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Gefragter Rohstoff für die EnergiewendeNoch mehr Lithium vom Oberrhein

Das für die Energiewende wichtige Leichtmetall kann auch in Deutschland abgebaut werden – sogar minimalinvasiv. Vulkan Energy erhöht die Prognose.

Hier wird bald Lithium gefördert: Oberrhein bei Karlsruhe Foto: imago

Freiburg taz | Das deutsch-australische Unternehmen Vulcan Energy will über seine in Karlsruhe ansässige Tochterfirma kommerziell Lithium aus Tiefenwasser des Oberrheingrabens gewinnen. Am Montag hat es seine Förderprognosen erhöht: In einer ersten Phase könnten ab Ende 2025 jährlich 24.000 Tonnen des Rohstoffs Lithiumhydroxidmonohydrat gewonnen werden, erklärte die Firma. Zuvor war von 15.000 Tonnen die Rede gewesen.

Die größere Menge ergebe sich daraus, dass das Unternehmen nunmehr sechs Standorte plant. Vulcan Energy, zu deren Anteilseignern auch der Automobilkonzern Stellantis gehört, hat sich zuletzt fünf weitere Explorationslizenzen am Oberrhein gesichert und damit sein Aufsuchungsgebiet auf mehr als 1.000 Quadratkilometer erweitert. Mit der neuen Prognose will die Firma nun um Finanzierungen werben.

Die Pläne zur Lithium-Gewinnung am Oberrhein stehen stets im Zusammenhang mit Tiefengeothermie. Das macht das Verfahren attraktiv: In den Anlagen wird ohnehin Wasser aus dem Untergrund gefördert und nach Nutzung der Wärme wieder zurückgeführt.

Aufgrund einer geologischen Besonderheit weist das aus Buntsandstein-Horizonten stammende Wasser am Oberrhein recht konstant Gehalte von 150 bis 200 Milligramm Lithium pro Liter auf. Dieser Stoff soll der Sole entzogen werden, ehe diese wieder verpresst wird. „Minimalinvasiv“ nennen Geothermiker das Verfahren gerne, weil damit Lithium gewonnen werden kann, ohne dass zusätzliche Eingriffe in die Landschaft nötig sind.

In anderen Teilen der Welt werden entweder Lithium-Mineralien in Bergwerken abgebaut (das betrifft 60 Prozent des weltweiten Aufkommens), oder der Stoff wird aus Salzseen gewonnen (40 Prozent des Marktes).

Konkurrenz schläft nicht

Die besondere Situation am Oberrhein greifen auch andere längst auf: EnBW erforscht am Geothermiekraftwerk im badischen Bruchsal bereits seit 2020 zusammen mit dem Karlsruher Institut für Technologie ein Verfahren, um das Lithium bestmöglich aus dem Wasser zu extrahieren. EnBW und der Mannheimer Versorger MVV Energie erkunden zudem für ein mögliches gemeinsames Projekt die Region Heidelberg-Mannheim.

Vulcan Energy betreibt seit April 2021 eine Pilotanlage am Geothermiekraftwerk im pfälzischen Insheim. Eine deutlich größere Demonstrationsanlage entsteht unweit davon am Geothermiekraftwerk Landau. Diese Kraftwerke wurden gebaut, als an eine parallele Lithium-Gewinnung noch niemand dachte.

Investoren sahen die Erweiterungsankündigung von Vulcan Energy kritisch; der Kurs der Aktie lag am Mittag 6 Prozent im Minus. Zusätzliche Standorte erfordern schließlich auch zusätzliches Geld, und Geothermie ist kapitalintensiv und risikobehaftet. Für die erste Phase rechnet Vulcan Energy mit einem Investitionsbedarf von fast 1,5 Milliarden Euro.

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8 Kommentare

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  • Eine tolle Sache. Das KIT hat auch bestätigt, dass die Gewinnung des Li relativ simpel sei. Leider reicht es nicht für ganz Deutschland.

    Im Prinzip könnte man Geothermie fast überall durchführen, wenn die Bohrungen nicht so teuer wären.



    Sie sind auch gefährlich und sollten nicht von Stümpern durchgeführt werden - siehe Staufen.

  • @WERNER2

    Selbst ist der Forscher. Zuerst Wikipedia [1], dann der Referenz dort [2] folgen.

    Da ist von "filtration" die Rede. Ich nehme an, dass Umkehrosmose (wie bei Meerwasserentsalzung Standard) gemeint ist, sich die grössere Beweglichkeit der Lithium-Ionen zunutze machend.

    Eine andere Alternative, die in diesem Kontext beliebt ist sind Ionentauscher.

    Beides mit verhältnismässig wenig Beischweinerei (ganz ohne geht nicht: deshalb predigen die vernünftigeren, dass wir neben Technologien auch ein gerüttelt Mass an Genügsamkeit brauchen werden, aber dass wollt Ihr ja alle nicht hören!)

    [1] en.wikipedia.org/wiki/Lithium#Sources



    [2] www.technologyrevi...geothermal-plants/

  • "Dieser Stoff soll der Sole entzogen werden, ehe diese wieder verpresst wird. "



    Mehr erfährt man also nicht zu dem Verfahren.



    Mit welchen Chemikalien wird da gearbeitet und was wird als Rückstände in welcher Menge zurueckgeführt, wenn bereits der zu gewinnende Rohstoff es auf 200mg pro Liter bringt?



    Es ist ja nicht wirklich so, dass in der Vergangenheit "Fortschritt" in der chemischen Forschung immer solch ein Brüller gewesen waere. Man vertraut aber anscheinend munter weiter auf diesen Fortschritt.

    • @Werner2:

      Und selbst wenn: den Dreck anderswo zu produzieren ist auch nicht besser -- wenn auch gängige Praxis. Wir verlagern die Schäden unserer Lebensweise nämlich nur zu gerne woanders hin.

    • @Werner2:

      Informieren Sie sich selbst auch bei anderen Quellen. Das KIT in Karlsruhe zum Beispiel.

      Fortschritt ist zweifellos vorhanden und überaus wichtig! Aber bitte nach dem Aschenputtel-Prinzip.

    • @Werner2:

      "Es ist ja nicht wirklich so, dass in der Vergangenheit "Fortschritt" in der chemischen Forschung immer solch ein Brüller gewesen waere."

      Bitte? Zählen Medikamente und zahllose andere Innovationen nicht nicht oder wie kommen sie zu dieser Aussage? Jede Batterie und herkömmliche Dinge wie Kühlschränke existieren nur durch chemischen Fortschritt.



      Was das Lithium angeht, vielleicht wird das Wasser nur gefiltert oder zentrifugiert.

    • @Werner2:

      Wusste ich selbst nicht, also hab ich gesucht: "in welcher form kommt lithium in der natur vor?". Eine Antwort findet sich im Wikipedia-Artikel zu Lithium im Abschnitt "Produktionsprozess/Aus Thermalwasser": Anlagern an ein Adsorptionsmaterial, hieraus herauswaschen einem sauren Lösungsmittel wie etwa Essigsäure, schließlich "Veredelung" mittels Chlor zu Lithiumchlorid. Dies ist dann ein Salz, welches das Metall Lithium auf die selbe Art bindet, wie beim Kochsalz (Natriumchlorid) das Natrium. Natrium und Lithium gehören zu den Alkalimetallen.

      Ich hab in der gleichen Suche einen Artikel + Video von "Studyfix" (offenbar eine Nachhilfe-/Lernplattform) zum Thema "Chemische Grundlagen" / "Salze" gefunden, den ich in diesem Zusammenhang ganz nützlich fand. Ich war vor 40 Jahren in der Realschule in Physik gut, in Chemie nur ausreichend.

      Meine Mini-Recherche wird den Prozess sicherlich nicht umfassend erklären und es kann sein, dass die besagten Prozesse, um sie wirtschaftlicher zu gestalten, andere Substanzen nutzen. War nur ein Versuch, eine Grundeinsicht zu verschaffen, dass es sich grundsätzlich um ziemlich einfache Prozesse mit recht alltäglichen Substanzen handelt - bzw handeln kann. Gerne lass ich mich von Chemikern und anderen besser Wissenden belehren :-)