Geplante Tesla-Fabrik bei Berlin: Ungebremst in den Wald
Die Dimension der für 2021 geplanten Tesla-Fabrik bleibt unklar. Die Region im Osten Berlins plant dennoch bereits mit einem Bevölkerungsschub.
Es geht voran, es wird gerade Geschichte gemacht in Brandenburg, aber darunter macht es so jemand wie US-Unternehmer Elon Musk wohl auch nicht: Der weltgrößte E-Autobauer Tesla liege in den letzten Zügen bei den Planungsunterlagen, die das Unternehmen für den Bau seiner sogenannten Giga-Fabrik im brandenburgischen Grünheide einreichen muss. Das sagte der zuständige Landrat des Kreises Oder-Spree, Rolf Lindemann (SPD), am Montag auf einer Pressekonferenz in Fürstenwalde. „So weit ich informiert bin, sind die Unterlagen bereits für heute avisiert.“
Mit den Unterlagen dürfte dann endlich klarer werden, was die Region östlich von Berlin seit Bekanntwerden der Tesla-Pläne Mitte November in Aufregung versetzt. Musk will in der Brandenburger Heide ab der ersten Jahreshälfte 2020 seine Gigafactory Nummer vier bauen. Rund 4.000 Menschen sollen hier im Dreischichtsystem arbeiten.
Das sei der letzte Kenntnisstand, sagte Lindemann. Damit dürfte die gigantische Fabrik noch mal etwas gigantischer ausfallen. Im November war zunächst von bis zu 3.000 Menschen die Rede. Insgesamt sei „die Datenlage“ aber noch dünn, betonte der Landrat. Näheres also in näherer Zukunft.
Eilig hatten es Lindemann und der Grünheider Bürgermeister Arne Christiani am Montag. Maximal eine halbe Stunde hatte man sich für die JournalistInnen Zeit genommen. Dann eilten sie weiter zur ersten Sitzung der kommunalen Steuerungsgruppe mit den Gemeinden Grünheide, Schöneiche, Woltersdorf, Erkner, Storkow, dem Amt Scharmützelsee, Spreenhagen und Fürstenwalde. Das Projekt sei sehr ehrgeizig, der Zeitplan auch – und man wolle schließlich „niemanden enttäuschen“, betonte Lindemann. „Wir sind angetreten, dieses Projekt gemeinsam mit der Landesregierung zum Erfolg zu führen.“
Konkret geht es bei den Treffen der Steuerungsgruppe um die Auswirkungen, die die Tesla-Pläne auf die Infrastruktur der Region haben. „Wir wollen uns heute darüber verständigen, was die nächsten Schritte sein werden“, sagte Lindemann. Die Wohnungsfrage sei dabei „die entscheidende“, glaubt Lindemann. Mit den derzeit für Wohnungsbau ausgewiesenen Flächen in den Landesentwicklungsplänen sei das aber „nicht zu machen“.
Er wolle deshalb erreichen, dass die Kommunen ihre Pläne entsprechend „öffnen“. Dabei gehe es sicher nicht darum, Hochhäuser in Grünheide zu errichten. „Aber wir müssen dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen stimmen, dass die Menschen in der Nähe zum Arbeitsplatz wohnen können.“
Tesla-Chef Elon Musk ist der Superstar der Tech-Szene – er wird von seinen Anhängern mit Unternehmerlegenden wie Steve Jobs, Henry Ford und Thomas Edison verglichen. Der Tech-Milliardär will mit seiner Raketenfirma SpaceX das Weltall zum Ziel für Touristen machen, fliegende Autos bauen und sich irgendwann auf dem Mars zur Ruhe setzen. Musks Boring Company soll Verkehrschaos durch Tunnel beseitigen und so den Personentransport revolutionieren.
Mit seinen riskanten Geschäften sorgt der 48-Jährige immer wieder für Kontroversen – einige Kritiker halten Musk sogar für einen Hochstapler. Tatsächlich hat er mit Tesla noch nie einen Jahresgewinn gemacht und seine Ziele oft verfehlt. Sein Startkapital verdiente Musk als Mitgründer von Paypal; dank der Übernahme durch Ebay 2002 machte er ein Vermögen. (dpa)
Das ziehe natürlich wiederum auch Bedarfe bei der sozialen Infrastruktur nach sich: zum Beispiel Schul- und Kitaplätze. In Grünheide etwa, wusste Bürgermeister Christiani zu berichten, sei man gerade dabei, eine Grundschule zu planen. Da werde man jetzt eventuell „noch mal anders“ denken müssen, sagte der Landrat.
Jahrelang hatten die Bevölkerungsprognosen nach unten gewiesen. „Mit der Ansiedlung von Tesla setzen wir einen Gegenakzent“, sagte der Landrat. „Wir geben der nächsten Generation die industrielle Grundlage dafür, ihre Zukunft hier planen zu können.“
Und während man im gar nicht so fernen Berlin am Montag im Bundeskanzleramt die Wirtschaft zum Fachkräftegipfel (oder besser: Krisengespräch) empfing, war Landrat Lindemann guter Dinge, was die Attraktivität Grünheides anbelangt: „Das wird in Scharen junge Menschen anziehen: Ingenieure, Facharbeiter, Techniker.“
Am Dienstag tagt wiederum die Taskforce in Potsdam. Dort sitzen der Landkreis Oder-Spree, die Kommune Grünheide und die Landesebene an einem Tisch. Insbesondere gehe es dort auch um „die nicht leichte Verkehrssituation“, die man schon jetzt an vielen Stellen, etwa in Erkner, habe. Für ihn sei dabei klar: „Ein Verkehrsträger wird die Lösung nicht bringen.“ Und ja, wenn der Bau der Fabrik im ersten Halbjahr 2020 beginne und 2021 das Werk ans Netz ginge, dann sei das auch „eine Last für die Region“, weil der Aufbau der Infrastruktur natürlich länger dauere.
Aber, so Lindemann zur versammelten Hauptstadtpresse, er möchte doch daran erinnern: „Grünheide liegt in Ostdeutschland. Wir sind seit 30 Jahren mit ständigen Anpassungsanforderungen konfrontiert. Die letzte friedliche Revolution fand hier statt.“
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