Geldmangel in Gambia: In der Geber-Falle
Gambias Regierung hat ehrgeizige Pläne, aber kein Geld. Bis die internationale Hilfe greift, geht die Auswanderung aus dem Land weiter.
Auch Monate später ist die Regierung weiter auf der Suche nach internationalen Geldgebern. Dabei hat die EU längst ein 225-Millionen-Euro-Hilfspaket geschnürt. Der Internationale Währungsfond sagte einen Kredit von 13,7 Millionen Euro zu. Zahlreiche Organisationen, die sich unter der Diktatur Jammehs zurückgezogen hatten, prüfen eine Rückkehr und den Aufbau sowie die Unterstützung von Hilfsprogrammen.
Bisher geht die Rechnung auf, da die Regierung die Rückkehr zur Demokratie betont und sich bewusst vom alten System abgrenzt. Justizminister Abubacarr Tambadou hofft für das Prestigeprojekt Wahrheits-, Versöhnungs- und Entschädigungskommission nach einer Anschubfinanzierung von knapp 1,2 Millionen Euro auf zusätzliches Geld.
Mehr Struktur soll der Nationale Entwicklungsplan bringen, der gerade in der Diskussion ist. An verschiedenen Stellen wird betont, dass eine Partnerschaft zwischen staatlichen und privaten Akteuren ein Hauptpfeiler für die Zukunft der gambischen Wirtschaft sei. Die Regierung wird in den kommenden Monaten vor allem daran gemessen werden, ob es ihr gelingt, Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen und nationale und internationale Investoren anzuziehen.
Hauptpotenziale sind Landwirtschaft und Tourismus
An der Universität von Gambia bestätigt Abdoulie Kurang, Dozent im Fach Entwicklungsstudien, den Trend, allerdings betont er, dass der Wandel in Gambia selbst geschehen muss: „Wir können nicht dauerhaft von externen Geldgebern abhängig sein. Stattdessen müssen wir unsere Produktivität erhöhen, vor allem in der Landwirtschaft.“ Sie gilt als wichtigster Wirtschaftszweig.
Ausgerechnet das zweite Standbein, der Tourismus, ist schließlich bereits ein Geschäft mit der Abhängigkeit. Wie keinem anderen Land Westafrikas war es Gambia in der Vergangenheit gelungen, sich als Urlaubsziel zu mausern. Pauschalangebote von Thomas Cook zeigen das ebenso wie Senegambia, eine Straße, an der sich ein Restaurant ans nächste reiht und die Auswahl an Hotels riesig ist.
Der Tourismus machte unterschiedlichen Schätzungen zufolge etwa 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Doch durch den Ebola-Ausbruch 2014 brachen die Besucherzahlen massiv ein. Laut Afrikanischer Entwicklungsbank lag in diesem Jahr das Wirtschaftswachstum nur bei 0,9 Prozent. Auch während des Machtwechsels verließen im Januar viele Urlauber das Land fluchtartig. Hotelbetreiber und Restaurantbesitzer hoffen nun auf ihre Rückkehr.
Das wird junge Menschen – 58,53 Prozent sind jünger als 25 – aber nicht davon abhalten ihre Heimat zu verlassen. Der Druck ist riesig, was die Zahlen der Internationalen Organisation für Migration zeigen. Allein in diesem Jahr haben knapp 5.700 Menschen aus Gambia das Mittelmeer überquert, um nach Europa zu gelangen. Zum Vergleich: Aus Nigeria, dem Land mit den meisten Migranten, kamen im selben Zeitraum 14.120 Personen. Der Riesenstaat Nigeria hat allerdings auch 93-mal so viele Einwohner wie das kleine Gambia.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour