Gegenkonferenzen zum Weltklimagipfel: Baku boykottieren
UN-Klimakonferenzen schaden mehr, als sie nützen, finden Klimabewegte – erst recht in autoritären Staaten. Lösungen suchen wollen sie lieber selbst.
Die Initiative ruft zum Boykott der COP29 im aserbaidschanischen Baku auf – COP steht für „Conference of the Parties“ und meint hier die 29. Versammlung der Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention. Stattdessen soll am Sonntag eine Gegenveranstaltung in Berlin stattfinden.
„Die weltweiten Subventionen für fossile Brennstoffe haben sich seit dem Pariser Abkommen mehr als verdoppelt“, kritisiert Thomas Finger, einer der Veranstalter*innen dieser „Good COP“. Auch die CO2-Emissionen seien gestiegen. „Es geht alles in die falsche Richtung“, sagt Finger. „Warum sollte man als NGO da mitmachen?“ Die zahlreichen Nichtregierungsorganisationen, die jährlich zur COP pilgerten, seien nichts als Statist*innen für eine klimafeindliche Politik, die auch Hinterzimmerdeals über Erdölgeschäfte abschließe. Dafür solle man sich nicht hergeben.
Stattdessen wollen die Veranstalter*innen der Gegenkonferenz diskutieren, wie bessere Klimapolitik aussehen könnte – und wie man sich selbst daran beteiligen kann. Dabei soll es um Postwachstumsökonomie, klimaverträgliche Ernährung, Machtverhältnisse und Handlungsmöglichkeiten gehen. Speaker*innen sind etwa die Soziologin Anita Engels der Universität Hamburg, die Publizisten Marco Bülow und Harald Welzer sowie die Nachhaltigkeitsforscherin Halliki Kreinin vom Helmholtz-Zentrum Potsdam.
Reine Alibifunktion?
Aber ist es nicht besser, sich auch mit denjenigen an den Verhandlungstisch zu setzen, die nicht von vornherein auf der Seite des Klimaschutzes stehen? Immerhin geht es bei den Klimakonferenzen auch um die Bereitstellung von viel Geld für die Länder des Globalen Südens, die massiv unter den Klimafolgeschäden leiden. „Nein“, meint Veranstalter Finger. „Zumindest nicht so, wie es derzeit läuft.“ Durch die Teilnahme an den Konferenzen verschafften NGOs diesen gesellschaftliche Legitimation und werteten sie so auf. Anstatt aufzuklären, führe man die Öffentlichkeit in die Irre.
Hinzu komme die Tatsache, dass die COP zum zweiten Mal infolge in einem autoritären Staat stattfindet, der auf die Förderung von Erdöl und Erdgas setze. Das unterminiere das Vorhaben Klimaschutz von vornherein und verhelfe den Autokraten zu weltweiter Anerkennung.
Freiwilligkeit bringt es nicht
Doch was ist mit den Vereinbarungen, die oft am Rande der Klimakonferenzen geschlossen werden? Bei der COP26 in Glasgow im Jahr 2021 etwa verpflichteten sich 145 Länder, die Entwaldung noch in diesem Jahrzehnt zu stoppen und die Renaturierung geschädigter Waldökosysteme zu beschleunigen. Ebenfalls schlossen sich 100 Staaten einer Initiative an, den Methan-Ausstoß bis 2030 um ein Drittel im Vergleich zu 2020 zu senken. Die freiwillige Selbstverpflichtung wurde im folgenden Jahr in Scharm al-Scheich konkretisiert und in Form des „Global Methan Pledge“, dem Globalen Methanpakt, von 158 Staaten unterzeichnet.
„Aber was bringen solche Abkommen, wenn sie nicht umgesetzt werden?“, fragt Thomas Finger. Tatsächlich hat die globale Entwaldung seit dem Beschluss über den Abholzungsstopp sogar zugenommen, wie eine Anfang Oktober veröffentlichte Analyse zeigt. Auch die Konzentration von Methan in der Atmosphäre wurde seit der Unterzeichnung des Abkommens nicht reduziert, sondern steigt weiter an.
Die Good COP in Berlin ist derweil nicht die einzige Gegenveranstaltung zur Weltklimakonferenz. Auch im Mexikanischen Oaxaca tagen Aktivist*innen in dieser Woche im Rahmen einer „Anti COP“ auf der Suche nach einer besseren Klimapolitik. Diese Konferenz endet am 9. November.
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