat und Abgeordnetenhaus.

Die Pläne des österreichischen Signa-Konzerns um den umstrittenen Investor René Benko stellte am Montag im Stadtentwicklungsausschuss die neue Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt vor. Die neueste Message: Signa wolle nicht mehr abreißen und neu bauen, sondern zumindest den Stahl-Beton-Bau des heutigen Gebäudes erhalten und diesen mit einem Holzbau aufstocken.

Auch soll das Parkhaus im hinteren Teil des Geländes nicht mehr abgerissen, sondern für eine gewerbliche Nutzung umgebaut werden. Möglichst viele alte Materialien sollen wiederverwendet werden, so auch Rolltreppenstufen für die Fassadenverkleidung.

Koalition uneins

Senator Geisel betonte, dass die Koalition hinter dem Letter of intent mit Signa stehe, einer Vereinbarung, die die rot-rot-grüne Vorgängerkoalition abgeschlossen hatte und in dem Signa Zusagen für Bauvorhaben am Alexan­derplatz, am Kurfürstendamm sowie am Hermannplatz gemacht wurden. Im Gegenzug verpflichtet sich der Konzern, vier von sechs Karstadt-Filialen drei bis fünf Jahre lang weiterzubetreiben. „Das Interesse Berlins ist der Erhalt dieser städtebaulichen Zentren“, so Geisel. Der Senator sprach auch von der Notwendigkeit eines Masterplans für den Hermannplatz, um durch weniger Verkehrsbelastung und mehr Grünflächen dessen „Aufenthaltsqualität“ zu verbessern.

Aus Sorge vor einer Aufwertung von Platz und Kiez haben Ak­ti­vis­t:in­nen am Morgen mehr als 6.000 Unterschriften gegen die Umbaupläne an einige Ausschussmitglieder überreicht. Während Abgeordnete von SPD sowie CDU, FDP und AfD Zustimmung signalisierten, formulieren Grüne und Linke dann auch heftige Kritik. Die Grüne Susanna Kahlefeld sprach von einer „Disney-Fassade, die sich Signa erpresst hat“, und von einem „Armutszeugnis“, dass für weitere Bürgerbeteiligung im präsentierten Zeitplan nur noch ein Monat vorgesehen ist. „Ist die Angst vor den Bürgern so groß, dass man sich der Diskussion gar nicht stellen will?“, fragte Kahlefeld.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Im Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und Linke auf eine „städtebaulich verträgliche“ Entwicklung der „Karstadt-Areale aus dem Bestand heraus“ verständigt. Genau dies fände angesichts der Baumasse nun aber keine Berücksichtigung, so Kahlefelds Kollege Julian Schwarze. Er forderte einen ergebnisoffenen Planungsprozess ohne Vorfestlegungen. Die Linke Katalin Gennburg sagte: „Eine Fassade kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Signa einen Bürostandort auf dem Korpus eines Kaufhauses bauen will“ – das Gebäude also „maximal verwerten“ wolle. Sie kritisierte die „Konzeptionierung eines Warenhauses nach den Luxusvorstellungen von Signa“, vorbei an den Erfordernissen des täglichen Bedarfs.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.