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Gas bleibt knappSpeicherverband ermahnt Verbraucher

Ob die Gas-Speicherstände gut bleiben, hängt stark vom Heizverhalten ab. Eine kalte Septemberwoche gab sowohl Anlass zur Sorge als auch zur Hoffnung.

Speicher Wolfersberg: absehbar, dass weder 85 noch 95 Prozent erreicht werden könnten Foto: Peter Kneffel/dpa

Berlin dpa/taz | Eigentlich sieht es bei den Gasspeichern in Deutschland gut aus: Die Speicher sind zu 91,5 Prozent gefüllt, lässt der Gasspeicherverband wissen. Dennoch ist er skeptisch, was das Speicherziel von 95 Prozent zum 1. November angeht: „Die steigenden Gasverbräuche aufgrund fallender Temperaturen reduzieren zunehmend die Einspeichermöglichkeiten“, sagte der Geschäftsführer des Speicherverbandes Initiative Energien Speichern (Ines), Sebastian Bleschke, der Deutschen Presse-Agentur.

Die deutschen Speicher müssen jeweils am 1. Oktober zu 85 Prozent gefüllt sein, schreibt das Energiewirtschaftsgesetz vor. Schon am 2. September hatte der Gesamtfüllstand diese Marke erreicht. „Sehr niedrige Verbräuche der Industriekunden in den vergangenen Wochen und Monaten haben sicherlich einen ganz wesentlichen Beitrag dafür geleistet“, so Bleschke.

Auch viele Menschen und Unternehmen machen gut mit beim Gassparen. Bis Mitte September lag der Gas-Verbrauch von Haushalten und Gewerbe laut der Bundesnetzagentur deutlich unter dem Durchschnitt der Vorjahre. In der vergangenen Woche lag er aber plötzlich sogar über dem Vergleichszeitraum von 2021: Es war kalt geworden – so kalt wie sonst selten im September. Etliche schmissen schon ihre Heizungen an.

„Die Zahlen dieser Woche sind damit sehr ernüchternd“, schalt Netzagentur-Chef Klaus Müller die Gasverbraucher:innen. Der Vergleich mit Zeiträumen aus der Vergangenheit mit ähnlicher Temperatur zeigt aber immerhin: Es wird mittlerweile weniger geheizt, viele Menschen haben schon reagiert – wenn auch nicht genug. Eigentlich wäre laut Bundesnetzagentur ein Rückgang des Verbrauchs um mindestens 20 Prozent erforderlich, wenn es nicht zu einer Gasmangellage kommen soll.

Keine Entwarnung für Winter

Speicherverbandschef Bleschke sagte, für den größten deutschen Speicher Rehden in Niedersachsen sowie Speicher Wolfersberg in Bayern sei aufgrund der technischen Möglichkeiten zur Einspeicherung absehbar, dass weder 85 noch 95 Prozent erreicht werden könnten.

„Um höhere Füllstände sicherzustellen, hätte THE als alleiniger Nutzer dieser Speicher die zur Verfügung gestellten technischen Einspeichermöglichkeiten schon in den vergangenen Monaten stärker ausnutzen müssen.“ THE steht für Trading Hub Europe. Es handelt sich um ein Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Ferngasleitungsnetzbetreiber für die Gasmarkt-Organisation zuständig.

Die Speicher gleichen Schwankungen beim Gas-Verbrauch aus und bilden damit ein Puffersystem für den Markt. Für gewöhnlich sind sie mit Beginn der Heizperiode im Herbst gut gefüllt. Bis zum Frühjahr nehmen die Füllstände dann ab.

Die insgesamt hohen Füllstände bedeuten für Bleschke noch keine Entwarnung für den Winter. „Aufgrund der weiterhin stark reduzierten Importmöglichkeiten für Gas muss davon ausgegangen werden, dass die Gasspeicher im Winter bereits früher als sonst und deutlich stärker zur Versorgung eingesetzt werden.“

Ob die Reserven ausreichten, werde stark davon abhängen, in welchem Umfang private Haushalte ihren Verbrauch senken würden und verflüssigtes Gas importiert werden könne. „Damit steht und fällt letztlich auch die Möglichkeit, die Füllstandsvorgabe von 40 Prozent am 1. Februar 2023 einhalten zu können.“

Russland liefert seit Anfang September kein Gas mehr nach Deutschland. Derzeit erhält die Bundesrepublik Gas über Pipelines aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Im Oktober sollen Lieferungen aus Frankreich kommen. Zum Jahreswechsel sollen an Nord- und Ostsee drei Terminals zur Anlandung von verflüssigtem Erdgas (LNG) in Betrieb genommen werden.

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11 Kommentare

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  • Bin nach Monaten mal wieder im Parkhaus der Schadow-Arkaden in DUS gewesen, weil ich Dinge im Zentrum erledigen musste. Was mir am Parkhaus missfiel: Saunatemperatur bei ca. 16°C draussen. Nach 1 min. lief der Schweiß. Selbst wenn das nur die Abwärme der Klimatisierung sein sollte, war es viel zu heiß. Zuhause heize ich gerade mal für einen 24/7-Liege-Pflegefall und für eine 97-Jährige das WZ auf ca. 21,5°C. Meine Hütte im Dach hat nach wie vor knapp 20°C ohne Heizung. Dafür habe ich eine Erkältung. Die logische Konsequenz der Regierenden sollte sein, dass es deutliche finanzielle Boni für Sparsamkeit gibt, wohingegen Energie-Verprasser anständig zur Kasse gebeten werden müssen. Als Idee: die Energie-Kosten/ Verbrauchsmenge des vorletzten Jahres heranziehen und Wetter-bereinigt diesen Winter abrechnen (analog zur Umsatzberechnung der Corona-Hilfe für Unternehmen). Denn viele Menschen haben schon im letzten Winter nach Beginn von Z mit dem Einsparen begonnen.

  • Bi kein Querdenker, aber die offizielle Panik, die um das Gas und den Strim genacht wird, kommt mir übertrieben vor. German Angst? Ich befürchte am Ende war wieder mal alles nur halb so wild. Um haben im Frühjahr noch 30% Gas in den Speichern ... Daher sehe ich im Moment keinen Grund zu frieren und heize wie sonst auch.

    • @maestroblanco:

      Ob sie es auch noch so ruhig sehen, wenn die Gasheizung oder der Strom tatsächlich bei minus 20 Grad ausfällt?



      Wir werden es nicht erfahren, weil dann ja auch kein Internet mehrt geht.

  • PRO BAHNSTEIGE



    Leider nur ein Tippfehler (und minus ein r):



    "Festes Grundkontingent pro Perons" schreibt www.tagesspiegel.d...eckel-8701486.html zu einem der denkbaren Preisdeckelmodelle. Da hätten wir die ganze Neuro-Ticket-Verwirrung gleich mit aufgelöst ...

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Dass detaillierte Beobachtungen und Erhebungen über das aktuelle Verbraucherverhalten bei der Energienutzung medial nicht im Vordergrund präsentiert werden, überrascht ein wenig, wo doch sonst über jeden Konsumsektor nahezu alles bekannt ist - und nun die Aufrechterhaltung der republikanischen "Wehrkraft" am Fädchen des Heizverhaltens von Michel und Michaela zu hängen scheint.

    • @31841 (Profil gelöscht):

      "und nun die Aufrechterhaltung der republikanischen "Wehrkraft" am Fädchen des Heizverhaltens von Michel und Michaela zu hängen scheint."



      Da diese Referenz an NS-Vokabular, weil in Anführungszeichen gesetzt wohl kein Versehen war aber dennoch nicht vollends klar wird was genau sie anzudeuten versuche, formulieren sie ruhig mal explizit aus wie sie die Lage sehen.

      • @Ingo Bernable:

        Also mir ist schon klar, was HUMUSAUFBAU damit sagen will. So superpräzise ist das eben auch nicht gemeint.



        Kürzer kann man so ein komplexes Ding nicht umschreiben.

        Übrigens bin ich nicht damit einverstanden, grundsätzlich jeden Begriff aus den 30ern grundsätzlich als Nazisprech zu framen. Vor allem wenn es das Einzige ist, was man beizutragen hat.

  • 6G
    656279 (Profil gelöscht)

    "Eigentlich sieht es bei den Gasspeichern in Deutschland gut aus: Die Speicher sind zu 91,5 Prozent gefüllt, lässt der Gasspeicherverband wissen."

    Fragt sich nur, zu welchen Preisen das passiert ist.

    Ich bin kein Fachmann für Erdgasspeichersysteme, habe allerdings im Physikunterricht etwas zu kommunizierenden Röhren gelernt. Weil nun der kontinuierliche Druck des bislang nachströmenden Gases aus Russland fehlt, es zukünftig wohl primär per Schiff angelandetes LNG und anderes Flattergas geben wird, so könnte es schwierig werden, die vollen Speicher zur Hergabe des Gases zu bewegen; zumindest nicht in den bisher gewohnten Mengen.

    • @656279 (Profil gelöscht):

      "kommunizierende Röhren"?



      Mit einem kurzen Blick in ein Physikbuch würde klar, werden, dass dieses physikalische Prinzip nur für homogene Flüssigkeiten gilt. Da Erdgas - bis auf LNG - aber in gasförmigen Zustand gespeichert und verteilt wird, führen Ihre Überlegungen ins Leere.



      Erdgas ist leichter als Luft und neigt daher (oben) zum Austritt aus den Gasspeichern. Es wird mit Druck in die Speicher gepresst und strömt selbständig wieder heraus, wenn man den Hahn in die andere Richtung öffnet. Was in oder mit den zufließenden Verbundleitungen passiert, ist für die Speicher absolut irrelevant. Da "kommuniziert" nichts.

    • @656279 (Profil gelöscht):

      Der Lerneffekt scheint äußerst gering gewesen zu sein. Das Gasnetz ist sicher alles, aber in keinster Weise irgendetwas das kommunizierenden Röhren ähnlich ist.