Gehaltserhöhung im Einzelhandel: Streiken lohnt sich immer noch

Die Arbeitgeber und Verdi in Baden-Württemberg haben sich im monatelangen Tarifstreit geeinigt. Verkäufer sollen demnach zukünftig 5,1 Prozent mehr Lohn erhalten.

Sie haben mit ihrem Streikeinsatz eine Gehaltserhöhung erreicht. Bild: dpa

STUTTGART afp | Nach monatelangen Verhandlungen und zahlreichen Streiks im Einzelhandel haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaft in Baden-Württemberg im Tarifstreit geeinigt. Die Gewerkschaft Verdi teilte am Donnerstag in Stuttgart mit, der von den Arbeitgebern gekündigte Manteltarifvertrag werde unverändert wieder in Kraft gesetzt und die Verkäuferinnen und Verkäufer bekämen 5,1 Prozent mehr Lohn. Die Branche hofft nun auf Abschlüsse auch in den anderen Tarifgebieten.

Der Einigung zufolge sollen die Beschäftigten im Einzelhandel in Baden-Württemberg rückwirkend ab dem 1. Juli dieses Jahres drei Prozent mehr Lohn bekommen, ab April 2014 dann weitere 2,1 Prozent. Die Ausbildungsvergütungen werden Verdi zufolge überproportional angehoben. Der Vertrag gilt rückwirkend ab dem 1. April 2013 und hat eine Laufzeit von 24 Monaten.

Strittigster Punkt war laut Verdi Baden-Württemberg bis zuletzt die Frage, wie die Beschäftigten, die in den Geschäften die Regale auffüllen, in den Tarifvertrag zurückgeholt werden können. Sie waren in den vergangenen Jahren vielfach über Werkverträge ausgegliedert worden.

Der Kompromiss sieht nun vor, für sie eine Lohngruppe zu schaffen, die einen Stundenlohn von knapp unter zehn Euro vorsieht. Derzeit erhalten die Auffüllkräfte nur zwischen sechs und sieben Euro pro Stunde.

Ein wichtiger erster Schritt in die richtige Richtung

„Mit der Regelung zur Rückführung von ausgegliederten Arbeitskräften haben wir einen tarifpolitischen Meilenstein erreicht“, zeigte sich Verdi-Verhandlungsführer Bernhard Franke zufrieden. „Es ist ein klares Signal gegen mehr Werkverträge im Einzelhandel.“ Der Handelsverband Baden-Württemberg erklärte dazu, damit sei „ein Weg eröffnet, unter gerade noch wirtschaftlich vertretbaren tariflichen Rahmenbedingungen Verräumarbeiten verstärkt mit eigenem Personal“ vorzunehmen.

Der Tarifabschluss sei „ein wichtiger erster Schritt für die erforderliche Reform des Flächentarifvertrags im Einzelhandel“, erklärte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Philip Merten, nach den 20-stündigen Verhandlungen in Korntal-Münchingen.

So hätten die Tarifvertragsparteien eine gemeinsame Anwendungs- und Interpretationshilfe zur Arbeitszeitflexibilität ausformuliert. Arbeitgeber und Gewerkschaft vereinbarten demnach, im nächsten Jahr weiter über die Reform der Tarifverträge zu diskutieren.

Verdi forderte zudem die Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Tarifverträge, um die mehr als 220.000 Beschäftigten im baden-württembergischen Einzelhandel „vor der ständigen Lohndumping-Spirale nach unten zu schützen“. Viele Einzelhändler müssen nicht nach Tarif zahlen, weil sie an keinen Vertrag gebunden sind.

Verdi droht mit Streiks im Weihnachtsgeschäft

Der Handelsverband Deutschland (HDE) in Berlin begrüßte die Tarifeinigung im Südwesten als „guten Kompromiss“. Die Einigung sei „ein gutes Signal, dass wir auch in den anderen Tarifgebieten zu einer Lösung kommen“, erklärte der Vorsitzende des tarifpolitischen Ausschusses des HDE, Ulrich Köster.

Die Verhandlungen von Gewerkschaft und Arbeitgebern des Einzelhandels laufen jeweils auf regionaler Ebene in ganz Deutschland. Der HDE hatte den Manteltarifvertrag im Januar dieses Jahres gekündigt und wollte einen neuen Vertrag mit flexibleren Arbeitszeiten und veränderten Entgeltstrukturen durchsetzen. Verdi kämpfte neben höheren Einkommen dafür, den bisherigen bundesweiten Manteltarifvertrag für die Branche wieder in Kraft zu setzen.

Die Gewerkschaft hat mit Streiks im wichtigen Weihnachtsgeschäft gedroht. In Berlin und Brandenburg etwa rief Verdi für Donnerstag erneut zu Arbeitsniederlegungen auf. Die Gewerkschaft rechnete mit 600 Teilnehmern.

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