: Gegenwind im Märchenland
Wo einst Dornröschen schlief, rattern heute Bagger: In Hessen soll ein Windpark ausgerechnet in „Grimms Märchenwald“ entstehen. Noch bevor sich die Rotoren drehen, geraten Weltbilder ins Wanken

Aus dem Reinhardswald Jannik Grimmbacher
Still und breit schlängelt sich die Weser vorbei an kleinen Dörfern aus Fachwerkhäusern, hinter denen die Buchenhänge des Reinhardswaldes aufragen. Kein Fabrikschlot, keine Autobahn oder ICE-Trasse stört die Ruhe hier im Norden Hessens. Schon vor über 200 Jahren inspirierte die damals mit Dornen, heute mit Efeu überwachsene Sababurg im Zentrum des Waldes die Brüder Grimm dazu, Dornröschen hier ihren Jahrhundertschlaf abhalten zu lassen.
Doch Mitte Januar dieses Jahres wird der Reinhardswald unsanft aus seinem Schlaf gerissen: „Nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande“, schreit Kanzlerinnenkandidatin Alice Weidel auf dem AfD-Parteitag in Riesa. Hessens CDU holze „den Märchenwald der Brüder Grimm für Windräder ab“, behauptet Weidel an ihrem Rednerinnenpult und schneidet dabei mit ihrem Zeigefinger so entschieden durch die Luft, dass sich jedes Windrad glücklich schätzen kann, gerade nicht mit ihr im Raum zu stehen.
Die „Windmühlen der Schande“ sollen im nördlichen und mittleren Reinhardswald entstehen. Nach jahrelangen Verzögerungen durch Klagen begann Ende vergangenen Jahres der Bau. Die Region ist über das Projekt tief gespalten. Die Energiegenossenschaft, über die sich die Anliegergemeinden am Windpark beteiligen können, schrumpfte von anfangs neun auf aktuell vier Gemeinden zusammen. Anwohner*innen und Initiativen kämpfen schon länger gegen das Projekt. Das Bündnis „Rettet den Reinhardswald“ etwa beklagt auf seiner Website, dass „ein intaktes Ökosystem dauerhaft zerstört“ werde und die strukturschwache Region damit „ihrer letzten Ressource beraubt“.
Das fürchtet auch Oliver Penner. Auf dem Parkplatz unterhalb der Sababurg öffnet er den Kofferraum seines blauen Audi SUVs. Auf einem Laptop bewahrt er alles auf, was er zum Windpark finden kann. „Ich lösche nichts“, sagt er und sucht Drohnenaufnahmen der Baustellen raus, die er selbst gemacht hat. Oliver Penner ist ein Chronist des Projekts – und ein entschiedener Gegner. Mit seinem Verein „Pro Märchenland“ steht er an vorderster Front gegen den Bau der Windräder. Regelmäßig schickt er lange Mails mit Kritik am Windpark an Zeitungen, Naturschutzinitiativen, Forscher*innen und Politiker*innen.
Penner ist Unternehmer aus der Gemeinde Wesertal, auf seinem Bürogebäude hat er nach eigener Aussage Photovoltaik installiert. Aber der Windpark hier im Wald geht ihm zu weit: „Erst freut man sich, dass sich der Wald erholt und der Luchs zurückkommt und dann geht man direkt wieder hinein und baut da diese Türme hin.“ Für Penner steht jedoch mehr auf dem Spiel als nur Naturraum. Es ist seine Vorstellung von Heimat. Die Weser sei einer der letzten großen Flüsse, die noch nicht „durchindustrialisiert“ wurden, erklärt der geborene Wesertaler, „ausgerechnet das soll jetzt Industrieland werden“.
Hier im äußersten Zipfel Nordhessens können sich selbst die Beschlüsse der Landespolitik manchmal wie eine Order eines fernen Mutterlandes anfühlen. Die Metropole Frankfurt und die Landeshauptstadt Wiesbaden sind über 150 Kilometer weit entfernt, Thüringen von den Ausläufern des Waldes dagegen gerade einmal 20. Noch 1971 wurde die Region als „Zonenrandgebiet“ ausgewiesen. Wer hier wohnt, tut das meist wegen der Nähe zur Natur und der Ruhe – als „waldische Tradition“ beschreibt das der Kasseler Umweltpsychologe Andreas Ernst. Es scheint, als läge die ganze Region im Dornröschenschlaf. Doch nicht jede*r hier wartet darauf, dass sie wachgeküsst wird.
An der Sababurg ist an Dornröschenschlaf sowieso nicht zu denken. Im Minutentakt rauschen Kipplader zu ihren Baustellen und hüllen die Straße Richtung Wald in einen trüben Staubnebel. Am Bestimmungsort, dem Standort „Windenergieanlage 12“ offenbart sich ihr Zweck: Sie kippen tonnenweise Schotter auf den verdichteten Boden, wo das Windrad errichtet werden soll. Später muss hier ein Kran stehen können, der die 241 Meter hohen Anlagen aufstellt. Das Loch im Wald misst etwa 60 mal 80 Meter, dahinter zieht sich eine breite, tief ausgebaggerte Schneise mehrere hunderte Meter bis zur nächsten Anlage, drum herum türmt sich der zur Seite geschobene Waldboden. Die Farbpalette reicht gerade mal von Rostbraun bis Beige. Penner steigt aus, er wirkt kurz klein zwischen den Erdwällen: „Das ist eine Wüste hier.“
Mit Bildern der Baustellen und der gerodeten Waldflächen machen lokale Initiativen auf die Veränderung des Waldes aufmerksam – und rechte Kräfte Politik. Denn schon längst wird der Streit auch auf Bundesebene geführt. „Dornröschen ist tot“, schreibt etwa die Bild-Zeitung. Und weil Windkraft für die Energiewende zwar notwendig, aber vor Ort häufig unpopulär ist, besetzt die AfD die Nische der Totalopposition. Bei einer Protestaktion im Reinhardswald sprach der AfD-Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré etwa vom „Verlust der Heimat“ und verkündete: „Die AfD ist heute die Umweltpartei, die Grünen sind es leider nicht mehr.“ Im Netz werden die Fakten weiter vom Tisch geräumt: „Einer der wenigen Urwälder, die Deutschland hat“, werde für eine „wahnsinnige Ideologie“ geopfert, heißt es etwa in einem Beitrag auf X, der dort über 10.000 Likes hat.
Penner ist es wichtig, sich von der AfD abzugrenzen. Als „miese AfD Nummer“ bezeichnet er eine Mail, in der die Partei auf den Protest der Initiativen vor Ort verweist. Aber außer der AfD positioniert sich auf Landes- und Bundesebene keine Partei gegen den Windkraftausbau. Und deshalb merkt man ihm in manchen Momenten auch eine gewisse Bitterkeit an. Er sagt dann Dinge wie: „Wenn die Leute sich alle von der Politik verarscht fühlen, brauchen wir uns nicht wundern, wenn bald ein Höcke kommt.“
Egal, ob man nun wie Penner daran glaubt, dass die Verbitterung der Menschen über eine vermeintlich fehlgeleitete Energiewende-Politik einem rechtsradikalen Politiker (ohne „einmal“) den Weg in die Regierung ebnen wird: Hessen hat in Sachen Erneuerbarer einiges aufzuholen. Insgesamt kam das Bundesland 2024 bei der installierten Windenergie auf Platz 9 und rangierte damit zwischen Bayern und Baden-Württemberg, den beiden Wind-Bremserstaaten im Süden der Republik, die jedoch dafür in der Solarenergie führend sind. Hessen ist also bei Weitem kein Vorzeigestaat der Energiewende. Sein kleiner Nachbar Rheinland-Pfalz beispielsweise hat 50 Prozent mehr Windenergie installiert.
Oliver Penner vom Verein „Pro Märchenland“
Doch es bewegt sich etwas in der Hessischen Staatskanzlei. Die schwarz-gelbe hessische Landesregierung unter Volker Bouffier setzte sich schon 2011 auf ihrem Energiegipfel das Ziel, 2 Prozent der Landesfläche für Windenergie auszuweisen. Auf dieser Basis verabschiedete die schwarz-grüne Regierung 2017 einen Teilregionalplan. Hessen ist damit neben Schleswig-Holstein das einzige Bundesland, das die Vorgaben des Bundes für bis 2027 auszuweisende Windkraftflächen schon jetzt erfüllt. Erst in den letzten Jahren schlägt sich diese theoretische Ambition jedoch auch beim praktischen Zubau nieder.
Der Reinhardswald ist Ausdruck dieser Aufholjagd. Im Teilregionalplan 2017 wurden auch die dortigen Flächen erstmals aufgelistet. Da der Reinhardswald größtenteils hessischer Staatswald ist, hat das Bundesland praktisch freie Hand über die Planung von Infrastrukturprojekten. Die umliegenden Gemeinden müssen daher nicht an der Planung beteiligt werden, im Rahmen der Energiegenossenschaft können sie aber immerhin von den Einnahmen des Windparks profitieren.
Jede der Anlagen im Reinhardswald soll nach Inbetriebnahme etwa 16.000 Megawattstunden Strom pro Jahr zur Verfügung stellen, wie der Windpark-Geschäftsführer Ralf Paschold der „Hessenschau“ mitteilte. Rein rechnerisch bedeutet das, der gesamte Windpark kommt auf eine Einspeisung von knapp 284.000 Megawattstunden jährlich, also genug, um etwa 95.000 Durchschnittshaushalte mit Strom zu versorgen. Mit nur 18 Anlagen wird der Park damit etwa 4 Prozent der hessischen Windenergie liefern. Das liegt an der Effizienz der modernen Anlagen. Zum Vergleich: Hessens Windpark mit den meisten Türmen, der Windpark Goldner Steinrück, liefert aus 43 Anlagen nur etwa 80.000 Megawattstunden.
Das Beben von Riesa, das Weidels Wutrede ausgelöst hat, wurde auch im Forstamt Reinhardswald vernommen. Holger Pflüger-Grone ist dessen Leiter und damit auch Bürgermeister des Gutsbezirks Reinhardswald mit einer Einwohnerin und einem Einwohner. Schon seit einiger Zeit muss er sich mit den Falschmeldungen im Internet und Anfeindungen auseinandersetzen. Seine Forstschilder werden immer wieder durch Reichsbürger überklebt, manchmal seien auch Rasierklingen unter den Stickern angebracht, berichtet er. Doch seit dem AfD-Parteitag hat sich das Interesse am Reinhardswald ausgeweitet, er bekommt nun Anfragen von Presse und Politik aus der ganzen Republik. Pflüger-Grone kommt aus der Beamtenlaufbahn, eigentlich steht er nicht gerne im Mittelpunkt. Doch nun hätten sie als Forstamt beschlossen, mit Politik und Medien zu reden. Die „Deutungshoheit über den Wald behalten“ nennt Pflüger-Grone den Auftrag.
Dafür ist er vorbereitet. Auf seinem Schreibtisch liegt ein Fußball, ganz klassisch in Schwarz und Weiß, dazu ein rotes Eintracht-Frankfurt-Logo. Pflüger-Grone hält ihn vor sich. Die schwarzen Fünfecke machten 28 Prozent der Fläche aus, das entspreche in etwa dem Anteil an Kalamitätsflächen im Reinhardswald. Kalamitätsflächen, das sind Gebiete, in denen die Bäume stark geschädigt oder verschwunden sind. „Das Ganze hat mit dem Orkan ‚Friederike‘ 2018 angefangen, der vor allem die flach wurzelnden Fichten auf den Gipfelflächen umgerissen hat“, durch das herumliegende geschädigte Stammholz und die heiße Witterung habe sich dann der Borkenkäfer verbreitet. Als der Windpark geplant wurde, vor ‚Friederike‘, habe man sich bei der Bestimmung geeigneter Standorte an diesen beiden Faktoren orientiert: Höhenlagen für die Windausbeute und junge Fichtenbestände, da Fichten nicht standortgerecht seien und im Vergleich zu Laubbäumen als ökologisch weniger wertvoll betrachtet werden, erklärt der Forstamtsleiter. Nun wurde ein Großteil der Flächen bereits von Wind und Käfer gerodet: „Die Natur hat uns damit die schwere Entscheidung über eine Fällung in größerem Ausmaß genommen.“ Und dass „Urwald“ für den Windpark geopfert werden solle, wie auf X behauptet, bleibt eine Mär des Internets.

Pflüger-Grone hat Verständnis für die Kritiker*innen des Projekts. Er spricht von „Wunden im Wald“ und dass ihm als Förster „schon das Herz blutet“, wenn er sie sieht. Deshalb setze sich sein Forstamt auch dafür ein, die Eingriffe so gering wie möglich zu halten, und sende Pläne des Projektierers auch mal zurück, mit der Bitte um Überarbeitung, um etwa bestehende Forstwege auch für den Bau zu nutzen. Auf seinem Schreibtisch liegt eine kleine Broschüre des hessischen Umweltministeriums, „Richtlinie für die Bewirtschaftung des Staatswaldes“, steht darauf, „unsere Bibel“, sagt Pflüger-Grone, halb im Scherz. Darin finden sich die beiden obersten Gebote für die hessische Forstwirtschaft, auch wenn sie hier schlicht „Hauptziele“ genannt werden: Biodiversität und Klimaschutz. Für das Forstamt bedeutet das, es muss stets versuchen, beide Ziele zu vereinen.
Um ein realistisches Bild davon zu vermitteln, wie Windräder den Wald nachhaltig verändern, packt Pflüger-Grone seine Bibel ein und steigt in den dunkelgrauen V6-Pick-up-Truck des Forstamtes, jedoch nicht ohne vorher entschuldigend auf das dahinter stehende Elektroauto zu zeigen: „Ich würde ja lieber den nehmen, aber ich weiß nicht, ob wir damit durch den Wald kommen.“ Er steuert den Wagen einmal quer durch Nordhessen Richtung Westen, vorbei an der Trendelburg, von der Rapunzel ihr Haar heruntergelassen haben soll, ins Revier Diemeltal. Unter den Windrädern, die hier schon seit 2018 stehen, kann man sehen, wie sich die Natur die Flächen zurückholt: Der Wald geht in niedriges Gebüsch und Grasflächen über.
Die Tiere scheint der frühere Eingriff nicht zu stören: Unter dem Turm steht ein Reh, dreht seinen Kopf in Richtung Geländewagen, bevor es im Wald verschwindet. Pflüger-Grone fährt einmal um die Anlage herum, dann raschelt es im Waldrand, ein Greifvogel gleitet von einer Baumkrone in die nächste, „ein Bussard“, sagt der Förster. „Wegen der Wartungsflächen entsteht um die Türme natürlich kein dichter, hoher Wald mehr“, erklärt er im Auto, „aber es entstehen lichte Randwälder, die in Gebüsch mit vielfältigen Blütenwechseln übergehen, ökologisch sind die nicht weniger wertvoll“.
Georgiana Banita, Kulturwissenschaftlerin
Verhältnismäßig ist der Flächenverbrauch für das Projekt im Reinhardswald nicht groß: Etwa 0,12 Prozent des Forstes werden in Anspruch genommen, dazu zählen auch temporär genutzte Gebiete, die später wieder bewaldet werden. Aber diese Zahl löst den Konflikt nicht einfachauf. Denn die 18 Windräder werden nach Fertigstellung 241 Meter von den Gipfelflächen in den Himmel ragen und das Bild der Landschaft dominieren – auch den Hintergrund des „Dornröschenschlosses“ Sababurg. Die Bürgerinitiative „Aktionsbündnis Märchenland“ hat eine Visualisierung des künftigen Ausblicks auf die Burg erstellt. Auch wenn sich die darin dargestellte Höhe der Windräder nicht so leicht verifizieren lässt, zeichnet sie doch ein eindrückliches Bild der neuen Aussicht, die von vielen als Verschandelung des kulturellen Herzens der Region wahrgenommen werden dürfte. Denn die Sababurg und ihre Einrahmung in vermeintlich unberührten Wald haben für die Region eine identitätsstiftende Funktion, die kritisch für die Erzählung vom Märchenland ist.
Der Wald spiele dabei eine besondere Rolle in Deutschland, erklärt Georgiana Banita. Sie ist Kulturwissenschaftlerin an der Universität Bamberg und setzt sich mit den kulturellen Dimensionen der Energiewende auseinander. Der deutsche Wald sei durch die Romantik zum mythischen Kulturgut geworden, „Windparks im Wald werden deshalb von manchen regelrecht als eine Form der materiellen und kulturellen Volksenteignung wahrgenommen“. Die AfD könne sich deshalb mit ihrer Verweigerungshaltung nicht nur gegen die vermeintliche Ideologie des Klimaschutzes stellen, sondern auch als Bewahrerin der nationalen Kultur inszenieren.
„Manche Menschen empfinden Windräder als spürbare technische Gewalt“, erklärt sie. Weil sich die Erneuerbaren im Gegensatz zu Kohle- und Atomkraft auf die gesamte Fläche Deutschlands erstrecken, werde die Stromerzeugung in vielen Regionen so zum ersten Mal wirklich greifbar. Das führe vor allem in Gegenden, die bisher wenig Industrie hatten, zu Gegenwehr.
Will man sich einer Lösung des Konflikts um Windkraft annähern, muss man auch deren wirtschaftliche Seite in den Fokus nehmen, meint Andreas Ernst. Er ist Professor für Umweltpsychologie an der Universität Kassel und forscht dort zum Wertewandel im Umweltschutz sowie zur Akzeptanz von Klimapolitik. „Am Ende geht es oft um nackte Euros“, so Ernst. Die Einrichtung einer Energiegenossenschaft, wie sie im Reinhardswald geschaffen wurde, müsse ihm zufolge nicht zwangsläufig zum Erfolg führen. Denn nicht jede Gemeinde kann bei teuren Energieprojekten mitspielen. „Hat eine Kommune überhaupt die Mittel, in ein Projekt mitzuinvestieren, um am Ende mitzuprofitieren?“ Kommunen, die sich nicht beteiligen können, werden viel eher zu Windkraftgegnerinnen, so der Psychologe. Für jene Kommunen wiederum, die diese Möglichkeit haben, lockt eine profitable Einnahmequelle: „In Windenergie ist richtig viel Geld drin, weil es da um Megawatt geht und um jahrzehntelange Laufzeiten.“ Mit externen Finanzierungsmöglichkeiten für wirtschaftlich schwache Kommunen könnte daher die Einbindung der Anwohner*innen und die Akzeptanz der Projekte verbessert werden.
Ob man Windräder als Teil einer nachhaltigen Zukunft oder als optische Verschandelung der Landschaft ansieht, erklärt Georgiana Banita, hänge zudem vom eigenen zeitlichen Bezugsrahmen ab: „Die einen suchen das Glück im Hier und Jetzt.“ Andere strebten nach der besten Lösung für die Gesellschaft, auch in der Zukunft. Letzteren fällt es auch leichter, zu erkennen, „dass der Klimawandel langfristigdie größere Bedrohung für den Wald darstellt“.
Diese Dynamik kennt man auch aus anderen Debatten. Banita sieht Parallelen zur Reaktion auf Migration. Beides, Windräder und Geflüchtete, könnten mitunter als „imaginäre Invasion“ wahrgenommen werden, als etwas Fremdes, das eine vertraute Ordnung bedroht, so die Kulturwissenschaftlerin. Die Transformation werde dann emotional vor allem negativ wahrgenommen: als Verlust von Kontrolle, Raum, Geschichte – als Ängste. Und das Spiel mit Ängsten habe vor allem die AfD perfektioniert.
Auf dem Weg zurück ins Forstamt geht die Sonne unter. Im Rückspiegel des Geländewagens stehen die dunklen Schatten der Rotorblätter vor dem tiefen Rosa des Himmels. Pflüger-Grone erzählt, dass er schon Politiker*innen von Grünen, SPD und CDU durch den Wald geführt hat – immer ohne Presse, um sich nicht vereinnahmen zu lassen. Von der AfD sei dagegen noch niemand gekommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen