Gemeinderat für Batteriefabrik: Norderwöhrden macht Weg frei
Die letzte Hürde für die Northvolt-Batteriefabrik ist abgeräumt. Auch der Rat von Norderwöhrden stimmte für das Milliardenprojekt – wenn auch knapp.
Heide dpa | Eines der größten Industrieprojekte in Schleswig-Holstein seit Jahrzehnten kann losgehen: Der Gemeinderat von Norderwöhrden hat am Montag den Plänen von Northvolt für den Bau einer Batteriefabrik bei Heide zugestimmt – mit vier zu drei Stimmen. Damit ist die letzte Hürde für das Milliardenprojekt beseitigt. Am Donnerstag hatte die zweite Standortgemeinde Lohe-Rickelshof das Projekt einstimmig gebilligt.
Nun muss das Landesamt für Umwelt in Zusammenarbeit mit dem Kreis Dithmarschen die Baugenehmigung erlassen. Das Werk soll auf dem Grund von Norderwöhrden und Lohe-Rickelshof entstehen. Die entscheidende Sitzung fand am Montag im vollbesetzten Saal eines Gasthofs statt.
Seit zweieinhalb Jahren beschäftige das Projekt die Gemeinde, sagte Norderwöhrdens Bürgermeister Kay Uwe Evers. Auf die Region kämen große Herausforderungen beim Ausbau der Infrastruktur zu. „Dafür brauchen wir zwingend Unterstützung von Bund und Land.“ Das Projekt biete aber auch große Chancen. „Wir schauen euch auf die Finger und erwarten auch was“, sagte er in Richtung des ebenfalls anwesenden Chefs der Staatskanzlei, Dirk Schrödter.
Northvolt will in der Fabrik Batteriezellen für E-Autos herstellen. Die Produktion soll 2026 anlaufen. Durch die 4,5 Milliarden Euro schwere Investition sollen 3.000 Arbeitsplätze entstehen. Das Unternehmen habe in das Bauvorhaben in Heide bereits rund 100 Millionen Euro an eigenen Mitteln investiert, heißt es aus dem Projektumfeld. Angedacht ist auch eine Anlage zum Recycling von Altbatterien ausrangierter E-Autos. „In Dithmarschen entstand einst der erste Windpark Deutschlands, nun entstehen hier bald die nachhaltigsten Batteriezellen“, sagte der Geschäftsführer von Northvolt in Deutschland, Christofer Haux.
EU macht Weg frei für Fördermittel
Bevor die sieben Gemeinderatsmitglieder ihre Stimmen abgaben, hatten die Norderwöhrdener die Gelegenheit für Fragen. Ein Bürger wollte wissen, wo die Mitarbeiter der Fabrik wohnen sollen. Eine Frau fragte, wie die Gemeinderatsmitglieder abstimmen würden, wenn vor ihrer Tür gebaut würde. „Das passiert vor meiner Haustür“, entgegnete Bürgermeister Evers.
In dem Ort gab es auch Widerstand gegen die Pläne. Es gebe die Sorge, der Infrastrukturausbau komme nicht hinterher, und es gebe eine große Verkehrsbelastung, sagte ein Landwirt, der gegen das Projekt stimmte. „Der eigentliche Hauptgrund: Es gibt keinen Vorteil für Norderwöhrden.“
Northvolt hatte in der vergangenen Woche mit der Unterzeichnung eines Durchführungsvertrags seine endgültige Entscheidung für den Standort getroffen. Dabei hatte es vor einiger Zeit noch so ausgesehen, als könne sich der Bau verzögern. Als Gründe hatte Northvolt-Chef Peter Carlsson die vergleichsweise hohen Strompreise in Deutschland und höhere Subventionen in den USA genannt.
Am 8. Januar machte die EU-Kommission den Weg für Fördermittel und Garantien von Bund und Land von 902 Millionen Euro für Northvolt frei. Sie fördern das Projekt mit rund 700 Millionen Euro. Hinzu kommen Garantien über weitere 202 Millionen Euro. Von den Fördermitteln entfallen etwa 564 Millionen auf den Bund und bis zu 137 Millionen Euro auf das Land. Die Förderung verteilt sich auf mehrere Jahrestranchen.
Leser*innenkommentare
48798 (Profil gelöscht)
Gast
Es gab neulich einen guten Beitrag über eine Northvolt Ansiedlung in Schweden:
www.arte.tv/de/vid...-vorbild-schweden/
Da wurden hunderte Werkswohnungen für die vielen, teilweise aus dem Ausland angeworbenen Arbeitskräfte, gebaut.
Und eine schnelle Bahnanbindung dazu.
Bin mal gespannt wie das hier so läuft:
- Ausländer sind unerwünscht
- Wohnungen gibt es nicht genügend
- Als Bahnanbindung soll die nicht elektrifizierte Katastrophen-Marschbahn dienen (lol)
Da sind uns die Schweden aber seehehr weit entgegengekommen.
95820 (Profil gelöscht)
Gast
@48798 (Profil gelöscht) "Doch dieser "Fortschritt" bedeutet für die Samen: Das letzte indigene Volk Europas wird langsam aus seinem angestammten Gebiet am Nordpolarkreis verdrängt."
(aus dem arte-Beitrag)
Gute Verkehrsanbindung für Norderwöhrden. Die Autobahn A23 endet direkt vor der Haustür, und die Marschbahn fährt zukünftig Accu.-elektrisch.
48798 (Profil gelöscht)
Gast
@95820 (Profil gelöscht) Ob allein die Umstellung der Antriebstechnik die seit vielen Jahren ungelösten Probleme auf der Strecke löst, darf bezweifelt werden.
Es wird eben deutlich, das man die eigentlich notwendige (und versprochene) Ertüchtigung dieser wichtigen Strecken wieder nicht angeht. Die Strecke müsste komplett elektrifiziert und ertüchtigt werden. Das wäre europäischer Standard.
Das große Gejammer um Facharbeiter und Wohnungen ist derweil im schon vollen Gange. Ohne das sich offenkundige Lösungen wie zB in Schweden abzeichnen.
Man sieht deutlich die unterschiedlichen Herangehensweisen.
Die von ihnen angesprochene Verdrängung der Sami ist in Schweden ja ein generelles Problem, und nicht allein Folge der Northvolt-Ansiedlung.
48798 (Profil gelöscht)
Gast
Bin erleichtert über die Entscheidung.
War erschüttert darüber, das ein derart großes Projekt am Ende allein von der ziemlich knappen Mehrheit im Gemeinderat eines Winzdorfes abhängt.
Bei den LNG Terminals wurde alles gegen den Widerstand vor Ort durchgedrückt; inkl Enteignungen von zwei Landwirten, die keine LNG-Rohre im Acker haben wollten.
Das sind alles unsinnige Projekte.
Die Northvolt Ansiedlung macht da schon mehr Sinn – warum setzt man sie dann so einem Risiko aus?
Wie RH ganz treffend bemerkte: die Welt lacht uns aus!
Gesunder Menschenverstand
Sehr gut. Endlich mal etwas Wertschöpfung und qualifizierte Arbeitsplätze im Norden.