Gedenken an Völkermord an den Herero: Verdeckte Geschichte

Vor 120 Jahren schlugen deutsche Truppen einen Aufstand der Herero brutal nieder. Ein Gedenken an den Tag des Genozidbefehls ist nicht geplant.

Eine historische Aufnahme von 1904 zeigt drei gefangene Hereros in Ketten, die von einem deutschen Soldaten bewacht werden

Deutsche Kolonialpolitik: Gefangene Hereros in Ketten werden von einem Soldaten der Schutztruppe bewacht, 1904 Foto: ullstein bild

Die Hereros sind nicht mehr deutsche Untertanen…Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero … erschossen, ich nehme keine Weiber oder Kinder mehr auf,…lasse auf sie schießen.“

Diese Worte, mit denen der deutsche General Lothar von Trotha vor genau 120 Jahren (2.10.1904) den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts rechtfertigte, sind Symbol der deutschen kolonialen Unmenschlichkeit. Bis heute fehlt eine offizielle Anerkennung durch den Bundestag ebenso wie eine offizielle Entschuldigung des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers oder wenigstens der Außenministerin.

Daran hat auch die Ampel nichts geändert, im Gegenteil. Enttäuscht wurde die Hoffnung, die Aufarbeitung des kolonialen Erbes würde nun Fahrt aufnehmen, ihm endlich einen angemessenen Platz in der deutschen Erinnerungskultur zugewiesen. Dabei besetzen die Grünen mit Annalena Baerbock und Claudia Roth die zwei Schlüsselministerien.

Baerbocks Engagement in diesen Fragen beschränkt sich auf die symbolische Umbenennung des Bismarck-Zimmers im Auswärtigen Amt und die Rückgabe der Benin-Bronzen, strukturelle Fragen des Kolonialismus und Neokolonialismus scheinen sie nicht zu interessieren. Mit Claudia Roth' Namen verbindet sich nun sogar der Rückschritt.

Ihre Entscheidung, den Genozid an den Herero und Nama wieder aus der offiziellen Gedenkstättenkonzeption des Bundes zu streichen, bedeutet die Hierarchisierung deutscher Opfer nach Herkunft und Hautfarbe. Ihr Einknicken, angeschlagen wie sie ist durch Antisemitismusvorwürfe und ihr glückloses Agieren bei der documenta fifteen und der Berlinale 2024, relativiert den kolonialen Völkermord, und verweist ihn an den erinnerungspolitischen Katzentisch.

Nur ein Kranz in Namibia

Kein Gedenken ist geplant in Deutschland für den Tag des „Genozidbefehls“. In Namibia soll es nur eine Kranzniederlegung des Botschafters geben – eine routiniert abgearbeitete Gedenksimulation. Drei Jahre nach Regierungsantritt werden wir bei der Anerkennung kolonialer Verbrechen um Jahrzehnte zurückgeworfen, verhilft man der kolonialen Amnesie wieder zum Vormarsch. Die AfD fordert die Beendigung der kolonialkritischen Aufarbeitung seit langem.

Die Grünen setzen dem nichts entgegen. In Hamburg sieht man, wohin das führt. Dort wird der einzige in Deutschland vorhandene authentische Gedenkort an den Genozid an den Herero und Nama, der Baakenhafen, mit Luxuswohnungen zugebaut, und niemand hatte an ein Erinnerungskonzept gedacht. So wird Geschichte zugebaut und verdeckt.

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