Genpflanzen in Europa: Monsanto setzt auf Importe
Der US-Agrarkonzern kündigt an, in der EU keine Zulassungen mehr für neue Genpflanzen zu beantragen. Kritiker halten das für einen üblen Trick.
BERLIN taz | Es ist das zweite Mal binnen weniger Wochen, dass Monsanto ankündigt, seine Geschäfte mit Genpflanzen in Europa einzudämmen: Der Agrarkonzern gab bekannt, bereits gestellte Zulassungsanträge zurückzuziehen. Bereits Anfang Juni berichtete die taz exklusiv über Monsanto-Pläne, keine neuen Anträge in der EU mehr einreichen zu wollen. Nun geht es konkret um fünf genmanipulierte Mais-, eine Soja- und eine Zuckerrübensorte. „Wir werden die Anträge in den kommenden Monaten zurücknehmen“, sagte ein Sprecher.
Auf Begeisterung ist der Vorstoß des Konzerns allerdings nicht gestoßen – denn an der geplanten Neuzulassung der Maissorte MON810 will Monsanto festhalten. In Deutschland, Frankreich, Italien und fünf weiteren EU-Staaten ist es verboten, den Mais anzubauen. Die meisten Felder befinden sich in Spanien. Für MON810 gibt es seit 2008 keine EU-weite Zulassung, sollte sich das ändern, müssten Staaten erneut Antrag auf Verbot in ihren Territorien stellen.
Umweltverbände halten die Ankündigungen wegen MON810 für unglaubwürdig – der BUND spricht von „Theaterdonner“. Monsanto wolle „vor allem aus der öffentlichen Negativwahrnehmung verschwinden, um dann hinter den Kulissen bei den Verhandlungen um das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU umso effektiver lobbyieren zu können“, sagt Heike Moldenhauer, BUND-Gentechnikexpertin. Kritiker fürchten, dass durch das geplante Abkommen europäische Umweltstandards unterlaufen werden könnten.
Zudem will der Konzern weiter genmanipuliertes Tierfutter nach Europa einführen. Dazu zählt etwa importiertes Soja, das nach verschiedenen Schätzungen zu 80 Prozent aus Genpflanzen besteht. Tiere dürfen das Zeug fressen, ohne dass ihr Fleisch später entsprechend gekennzeichnet werden muss. Laut BUND hat Monsanto 46 Anträge auf den Import gentechnisch veränderter Lebens- oder Futtermittel laufen. Zudem verkauft der Konzern weiterhin in großem Stil konventionelles Saatgut sowie Pestizide. Man wolle in diesem Bereich mehrere 100 Millionen US-Dollar in Europa investieren, kündigte Monsanto an.
Keine Akzeptanz in der Bevölkerung
Für manche klingt das alles eher wie eine Drohung. Monsanto wolle offenbar Gentechnikkritiker „in trügerischer Sicherheit wiegen“, glaubt Harald Ebner, Grünen-Sprecher für Agrogentechnik im Bundestag. Moldenhauer stellt sich die Frage, warum der Konzern ständig Rückzüge in einigen Monaten ankündigt, statt bei der EU-Kommission die Anträge einfach fallen zu lassen. Monsanto erklärte dazu, man müsse sich mit seinen Partnern abstimmen und mögliche Verpflichtungen klären.
Der Konzern begründete bereits seine Entscheidung im Juni damit, dass es für den Anbau von Genpflanzen keine Akzeptanz in der Bevölkerung gebe. Lebensmittel, in denen Genpflanzen direkt verarbeitet werden, müssen in der EU gekennzeichnet werden. Sie gelten als unverkäuflich. Neben MON810 ist die Kartoffel Amflora von BASF die einzige Genpflanze, deren Anbau in der EU erlaubt ist. Allerdings haben einzelne Staaten wie Deutschland ein Verbot erlassen.
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