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Generaldebatte im BundestagSchlagabtausch im Bundestag

Bei der Generaldebatte hat Oppositionsführer Friedrich Merz die Bundesregierung scharf kritisiert. Kanzler Olaf Scholz verteidigte sich energisch.

Weist die harte Kritik von Fredrich Merz entschieden zurück: Olaf Scholz am Mittwoch im Bundestag Foto: Michele Tantussi/dpa

Berlin rtr/dpa/afp | Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) haben sich im Bundestag einen scharfen Schlagabtausch über die richtigen Reaktionen auf die steigenden Energiepreise geliefert. „Wer Spaltung herbeiredet, der gefährdet den Zusammenhalt in diesem Land. Und das ist jetzt das Falsche“, hielt Scholz Merz am Mittwoch in der Generaldebatte des Bundestages über den künftigen Bundeshaushalt entgegen. Breiten Raum nahm die Frage des künftigen Umgangs mit der Atomkraft ein.

Merz räumte ein, das am Wochenende beschlossene dritte Entlastungspaket der Koalition enthalte einige gute Ansätze. Es sei aber letztlich nur „ein Sammelsurium an Kompromissen auf dem Niveau des kleinsten gemeinsamen Nenners“, urteilte der CDU-Vorsitzende. Die Regierung sei „weit davon entfernt, sachgerechte Antworten auf diese gewaltigen Herausforderungen zu geben, vor denen wir stehen“.

Scholz hielt in einer ungewöhnlich energischen Rede dagegen. „Sie reden einfach am Thema und an den Problemen dieses Landes vorbei“, rief er Merz zu. „Und wenn andere die Probleme lösen, die sie noch nicht mal erkannt haben, dann reden sie auch noch drumrum.“

Es werde sicherlich „ein Winter der Herausforderungen“, sagte Scholz. Aber die Bundesregierung habe dafür gesorgt, dass Deutschland gut vorbereitet sei. „Wir kommen wohl durch.“ In schweren Zeiten „wächst unser Land über sich selbst hinaus“. Die Bundesregierung werde „niemanden alleine lassen mit seinen Herausforderungen“.

Linke kritisiert Rüstungsausgaben

Scholz verteidigte auch den Plan von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), zwei der drei noch laufenden deutschen Atomkraftwerke bis zum nächsten Frühjahr in einer Notreserve zu halten, „damit es niemals einen Strommangel in Deutschland gibt“. Merz forderte hingegen, alle drei Meiler drei bis vier Jahre weiterlaufen zu lassen. „Wir sind mitten drin in einem massiven Stromproblem in diesem Land“, warnte er. „Stoppen Sie diesen Irrsinn“, rief Merz dem Kanzler mit Blick auf Habecks Plan zu.

AfD-Fraktionschef Alice Weidel forderte neben einer Laufzeitverlängerung und der Reaktivierung abgeschalteter Meiler sogar den Neubau von Atomkraftwerken. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann beklagte daraufhin, „kaum eine Debatte wird so faktenfrei geführt wie diese“. Der kürzlich abgeschlossene Stresstest der Stromversorgung rechtfertige keine Laufzeitverlängerung. Auch gebe es auf Fragen etwa nach einem atomaren Endlager „keine Antwort“.

Für eine Laufzeitverlängerung ist auch die FDP, in der Bundestagsdebatte sprach Fraktionschef Christian Dürr das Thema aber nicht an. Er attackierte stattdessen Vorschläge der Union zu Strom- und Gaspreisdeckeln. „Ökonomisch sind Sie gerade auf der Fehlspur“, urteilte Dürr und verteidigte die Entlastungspläne der Regierung.

„Wir versuchen alles. Wir geben alles“, sagte auch Haßelmann über die Krisenbewältigung der Regierung. Die Regierung sei „längst nicht am Ende mit diesen Unterstützungspaketen“.

Die Linksfraktion kritisierte die bisher vereinbarten Entlastungen als unzureichend. Die drei Pakete machten mit rund 96 Milliarden noch immer weniger aus als das Sondervermögen für die Bundeswehr, sagte Fraktionschefin Amira Mohamed Ali. „Die Bürger werden weiter von Ihrer Politik abgehängt.“

Die Generaldebatte ist traditionell der Höhepunkt der Haushaltswoche im Bundestag. Anlässlich der Diskussion über den Etat das Kanzleramts liefern sich Regierung und Opposition einen Schlagabtausch über alle Themen der aktuellen Politik.

Zuletzt aktualisiert am 07.09.2022 um 13:55 Uhr.

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4 Kommentare

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  • Raus damit: Wer hat Olaf XTC in den Kakao gerührt? Die Merzsche Scheinheiligkeit alleine kann ihn nicht so getriggert haben.

  • Die Debatte scheint tatsächlich faktenfrei zu sein. Keiner der vortragenden Redner den tatsächlichen Zustand der Reaktoren. So sind allein in Neckarwestheim mehr als 350 gefährliche Risse nachgewiesen. Es handelt sich um dieselbe Rissart wie in den französischen AKW. Die Risse bedrohen 16.000 Rohre; reißt nur ein einziges davon ab, wäre das ein nur schwer zu beherrschender Störfall, der sich bis zum Super-GAU entwickeln kann. Im typgleichen AKW Isar-2, dessen Betreiber bisher Kontrollen verweigert, besteht ebenfalls Rissverdacht.



    Selbst die französische Atomaufsicht schaltet AKW, in denen die gefürchtete Spannungsrisskorrosion nachgewiesen ist, aus Sicherheitsgründen umgehend ab.



    Warum die Regierung und unsere politischen Vertreter bei solchen Zuständen ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, Schaden vom Volke abzuhalten, wissen nur die Götter. Die Inkaufnahme eines Supergaues nur wegen einer möglichen Stromlücke in Promillgrösse macht dies noch unverständlicher, zumal die Betreiber selbst zum 31.12.22 endlich abschalten wollen, da die Kraftwerke alles andere als wirtschaftlich sind.

  • Atomkraftwerke als Notfallreserve? Atomkraftwerke kann man in der Leistung nicht so schnell regeln. Dieses Argument wird üblicherweise genutzt um Atomkraft als Backup für die Sonnenflaute auszuschließen. Irgendetwas stimmt hier nicht.

  • Lt. Scholz hat die Regierung alles im Griff, weil sie die Problemlösung schon hatte,



    als andere das Problem noch gar nicht erkannt haben.



    Hoffentlich irrt er nicht so wie 2017 beim Gipfel in HH, als er glaubte, einen



    Hafengeburtstag zu organisieren u. anschließend die Proteste eher Bürgerkriegs-



    ähnlichen Charakter annahmen.