Gastkommentar Drittes Geschlecht: Der nächste Ausschluss
Der Entwurf zur dritten Option ist zu restriktiv: Er macht medizinische Diagnosen zur Bedingung – und ist damit selbst diskriminierend.
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D er Schmalspurentwurf zur dritten Option aus dem Innenministerium sieht nun leider einen dritten Personenstand vor, der „weiteres“ heißen und nur für Personen gelten soll, die mit einer ärztlichen Bescheinigung nachweisen können, dass bei ihnen eine „Variante der Geschlechtsentwicklung“ vorliegt.
Dieser unzumutbare Nachweis würde erstens zu einer erneuten Pathologisierung führen. Zudem ist die Voraussetzung medizinischer Nachweise als Kriterium für den Zugang zum dritten Geschlechtseintrag unserer Auffassung nach verfassungswidrig.
Zweitens ist damit der Zugang zu einer dritten Option restriktiv beschränkt und steht nur denjenigen offen, die bestimmte medizinische Diagnosen haben. Diese Beschränkung schließt alle trans* Menschen aus, die sich nicht binär zuordnen, sowie alle anderen, die eine dritte Option benötigen.
Dies führt, drittens, zu einer Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts und zu einer „gleichheitswidrigen“ Rechtslage zwischen trans- und intergeschlechtlichen Menschen. Denn für trans* Menschen wäre dann das binär orientierte und grundrechtswidrige Transsexuellengesetz, das sich auf eine nun laut WHO veraltete Diagnose bezieht, die Basis für die Änderung ihres Geschlechtseintrags – wofür sie aufwendige gerichtliche Verfahren mit doppelter Begutachtungspflicht in Kauf nehmen müssen.
Caroline Ausserer ist Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit bei der Bundesvereinigung Trans* e.V.
Fazit: Die klare Differenzierung zwischen trans* und inter* macht keinen Sinn, weil Geschlecht immer ein komplexes Zusammenspiel von Körper und Identität ist. Daher plädieren wir für einen inter*- und trans*-inklusiven dritten Personenstand, dessen Zugang einzig auf Selbstbestimmung beruht und allen Menschen hürdenlos zugänglich sein sollte.
Josch Hoenes ist bei der Bundesvereinigung Trans* e.V. zuständig für Community Building.
Aber das allein reicht nicht. Es braucht auch einen umfassenden Schutz vor trans*- und inter*feindlicher Diskriminierung und Gewalt sowie eine umfassende Gesundheitsversorgung. Langfristig sollte die registerliche Erfassung von Geschlecht sowieso ganz abgeschafft werden, da es dafür heutzutage keine Notwendigkeit mehr gibt.
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