Agrarprodukte in der EU: Nationale Verbote für Genpflanzen

Die Staaten der EU einigen sich auf nationale Anbauverbote für genetisch manipulierte Pflanzen. Die Reaktionen darauf fallen sehr unterschiedlich aus.

Dickes Ding: Genmais Bild: dpa

BRÜSSEL afp | Mit der Zustimmung Deutschlands haben sich die EU-Staaten für eine Änderung der Zulassungsregeln für Genpflanzen ausgesprochen, mit denen nationale Anbauverbote erleichtert werden sollen. Bei einer Sitzung der EU-Botschafter am Mittwoch in Brüssel habe es „eine sehr breite Unterstützung“ für die Neuregelung gegeben, sagten EU-Diplomaten. Die Entscheidung muss nun bei einem Rat der EU-Umweltminister am 12. Juni noch offiziell bestätigt werden.

Bisher können EU-Staaten eine in Europa zum Anbau zugelassene Genpflanze nur schwer vom eigenen Staatsgebiet fernhalten. Der Antrag eines Unternehmens auf eine Anbauerlaubnis in der EU wird den Mitgliedstaaten zur Abstimmung vorgelegt, wenn die EU-Lebensmittelbehörde EFSA nach einer wissenschaftlichen Analyse das Produkt für unbedenklich erklärt. Gibt es keine qualifizierte Mehrheit gegen die Anbauerlaubnis, wird die Genpflanze in allen 28 Mitgliedstaaten zugelassen.

Will eine Regierung dies auf nationaler Ebene verhindern, muss sie bisher neue Erkenntnisse über Gefahren vorlegen, die in die EFSA-Bewertung nicht einbezogen wurden. An diesem Verfahren gab es wiederholt Kritik, die EU-Kommission machte daher bereits im Jahr 2010 den Vorschlag, nationale Anbauverbote bei Zulassung in der EU zu erlauben. Dieser Vorstoß scheiterte jedoch – unter anderem an Deutschland.

Als Folge des Regierungswechsels im vergangenen Jahr gab es eine Neupositionierung, die vor allem CDU-Vertretern nicht leicht fiel. Nachdem in der vergangenen Woche im Bundestag die Koalitionsfraktionen ein deutsches Votum für die nationalen Anbauverbote forderten, traf kurz vor der jetzigen Abstimmung in Brüssel eine entsprechende Weisung für den deutschen Vertreter in der Botschafterrunde ein. EU-Diplomaten zufolge stimmten fast alle Mitgliedstaaten mit Ja, nur Belgien enthielt sich.

Nach den neuen Regeln kann ein Land EU-Diplomaten zufolge gleich zu Beginn eines Zulassungsverfahrens fordern, dass das zuständige Unternehmen in seinem Antrag den Mitgliedstaat ausnimmt. Folgt der Konzern dem Ansinnen nicht, sollen den Angaben zufolge Anbauverbote auf nationaler Ebene deutlich leichter werden, auch wenn die Pflanze im Rest der EU zugelassen wird. Demnach muss künftig ein Mitgliedstaat dafür nicht mehr neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorlegen, sondern kann umweltpolitische oder sozioökonomische Gründe anbringen - also etwa großen Widerstand in der Bevölkerung.

Macht für die Konzerne

Gentechnikgegner lehnen die Neuregelung dennoch ab. Der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, Anton Hofreiter, sprach von einem „Pseudoverbot“, das sich „schnell als Einfallstor für mehr Gentechnik in Deutschland“ entpuppen werde. Der Gentechnikexperte der Grünen im Bundestag, Harald Ebner, kritisierte, die Neuregelung mache die Staaten zu „Bittstellern“ und gebe den Konzernen „faktisch die Macht, Zugeständnisse zu erpressen“.

EU-Diplomaten bestritten aber, dass die Unternehmen nach den neuen Regeln ein Veto gegen nationale Anbauverbote einlegen könnten. Die Gentechnikgegner unter den EU-Staaten erhielten nun eine Reihe von Absicherungen, sagte ein Diplomat.

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) wies die Kritik zurück. Der Vorwurf, die Regierung müsse künftig „mit den Konzernen verhandeln“, treffe nicht zu. Die einzelnen Länder könnten hoheitlich handeln, erklärte er in Berlin. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) begrüßt den „seit langem fälligen Kurswechsel in der Haltung der Bundesregierung“.

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