Gastronomie in der Pandemie: „Corona-Biergarten“ macht wieder zu
Ein Pop-up-Biergarten sollte Kölns Partymeilen entlasten. Doch der erhoffte Erfolg bleibt aus: Nach nur zwei Wochen wird er wieder geschlossen.
Die Rede ist vom sogenannten Entlastungsbiergarten – auch „Corona-Biergarten“ genannt –, der am 17. Juli erstmals aufgebaut wurde. Das für bis zu 450 Personen ausgelegte Lokal im Grüngürtel der Stadt sollte die überfüllten Partymeilen im Stadtgarten und am Brüsseler Platz entlasten. Szenen wie in Stuttgart oder Frankfurt, wo randalierende Jugendliche durch die Innenstadt ziehen, wollte man in Köln unbedingt vermeiden.
Die Idee kam gut an: „Friedlich und sonnig“ sei das erste Wochenende gewesen, berichtet die Wirte-Kooperative „IG Gastro“, die den provisorischen Biergarten auf die Beine gestellt hat. Auf ihrer Website ist von „einem Haufen netter Menschen“ die Rede. Auch die Behörden bestätigen, dass es im Umfeld des Biergartens keine besonderen Vorkommnisse gegeben habe. Die Lage sei „eher ruhig“ gewesen, heißt es von Seiten der Polizei.
Trotzdem werden die Zapfhähne am Sonntag wieder zugedreht. Als Hauptgrund für das abrupte Ende des Experiments nach nur zwei Wochenenden nennt die IG Gastro den nicht eingetretenen Entzerrungseffekt. „Ein wenig Klientel vom Brüsseler Platz haben wir sicherlich gezogen, vom Stadtgarten allerdings eher nicht und von der Zülpicher Straße überhaupt nicht“, schreiben die Gastronomen auf ihrer Website. Darüber hinaus habe der Pop-up-Biergarten bei einigen der umliegenden Lokale zu Umsatzrückgängen geführt.
Entlastungsbiergarten lohnt sich nicht
Nicht zuletzt habe sich das Projekt finanziell kaum gerechnet. Die Anforderungen an Sicherheit und Infektionsschutz seien immens gewesen, teilt der Verband mit. Allein der Sicherheitsdienst habe 2.500 Euro am Tag gekostet. Dennoch habe der Biergarten etwas Positives bewirkt: „Die Stadt hat gesehen, dass die Gastronomie selber besser Dinge auf die Beine stellen kann, als es ihr manchmal zugetraut wird.“
Der Verband will sich nun verstärkt für bestehende Betriebe einsetzen, denen bislang noch keine eigenen Außenflächen zur Verfügung stellen. Diese sollten von den Behörden unbürokratisch genehmigt werden. Viele Gäste meiden derzeit Gaststätten, die keine Plätze im Freien anbieten. Andere Lokale machen erst gar nicht auf oder dürfen nicht öffnen. Laut Angaben der IG Gastro halten sich an einem Samstagabend in Köln normalerweise bis zu 25.000 Personen in einschlägigen Kneipen, Clubs und Bars auf, die coronabedingt noch geschlossen sind.
Die Polizei kündigt unterdessen an, hart gegen potenzielle Störer vorzugehen. „Wir wollen keine Szenen wie in Stuttgart oder Frankfurt“, sagt Polizeisprecher Philipp Hüwe. „Wir dulden keine Pöbelei.“ Um Gewaltausbrüche zu verhindern, würden die Beamten am Wochenende von einer Hundertschaft unterstützt. „In der Stadt ist definitiv mehr los wegen der geschlossenen Clubs“, so Hüwe.
Ob die überfüllten Partymeilen automatisch zu mehr Kriminalität führen, kann der Polizeisprecher nicht sagen. „Die Corona-Schutzverordnung ist nur ein Konfliktpunkt von vielen“, erklärt Hüwe. Streitigkeiten gebe es immer – ob mit oder ohne Corona.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren