G7-Gipfel in Kanada: Große Differenzen und kleine Witze
Bei der G7-Zusammenkunft in Kanada sind freundliche Töne zu hören. Meinungsverschiedenheiten bleiben aber, wie alle Seiten betonen.
Vor dem Treffen der sieben bedeutenden Industrieländer USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan hatte Trump seine Verbündeten verärgert. Er verhängte neue Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumeinfuhren aus Kanada, Mexiko und der Europäischen Union. Außerdem versuchte der französische Präsident Emmanuel Macron vergeblich, ihn zum Verbleib im internationalen Atomabkommen mit dem Iran zu überzeugen.
Trump war am Freitag recht spät zu dem Gipfel angereist und wollte ihn bereits am Samstagmorgen wieder verlassen, um sich auf den Weg nach Singapur zu machen. Dort soll er in der kommenden Woche Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un treffen. Als Trump gefragt wurde, ob Trudeau über seine frühe Abreise vom G7-Treffen verärgert sei, witzelte er: „Er ist froh.“
Ungeachtet des kurzen Aufenthalts erklärte das Weiße Haus am Freitagabend, Trump habe bereits positive Gespräche mit Trudeau und Macron gehabt. Regierungssprecherin Sarah Huckabee Sanders sagte, mit Trudeau sei man sehr nah an eine Vereinbarung für Nafta herangekommen. Zugleich sei ein bilateraler Vertrag zwischen Kanada und den USA besprochen worden. Die Nafta-Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko ziehen sich bereits seit Monaten ohne Erfolgsmeldungen hin.
„Offen und direkt“
Auch mit Macron sei über Handel gesprochen worden, sagte Sanders, ebenso über den Iran und Trumps bevorstehende Zusammenkunft mit Kim Jong Un. Der US-Präsident selbst hatte betont, eine „gute Beziehung“ zu Macron zu haben. Es gebe ab und an aber einen „kleinen Test“ beim Thema Handel. Trump erklärte erneut, das Handelsdefizit mit der Europäischen Union sei groß. Zugleich sagte er voraus, etwas „sehr Positives“ werde geschehen.
Emmanuel Macron
Die beiden hatten sich am Eröffnungstag des G7-Gipfels zweimal getroffen. Mit Blick auf ihre erste Diskussion sagte Macron, diese sei „offen und direkt“ gewesen. Er glaube, es gebe einen Weg für ein „Win-Win“-Ergebnis in den Wirtschaftsverhandlungen, ohne dazu weitere Details zu nennen.
Trudeau wie Macron waren in den Tagen vor dem G7-Gipfel auf Distanz zu Trump gegangen. Mit scharfen Worten hatte Macron etwa vor einer US-Abschottung gewarnt: „Dem amerikanischen Präsidenten mag es egal sein, wenn er isoliert ist – genauso wenig aber macht es uns etwas aus, eine Vereinbarung von sechs Ländern zu unterzeichnen, wenn die Notwendigkeit dazu besteht“, schrieb er bei Twitter.
Rückkehr zu G8?
Kampfeslustig hatte sich denn auch Trump präsentiert. Vor seiner Abreise nach Kanada sagte er, Russland solle zurück in die Gruppe kommen – statt G7 wieder G8, „weil wir Russland am Verhandlungstisch brauchen“. Russland war 2014 wegen der Annektierung der ukrainischen Halbinsel Krim und der Unterstützung für pro-russische Separatisten in der Ukraine aus der Elitegruppe ausgeschlossen worden.
Kanadas Außenministerin Chrystia Freeland sagte, das Thema Russland sei am Tisch der G7 nicht gefallen. In direkten Gesprächen sei es zwar erwähnt worden. „Es gibt aber keine Grundlage dafür, Russland mit seinem aktuellen Verhalten zurück in die G7 zu bringen.“
„Rapid Response Mechanism“
Deutschland und die anderen G7-Staaten wollen indes gemeinsam gegen Destabilisierungsversuche aus Ländern wie Russland vorgehen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur einigten sie sich beim Gipfeltreffen auf den Aufbau eines neuen Abwehrsystems. Der sogenannte „Rapid Response Mechanism“ (RRM) soll eine koordinierte und deutlich schnellere Reaktion auf Wahlmanipulationen, Propagandaattacken und andere „inakzeptable Handlungen“ ermöglichen.
Russland wird zum Beispiel von mehreren US-Geheimdiensten beschuldigt, im letzten US-Präsidentschaftswahlkampf mit Hackerangriffen der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton geschadet zu haben. In Deutschland wird Russland vorgeworfen, gezielt Fehlinformationen zu streuen, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Als Beispiele gelten der Fall Lisa – die angebliche Vergewaltigung eines deutsch-russischen Mädchens – oder eine Kampagne, die darauf abzielte, Bundeswehrsoldaten in Litauen in Misskredit zu bringen.
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