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Georgiens Ex-Präsident festgenommenSaakaschwili nach Polen abgeschoben

Beim Mittagsessen verhaften Grenzschutz, Polizei und Migrationsdienst Saakaschwili. Dann wurde Georgiens Ex-Präsident nach Polen abgeschoben.

Saakaschwili hatte gegen die Verweigerung des Flüchtlingsstatus in der Ukraine geklagt Foto: dpa

Kiew taz | Der ukrainische Oppositionspolitiker und frühere Präsident Georgiens, Michail Saakaschwili, ist am Montagnachmittag von Kiew nach Warschau abgeschoben worden. Zuvor war Saakaschwili im Zentrum von Kiew während des Mittagsessens in einer gemeinsamen Aktion von Grenzschutz, Polizei und dem ukrainischen Migrationsdienst verhaftet worden. Dabei, so berichtet der Pressesprecher des Grenzschutzes, Oleh Slobodjan, auf seiner Facebookseite, hätten die Sicherheitskräfte auch Gewalt anwenden müssen, da sich Personen aus dem Umfeld des Oppositionspolitikers dessen Verhaftung widersetzt hätten.

Saakaschwili, so Slobodjan, sei am 22. September 2017 von einem ukrainischen Gericht des illegalen Grenzübertritts für schuldig gesprochen worden. Am 3. Januar habe ein Kiewer Verwaltungsgericht dessen Klage gegen die Migrationsbehörde, die ihm einen Flüchtlingsstatus verweigert hatte, zurückgewiesen. Am 6. Februar sei diese Entscheidung von einer weiteren Instanz bestätigt worden. Deswegen, so Slobodjan, sei die Abschiebung des Politikers in das Land, aus dem er eingereist sei, rechtmäßig.

Sofort nach Bekanntwerden der Verhaftung Saakaschwilis hatten sich zahlreiche Anhänger des Oppositionspolitikers auf den Weg zum Kiewer Flughafen Borispil gemacht, weil sie davon ausgegangen waren, dass sich Saakaschwili noch auf dem Flughafen befände. Dabei war es teilweise zu tumultartigen Szenen gekommen. Erst mit Bekanntwerden der bereits vollzogenen Abschiebung traten die Anhänger des Politikers ihren Rückzug in die Innenstadt an.

Am frühen Abend bestätigte Saakaschwili telefonisch aus Warschau in einem Gespräch mit seinen Anhängern die Abschiebung. Gleichzeitig rief der Chef der „Bewegung neuer Kräfte“ seine Anhänger von Warschau aus zu Ruhe und Gelassenheit auf. „Wir müssen auf deren Schwäche mit der Stärke unserer Seele reagieren“ erklärte er telefonisch. Gleichzeitig bezeichnete er Präsident Poroschenko als „kleinen, verängstigten Politiker“. Dieser sei kein Mann, sondern ein Feigling, der die Ukraine zerstören wolle, zitiert ihn die Ukrainska Prawda.

„Wir werden auf jeden Fall gewinnen, das war heute ihre Niederlage“, sagte Saakaschwili am Ende des Gesprächs. Zuvor hatte Slobodjan erklärt, dass man nun keinen rechtlichen Grund sehe, um Saakaschwili erneut eine Einreise in die Ukraine zu gestatten, denn dieser habe sich rechtswidrig auf dem Gebiet der Ukraine aufgehalten.

Wenige Stunden vor der Verhaftung des georgischen Oppositionspolitikers hatten ukrainische Medien aus einem Interview Poroschenkos, das dieser der österreichischen Zeitung Profil gegeben hatte, zitiert, dass Saakaschwili kein ukrainischer Staatsbürger und auch kein ukrainischer Politiker sei. Saakaschwili habe das ukrainische Gesetz gebrochen. Und so könne er sich durchaus eine Ausweisung von Saakaschwili vorstellen. Dies sei jedoch Sache der staatlichen Grenzbehörde.

Abschiebung stillschweigend akzeptieren

Dieses Poroschenko-Interview war von Beobachtern als Hinweis gewertet worden, dass die Präsidialadministration eine Abschiebung des Oppositionspolitikers stillschweigend akzeptieren würde.

In einer ersten Reaktion erklärte die Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko, das Vorgehen gegenüber Saakaschwili sei eine Erniedrigung für die Ukraine und eine Abrechnung mit dem ehemaligen Präsidenten Georgiens. Die Verhaftung habe nur mit Zustimmung des Präsidenten geschehen können, ist sich Timoschenko sicher.

Noch am Abend versammelten sich Dutzende Anhänger von Saakaschwili vor der Präsidialadministration, um gegen die Abschiebung des Politikers zu protestieren. Für den 18. Februar ist eine große Protestkundgebung auf dem Maidan angesagt.

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3 Kommentare

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  • Saakaschwili - this "beacon of democracy“

     

    Nachdem Saakaschwili 2003 seinen Vorgänger Schewardnadse sehr unkonventionell zum Rücktritt gezwungen hatte, ließ sich der „Golden boy der Rosen-Revolution“ (The Washington Post) selbst zum Präsidenten Georgiens wählen, und zwar mit einem Wahlergebnis (96%!), das selbst Honecker nicht besser hingekriegt hätte. Als Präsident verfolgte er dann eine vom IWF sehr gelobte radikale Liberalisierungs-Politik à la Washington consense und drängte auf Biegen und Brechen in die NATO und die EU. Zu seinen monokratischen Herrschaftsmethoden gehörten rassistische Sprüche ebenso wie Mordaufträge zur Beseitigung unliebsamer Gegner. Straßenproteste gegen seine korrupte Vetternwirtschaft ließ er schon mal umstandslos mit polizeilicher Brachialgewalt niederknüppeln. Allerdings war dies alles für Bush d. J. kein Hindernis, in Saakaschwili nichts weniger als ein „Leuchtfeuer der Demokratie“ ("beacon of democracy“) zu erblicken. McCain und Hillary Clinton hatten ihn gar parteiübergreifend für den Friedensnobelpreis nominiert...

    • @Reinhardt Gutsche:

      "McCain und Hillary Clinton hatten ihn gar parteiübergreifend für den Friedensnobelpreis nominiert..."

       

      Er hat 2008 einen Krieg angezettelt. Das qualifiziert ihn.

  • Das die EU Polen bestrafen will, ist ja bekannt. Das man Poroschenko damit beauftragt hat, ist neu. :-)