Geändertes Verbraucherinformationsgesetz: Behörde muss Maden melden

Verbraucher bekommen künftig mehr Informationen von den Behörden, müssen dafür aber auch mehr zahlen. Streit gibt es über das Hygienekontrollsystem von Gaststätten.

Sind da Maden im Salat? Wenn ja, dann werden Sie informiert. Bild: dpa

BERLIN taz | Dioxin in Eiern oder Maden in der Großbäckerei: Wenn Unternehmen sich Verstöße leisten, dann müssen die Behörden künftig die Verbraucher informieren - zumindest wenn das zu erwartende Bußgeld bei mindestens 350 Euro liegt.

Das sieht die Novelle des Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) vor, die am 1. September in Kraft tritt. „Das ist schon eine Verbesserung“, sagt Jutta Gurkmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). „Es ist für den Verbraucher immer einfacher, wenn er informiert wird, als wenn er extra einen Antrag stellen muss.“

Es ist gar nicht so lange her, dass schon das Antragstellen als Revolution gefeiert wurde: 2008 trat die erste Version des Gesetzes in Kraft. Sie legte fest, dass der Verbraucher überhaupt einen Anspruch darauf hat, zu erfahren, welche Weichmacher beispielsweise ein Kinderspielzeug enthält. Doch in der Praxis bewährte sich die Regelung nicht: Die Behörden ließen sich Zeit mit dem Beantworten der Anträge, und wenn mal eine Antwort kam, hieß es häufig: Geschäftsgeheimnis, das Unternehmen will nichts sagen.

Auch das soll sich mit dem neuen Gesetz ändern: „Unternehmen können nicht mehr so einfach mit Verweis auf das Geschäftsgeheimnis Informationen verweigern“, sagt Gurkmann. Außerdem müssten die Beamten das Interesse des Verbrauchers auf Informationen stärker einbeziehen.

Antworten auf alle Fragen

Dazu kommt: Auch zu Themen, bei denen der Bürger bei den Ämtern bislang auf Granit biss, soll es künftig Auskünfte geben. Denn während die Verbraucher bisher nur Anspruch auf Antworten zu Fragen zu Lebensmitteln, Spielzeug und Kosmetika hatten, geht es künftig um alle Produkte. „Das betrifft zum Beispiel Möbel und Elektrogeräte", sagt Gurkmann.

Als großen Wurf sehen die Verbraucherschützer die neuen Regelungen dennoch nicht. Zum einen, weil immer noch Bereiche außen vor bleiben, etwa Finanzdienstleistungen. Zum anderen, weil die Anfragen für die Verbraucher teurer werden dürften, und zwar deutlich. „Bislang dürfen Anfragen zum Beispiel bei Bundesbehörden höchstens 250 Euro kosten“, sagt die auf Verbraucherrecht spezialisierte Anwältin Michèle John.

In Zukunft gebe es keine Obergrenze mehr. Ist eine Anfrage für die Behörde teurer als 1.000 Euro, muss der Verbraucher zuzahlen. Außerdem gibt die neue Regelung den Behörden eine neue Möglichkeit, sehr aufwendige Anträge abzulehnen. „Beides verleitet die Antragsteller natürlich, zu überlegen, wie sie die Regelungen umgehen können“, sagt John. Etwa indem Anfragen in viele kleine Anträge geteilt werden.

Vergammelte Lebensmittel

Streit gibt es darüber, ob die Behörden weiterhin informieren dürfen, wenn sich Gaststätten nicht an die Hygienevorschriften halten, wenn also Lebensmittel vergammelt oder Arbeitsbereiche dreckig sind. Nein, meinte Berlin. Die zuständige Verwaltung kündigte zunächst an, das derzeitige System, das die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen auf einer Internetseite veröffentlicht, zum 1. September einzustellen. Erst nach Kritik ruderte die Behörde zurück.

„Nicht nachvollziehbar“ wäre die Entscheidung gegen die Veröffentlichung gewesen, sagte auch Frank Seidlitz, Sprecher des nordrhein-westfälischen Verbraucherministeriums. Die Behörde will ab 1. September alle Verstöße mit einem Bußgeld von über 350 Euro im Internet veröffentlichen. „Der fehlende Handtuchhalter im Restaurant fällt natürlich nicht drunter“, sagt er. Anders ist es mit Maden im Kühlschrank oder Kolibakterien in Lebensmitteln.

Dafür, saubere und dreckige Gaststätten künftig schon von außen unterscheidbar zu machen - etwa mit unterschiedlichen Smileys, wie in Dänemark -, soll es noch im September einen neuen Vorstoß geben. Auf der Verbraucherministerkonferenz in Hamburg wollen die Länder zum wiederholten Mal über eine gemeinsame Lösung verhandeln. Sonst, so kündigt Seidlitz an, werde man eben selbst Modellprojekte starten.

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