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Geburtstag eines MilliardärsCarsten M. kämpft fürs Kapital

Der umstrittene Unternehmer Carsten Maschmeyer wird 60 Jahre alt. Pünktlich zum Fest rät er Juso-Chef Kevin Kühnert zu einem Nachhilfekurs in Wirtschaft.

Carsten Maschmeyer feiert mit seiner Frau Veronica Ferres auf dem Oktoberfest Foto: dpa

Hamburg taz | Ob wohl Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) zum Geburtstagskaffee kommt? Am Mittwoch wird eine der umstrittensten Figuren in der deutschen Wirtschaft 60 Jahre alt: Carsten Maschmeyer, Gründer des inzwischen nicht mehr existierenden Finanzvertriebs AWD und Juror in der Gründer-Show „Höhle der Löwen“. Geschätztes Vermögen: mehr als eine Milliarde Euro.

Gerade hat sich Maschmeyer wieder ein bisschen aus dem Fenster gelehnt. Auf die Vorschläge des Juso-Vorsitzenden Kevin Kühnert, dass der Kapitalismus zu überwinden sei und das nicht ohne Kollektivierungen gehe, schlug er ihm einen Nachhilfekurs in Wirtschaft vor. „Essen ist Menschenrecht“, twitterte Maschmeyer anknüpfend an Kühnerts Postulat. „Müssen jetzt alle Restaurants und Supermärkte enteignet werden?“

Kühnert ließ das nicht auf sich sitzen und twitterte zurück: „Ich weiß nicht, ob ich anderen Leuten Wirtschaftsnachhilfe empfehlen würde, hätte ich vergleichbar viele Schädigungen von Kleinanlegern unternehmerisch zu verantworten, wie das bei Ihnen der Fall ist.“ Kühnert spielt auf die Klagen von Anlegern an, die durch von AWD vermittelte Finanzprodukte Geld verloren hatten. Die Verfahren endeten mit außergerichtlichen Einigungen.

Mit Altkanzler Schröder verbindet Maschmeyer ein Verhältnis zu gegenseitigem Nutzen. 1998 finanzierte Maschmeyer eine Werbekampagne mit dem Slogan „Der nächste Kanzler muss ein Niedersachse sein“ – angeblich um Oskar Lafontaine als Kanzlerkandidaten zu verhindern.

2005 zahlte er Schröder zwei Millionen Euro für die Rechte an dessen Memoiren, was die Kollegen vom Stern als Honorar entschieden zu viel fanden. Kurz zuvor war das Alterseinkünftegesetz in Kraft getreten, das Geschäft mit der Riester-Rente erleichterte und zusätzliches Geschäft mit der Rürup-Rente für Selbstständige ermöglichte.

Maschmeyer gibt sein Wissen gerne weiter

Maschmeyer hatte als Student angefangen, Finanzprodukte zu verkaufen, nachdem ihn eine Urlaubsbekanntschaft als „geborenen Verkäufer“ entdeckt hatte. Weil er sich so intensiv dem Geldverdienen widmete, wurde er von seinem Medizinstudium zwangsexmatrikuliert. Das konnte ihm herzlich egal sein, schließlich hatte er zu dieser Zeit schon seine eigene Vertretung und setzte als 25-Jähriger 660 Millionen Mark für seinen damaligen Arbeitgeber um.

Was er selbst aus eigener Kraft geschafft hat, müsste auch anderen möglich sein, sagt sich Maschmeyer und hat dazu zwei Ratgeber verfasst. Den „Höhle der Löwen“-Gewinnern greift er mit einer speziellen Investmentfirma unter die Arme. Er glaubt halt an den Wettbewerb.

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4 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Es soll Musiker aus Hannover geben, die annehmen, sie seien Rocker.

    Und es soll Unternehmer geben, die davon überzeugt sind, über ökonomische Sachkenntnis zu verfügen.

    Mehr ist zu Herrn Maschmeyer nicht zu sagen.

  • Im Kapitalismus ist jede Bilanz gefälscht.



    Kosten externalisieren nennt sich das.



    Daher fehlen noch einige Lehrstühle für Bilanzfälschung und Bankenbankrott.

  • Sehen wir es mal so, Maschmeyers Vermögen wäre ohne Gerhard Schröders Unterstützung kaum so schnell gewachsen.

  • 9G
    99140 (Profil gelöscht)

    Der Anlagebetrüger C. Maschmeyer?



    Der Maschmeyer, der zig tausende Kleinanleger abgezockt hat, geriert sich als wirtschaftspolitische Instanz der Republik!?



    Wir leben wahrlich in interessanten Zeiten