Genervt von allem und jedem: Mein Corona-Ostern

An Ostern mietete ich eine Ferienwohnung, um alleine zu sein. Aber meine Familie und meine Freunde machten mir einen Strich durch die Rechnung.

Ein Mann winkt in einem Osterhasen-Kostüm am Strand von Zinnowitz auf der Insel Usedom.

Einfach mal abhauen: An Ostern gar nicht so einfach Foto: dpa / Stefan Sauer

Weil die Coronaverbote nach gefühlten zehn Jahren aufgehoben worden sind, hatte ich sofort an einem Waldsee eine Ferienwohnung gemietet. Wir wollten das ganze Osterwochenende dort verbringen.

Denn ich habe derzeit alles satt: die langweilige Arbeit, die ständige Kälte, die lästigen Nachbarn, die aufdringlichen Freunde und die Besuche meiner nervigen Schwiegermutter! Meine Frau Eminanim konnte ich leider nicht abschütteln, die muss ich schon mitnehmen.

Während wir unsere Koffer packten, klingelte es an der Tür.

„Ich habe gehört, Ihr macht Urlaub in einer großen Ferienwohnung. So ganz alleine, stimmt das?“, fragte unsere Nachbarin Erkek Fatma.

„Ja, das stimmt“, sagte Eminanim.

„Eine große Ferienwohnung, ganz für euch beide alleine?“

„So groß ist die auch nicht“, rief ich und griff nach meiner FFP2-Maske. „Es ist nur eine winzige, kleine Waldhütte. Es soll dort sehr windig und kalt sein. Das gammelige Ding war halt das Billigste, was ich kriegen konnte.“

Kaum war Erkek Fatma weg, schimpfte meine Frau mit mir.

„Osman, du hast gerade so getan, als wenn sie sich mit Kind und Kegel aufdrängen wollte. Da fehlte nur noch der Tritt in den Hintern!“

Gleich danach klingelte das Telefon.

„Hallo Osman“, sagte unser Nachbar Ahmet.

„Hier ist der Anrufbeantworter von Osman“, antwortete ich, „wir sind für zwei Wochen weg. Als Krisenbeobachter der UNO in Syrien. Bitte hinterlassen Sie eine kurze Nachricht, piiiep!“

„Hallo, Osman, schön, dass ich dich noch erwische. Ich rufe an wegen dieser Ferienwoh…“

„Ihre Sprechzeit ist leider vorbei, Tschüss!“

Meine Frau schimpfte mit mir:

„Also wirklich, Osman, alle unsere Freunde stößt du vor den Kopf, nur damit es dir gut geht.“

Kurz danach fuhr ich fröhlich pfeifend über die Autobahn Richtung Norden. Nach zwei Stunden waren wir schon da und ich bog in einen kleinen Waldweg ein und suchte unser Häuschen.

„Osman, frag doch mal den hässlichen, alten Mann dort, er kennt sich bestimmt hier aus“, sagte meine Frau.

„Guten Tag, entschuldigen Sie…“

„Da seid Ihr ja endlich, Kinder, kommt hierher, hierheeer.“

Der alte, hässliche Mann entpuppte sich als meine Schwiegermutter.

„Schönes Haus hast du für uns gemietet, Osman“, kreischte sie fröhlich.

„Ich schwör's, Osman, ich hab nichts verraten“, stotterte Eminanim kreidebleich und flüchtete aus dem Auto. Ich fuhr den Wagen neben das Haus und war plötzlich dem Durchdrehen nahe. Und dann kamen die zwei kleinen Kinder von Ahmet um die Ecke gerannt:

„Hallo, Onkel Osman! Hallo, Tante Eminanim!“

„Osman, lass den Unsinn, hör auf die Kinder zu würgen, die können doch nichts dafür“, schimpfte meine Frau.

„Hallo Nachbar“, grinste Ahmet und fügte hinzu: „Erkek Fatma mit ihren Kindern und die Nachbarn von oben kommen auch gleich. Wir alle zusammen, ein ganzes Osterwochenende, ist das nicht toll?“

„Leute, ich wollte hier in die Quarantäne. Ich habe Corona!“, brüllte ich und die Meute verzog sich blitzschnell wie die Hühner.

Ein bisschen Corona sollten wir immer beibehalten. Das haben mir diese Ostertage gezeigt.

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ist Satiriker in Bremen. Zu hören gibt es seine Kolumnen unter https://wortart.lnk.to/Osman_Corona. Sein Longseller ist der Krimi „Tote essen keinen Döner“ (dtv).

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