Geplante Rentenreform in Spanien: Rentenreform ohne Sozialkonflikt
Der Sozialist Sánchez hat eine Reform des Rentensystems ausgehandelt. Sie beinhaltet Mehreinnahmen für die Kasse und Anhebung der unteren Renten.
Die Gewerkschaften werden an diesem Mittwoch der Reform in ihren Führungsgremien zustimmen. Mit dem Arbeitgeberverband CEOE ist der Minister für Integration, soziale Sicherheit und Migration, José Luis Escrivá, noch im Gespräch. Doch auch wenn da keine Einigung erzielt wird, wird das Rentensystem reformiert. Die Minderheitsregierung aus der sozialistischen PSOE und der linksalternativen Unidas Podemos (UP) wird dabei von mehreren kleineren Formationen im Parlament unterstützt.
Die Beträge zur Rentenversicherung sollen für alle langsam, aber stetig angehoben werden. Statt einer bisherigen Beitragsanpassung in Höhe der Inflationsrate werden künftig weitere 1,2 Prozentpunkte im Jahr hinzukommen. Erstmals werden auch die Verdienste über der bisherigen Obergrenze sozialabgabenpflichtig. Das heißt, wer mehr als 4.070 Euro Brutto im Monat verdient, muss eine „Solidaritätsabgabe“ für das Einkommen darüber abführen. Diese Abgabe soll 2025 mit 1 Prozent des Gehalts über der Obergrenze beginnen und bis 2045 auf 6 Prozent steigen.
Außerdem wird die vor wenigen Monaten eingeführte Abgabe „Mechanismus der Generationengerechtigkeit“ von 0,6 Prozent auf das Doppelte angehoben. Diese Abgabe, die von den Unternehmen abgeführt wird, soll dafür sorgen, dass Rücklagen geschaffen werden, damit nicht die gesamten Kosten der Renten der Baby-Boomer-Jahre dann anfallen, wenn die alle verrentet sind. Insgesamt sollen die Einnahmen der Sozialversicherung um 15 Milliarden Euro pro Jahr steigen.
Gegen Veralterung und für soziale Gerechtigkeit
Mit der Rentenreform will die Regierung Sánchez nicht nur das System angesichts der zunehmenden Veralterung der Bevölkerung sichern, sondern auch die Einnahmen für sozial schwache Rentner verbessern. So soll die Mindestrente auf 60 Prozent des Durchschnittseinkommen angehoben werden. Bereits zu Jahresbeginn wurde die Mindestrente um 8,5 Prozent erhöht und liegt nun bei knapp 1.000 Euro im Monat für Rentner mit Ehepartner ohne Einkünfte und bei knapp 800 Euro für Alleinstehende und solche mit Partner mit Einkünften. Diejenigen, die nie oder nicht lange genug in die Rentenkasse einbezahlt haben, sollen künftig Anspruch auf 75 Prozent der Armutsgrenze (595 Euro) haben.
Brüssel segnet die Reform der spanischen Regierung ab – die finanzielle Sicherung des Rentensystems ist eine der Auflagen für die Coronahilfen der EU.
Der Verband spanischer Arbeitgeber CEOE lehnt das Reformvorhaben ab, da es die Löhne der Arbeitnehmer senke und die Kosten für die Unternehmer erhöhe. „Es gibt kein Rahmen für Verhandlungen“, erklärt CEOE-Sprecherin Rosa Santos. Sánchez wolle, dass sie „einfach Beifall klatschen“. „In Wirklichkeit legt Sánchez eine Reform vor, die bereits mit der Europäischen Kommission, innerhalb der Regierung und wahrscheinlich mit den linken Gruppen vereinbart wurde“, so Santos. Minister Escrivá will bis Ostern mit dem Arbeitgeberverband verhandeln, bevor der endgültige Gesetzentwurf steht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Förderung von E-Mobilität
Habeck plant Hilfspaket mit 1.000 Euro Ladestromguthaben