Gaza-Demonstration in Berlin: „Wir protestieren gegen den Krieg“
Die Initiatoren einer Gaza-Demonstration erwarten am Samstag in Berlin mehr als 50.000 Teilnehmer. Erwünscht sind nur palästinensische Fahnen.

Der Zeitpunkt ist gut gewählt. Die Vereinten Nationen debattieren derzeit in New York über Palästina. Deutschland gerät wegen der Weigerung, Palästina diplomatisch anzuerkennen, zusehends unter Druck. Zudem ist das Programm artistisch etwas zeitgemäßer als das der Sahra-Wagenknecht-Demo vor zwei Wochen, bei der Didi Hallervorden auftrat. Am frühen Samstagabend werden am Großen Stern im Berliner Tiergarten acht Bands spielen, darunter K.I.Z.
Auch das Konzept von „All eyes on Gaza“ unterscheidet sich deutlich von der BSW-Demo. Dort standen deutsche Prominente auf der Bühne. Bei „All eyes on Gaza“ reden PalästinenserInnen und der jüdische Deutsche Michael Barenboim und die Israelin Ella Greenberg, die in Israel den Wehrdienst verweigert hat. Veranstalter ist ein Bündnis der Palästinensischen Gemeinde Deutschland, der Aktivisten-Gruppe eye4palestine und der NGOs Amnesty International und medico international.
„Wir wünschen uns ausschließlich palästinensische Fahnen“, so El Khatib. Also keine Parteifahnen oder, wie am Rande einiger Gaza-Demos geschehen, islamistische Symbole. Khatib, früher Mitglied der Linkspartei, kritisierte, dass „medial viel über die Linkspartei berichtet wurde, aber wenig über die Gaza-Solidaritätsbewegung“. Die Linkspartei veranstaltet am Samstagmittag in Berlin-Mitte eine Gaza-Solidaritätsdemo. Sie meidet den Begriff Genozid, den die Initiatoren von „All eyes on Gaza“ in ihrem Aufruf benutzen. Dass die beiden Protestkundgebungen getrennt sind, hat aber andere Gründe. Medico und Amnesty achten als NGOs auf Überparteilichkeit.
Deutsche würden Kontakte zu Palästinensern meiden
Für die Schauspielerin Pegah Ferydoni, Unterstützerin von „All eyes on Gaza“, passiert in Gaza einer „der am besten dokumentierten Genozide“ der Gegenwart. Gaza würde für zwei Generationen unbewohnbar sein. Mindestens 25.000 Kinder wurden getötet. Israelische Minister würden sich zudem offen zu der ethnischen Vertreibung bekennen. „Wir sind die Komplizen dieses Völkermordes“, so Ferydoni. Sie stammt aus dem Iran, ihre Eltern sind vor „40 Jahren vor dem islamofaschistischen Regime“ geflohen. Ferydoni betont, dass sie sich immer gegen Rechtsradikalismus und Antisemitismus engagiert habe. Aber seit in Deutschland der Genozid in Gaza verdrängt werde, empfinde sie eine „Entfremdung“. Deutschland liefere immer noch Waffen an Israel.
Der Anschlag der Hamas am 7. Oktober soll auf der Kundgebung keine Rolle spielen. Jules El Khatib sagte: „Ich brauche mich nicht vom 7. Oktober zu distanzieren, weil ich dazu keine Nähe habe“. Alle Beteiligten hätten mehrfach den Terror des 7. Oktober verurteilt, Gewalt gegen Zivilisten lehne man grundsätzlich ab. Eine Distanzierung von dem Hamas-Terror sei daher überflüssig.
Amal Hamad, Vorsitzende des Deutsch-Palästinensischen Frauenvereins, kritisiert, dass die Meinungsfreiheit für Palästinenser nach dem 7. Oktober extrem eingeschränkt wurde. Es gebe einen generellen Antisemitismusverdacht. „Nicht erst seit dem 7. Oktober, aber danach verstärkt.“ Deutsche hätten Kontakte zu Palästinensern gemieden, um nicht als Antisemiten verdächtigt zu werden. „Wir sind nicht gegen die jüdische Gemeinde in Deutschland. Wir protestieren gegen den Krieg in Gaza“, so Hamad.
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