Geliebter Feind

Die Stromkonzerne bombardieren neuerdings Windkraft-Büros mit Gesuchen um Kooperation. Bis vor kurzem hatten sie die Ökostromer noch mit allen Mitteln bekämpft

FREIBURG taz ■ Seit einigen Wochen erhalten Windpark-Entwicklungsbüros seltsam freundliche Post von alten Gegnern. So liegt der taz ein Brief vor, den die EnBW Kraftwerke AG verschickte: „Neben thermischen Kraftwerken führen wir auch ein größeres Portfolio aus regenerativen Erzeugungseinheiten, vornehmlich im Bereich Wasserkraft. Zur Abrundung und Vervollständigung dieses Erzeugungsportfolios suchen wir bundesweit Projekte im Bereich Windkraft.“ Sollte es geeignete Windparks geben, lässt EnBW wissen, werde man „gerne ins Gespräch kommen“.

Noch vor zwei Jahren wäre ein solches Ansinnen eines Stromkonzerns undenkbar gewesen. Mit allen Mitteln versuchte man, den kleinen Windkraftbüros das Leben schwer zu machen; insbesondere durch ein Sperrfeuer gegen die Einspeisegesetze. Doch nun verschickte auch RWE ähnliche Briefe. Die Stromversorger machen keinen Hehl mehr daraus, dass sie die Marktchancen der erneuerbaren Energien inzwischen erkannt haben – und nicht länger nur auf Großkraftwerke setzen. „Wir bemühen uns um konkrete Projekte in Deutschland“, sagt Stephanie Schunck von RWE-Power. Schließlich sei es „Grundsatz der RWE, die erneuerbaren Energien kontinuierlich auszubauen“. So hätten die RWE „schon 4,2 Megawatt Windkraft am Netz“.

Das ist allerdings weniger, als mancher Bürgerverein bereits aus eigenen Mitteln an Windkraftleistung installiert hat. Und genau deswegen suchen die oft ahnungslosen Konzerne nun die Nähe zu den erfahrenen Projektentwicklern – denn die haben ein ganzes Jahrzehnt Wissensvorsprung. Gönnerhaft winken die Stromkonzerne nun gegenüber den oft kleinen, aber innovativen Unternehmen der Ökostrom-Branche mit den Millionen. „Die Konzerne denken, plötzlich alles aufkaufen zu können“, sagt Andreas Köster von der Umweltkontor AG.

Dabei gingen sie mitunter „etwas blauäugig“ vor, erklärt Köster amüsiert. In seinem Unternehmen habe es „für Erheiterung gesorgt“, als kürzlich eine Anfrage der RWE einging. Dennoch sei diese Entwicklung „natürlich interessant“: Die Stromversorger hätten offenbar „endlich die Zeichen der Zeit erkannt“. Auch bei der Firma Energiekontor AG in Bremerhaven hätten „alle großen Stromversorger“ schon um Kooperationen nachgesucht, sagt Sprecher Jürgen Vosteen. Denn es locke insbesondere der Markt der Offshore-Windkraft im Meer, in dem Energiekontor aktiv ist.

Auch Vosteen sieht darin einen grundlegenden Sinneswandel: Die Windkraft habe inzwischen eine so große Bedeutung, „dass sie sich nicht mehr dagegen sträuben können“. Also springe man pragmatisch auf den Zug auf. Das lasse nun auch die Windbranche aufatmen: „Wir merken“, sagt Vosteen, „dass der Kampf der Stromkonzerne gegen die Windkraft abflacht.“

Grund für den Meinungswandel der Konzerne ist offensichtlich das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Denn dieses schuf seit April 2000 verlässliche Rahmenbedingungen für Investoren der Ökostrom-Branche. Entsprechend heißt es zum Beispiel bei den RWE: „Wir suchen derzeit nur in Deutschland nach konkreten Windkraft-Projekten.“

Im Klartext: Nur am Standort Deutschland stimmen die Rahmenbedingungen. Aber das würde natürlich ein Stromversorger – zumal unter einer rot-grünen Bundesregierung – niemals deutlich sagen. Bis heute verliert keiner der Konzerne auch nur ein einziges positives Wort über das EEG – schließlich hatte man es, so gut es ging, bekämpft.

BERNWARD JANZING