Geflüchtete im Libanon: Im Bus zurück nach Syrien
Mehrere Tausend Geflüchtete sind aus dem Libanon in ihr Heimatland zurückgekehrt. Nicht alle haben diese Option. Viele fürchten um ihre Sicherheit.
Mitwalis Familie stammt aus der Provinz Daraa im Süden Syriens. Vor sieben Jahren sind sie vor den Kämpfen zwischen dem Assad-Regime und den Rebellen aus ihrer Stadt in den Libanon geflohen. Seither sind die Kinder nicht mehr zur Schule gegangen. Die älteren Söhne verdingten sich als Tagelöhner, doch das Geld reichte kaum, um die Miete zu bezahlen. Mohammed, der Vater, konnte wegen einer alten Verletzung am Bein nicht arbeiten. Jetzt wollen sie zurück.
Der Krieg sei fast vorbei, das Land sicher für die Rückkehr von Millionen von Syrern, die ins Ausland geflohen sind – so sehen es das syrische Regime und sein Verbündeter Russland. Der russische Präsident Wladimir Putin forderte kürzlich sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, Europa solle ich am Wiederaufbau in Syrien beteiligen – damit Deutschland seine Flüchtlinge möglichst rasch loswerde.
Dass sich Deutschland bald auf den Deal einlässt, ist unwahrscheinlich. Im Libanon allerdings sind weite Teile der Politik für solche Signale empfänglich. Schätzungen zufolge beherbergt das Land 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge – das ist rund ein Viertel der gesamten Bevölkerung des kleinen Landes. „Wir können nicht auf eine politische Lösung warten“, sagt der libanesische Außenminister Gebran Bassil. „Die Lösung kommt mit der Rückkehr der Flüchtlinge.“
„Es geht ihnen zu gut im Libanon“
Im ersten Stock der Schule stehen einige Lehrerinnen am Geländer und schauen auf die Syrer, die im Innenhof ihr Gepäck auf die Dächer der Busse hieven. Eine von ihnen deutet auf eine Syrerin, die mit sechs Kindern vor einem der vier Busse wartet: „So viele Kinder in so einer Situation! Aber es sind halt Syrer.“ In ihren Worten schwingt der Rassismus mit, den viele Libanesen gegen die syrischen Flüchtlinge hegen: „Denen geht es zu gut im Libanon, deswegen wollen die meisten gar nicht nach Hause.“
In den vergangenen Monaten haben sowohl die libanesische Regierung als auch die Hisbollah Zentren eröffnet, in denen sich rückkehrwillige Syrer registrieren können. Ihre Namen leitet der libanesische Inlandsgeheimdienst an das syrische Regime weiter. Zurückkehren können sie erst, wenn Damaskus sie überprüft hat. Seit Ende Juni sind nach Angaben des Geheimdienstes rund 3.400 Syrer auf diesem Weg nach Syrien zurückgegangen.
Mohammed Abdullah Mitwali
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) ist jeweils vor Ort, wenn Syrer die Busse besteigen. Es betont aber, dass es nicht an der Organisation beteiligt sei und die Lage in Syrien nicht als sicher einschätze. Dies führte im Juni zu einem Eklat mit der libanesischen Regierung, die UNHCR-Mitarbeitern die Verlängerung ihres Aufenthalts verweigerte. Sie beschuldigte die Organisation, unter den Syrern Angst zu schüren, damit diese im Libanon blieben.
Mitwali und seine Familie haben sich registriert, nachdem die syrische Armee Daraa vor zwei Monaten von den Rebellen zurückeroberte. „Die syrische Armee beschützt unser Land“, sagt Mitwali. „Jeder, der das anders sieht, ist ein Verräter.“ Dass seine älteren Söhne nach der Rückkehr in die Armee müssen, erfülle ihn mit stolz.
Keine Garantie für oppositionelle Rückkehrer
Es sind solche Rückkehrer, die sich das syrische Regime wünscht. „Ein Syrien mit zehn Millionen vertrauenswürdigen Bürgern ist besser als ein Land mit 30 Millionen Vandalen“, sagte Dschamil Hassan, Chef des syrischen Luftwaffengeheimdienstes. Doch was ist mit allen anderen?
„Wir haben von Flüchtlingen gehört, die zurückgekehrt sind und verhaftet wurden“, sagt Sara Kayyali von Human Rights Watch. Vor allem jene, die der Opposition nahe stehen, müssten sich vor Repressionen fürchten. Die meisten Flüchtlinge kehrten nicht zurück, weil Syrien jetzt sicher sei, sondern wegen der kaum erträglichen Lebensbedingungen im Libanon.
Viele der Fluchtgründe – etwa der obligatorische Militärdienst in Syrien oder die Angst vor politischer Verfolgung – bestehen fort. „Für eine sichere Rückkehr bräuchte es mindestens einen neutralen Akteur, der vor Ort die Sicherheit der Rückkehrer garantiert“, sagt Kayyali. „Das können weder die syrische noch die russische Regierung tun, denn sie sind Partei. Unter den jetzigen Umständen gibt es überhaupt keine Garantie für die Syrer, die zurückkehren.“
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