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G7 Gipfel in ItalienLuxusparty von rechts

Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni empfängt die G7. Die Rechtspopulistin will der Welt die Stärke Italiens nach der Europawahl präsentieren.

Freundinnen oder Feindinnen? EU-Kommissions­präsidentin von der Leyen und Italiens Minister­präsidentin Meloni beim G7-Treffen Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Es muss eine der besten Partys ihres Lebens gewesen sein. Giorgia Meloni empfängt unter Olivenhainen, bei schönstem Frühsommerwetter, in einem Luxus­resort mit Meerblick die wichtigsten Staatenlenker der Welt. Italien hat die G7-Präsidentschaft derzeit inne.

Den Ort für das Treffen, Borgo Egnazia, rund eine Autostunde von Bari, der Hauptstadt Apuliens entfernt, hat Meloni für das hochkarätige Polittreffen selbst ausgewählt. Urlaub hat sie in der Region gemacht, um zu testen, was ihre internationalen Gäste erleben werden. Die Villen des Edeldorfs sind in typisch süditalienischem Kalkstein gebaut, es weht ein Hauch von Römischem Reich über die Piazze, eine Ahnung von Zeiten, die längst vergangen sind. Die sich die italienische Ministerpräsidentin vielleicht ein bisschen zurückwünscht.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betritt schwungvoll charmant die kleine marmorne Bühne, die Meloni für die Empfangsfotos vorgesehen hat. Der noch amtierende britische Premier Rishi Sunak fällt Meloni wie ein alter Schulfreund fast um den Hals. Selbst Bundeskanzler Olaf Scholz wirkt, wie wenn es nach dem offiziellen Händeschütteln erst mal gemütlich werden soll. Wurde es ja dann auch, mindestens in der Nacht auf Freitag. Der Kanzler hatte Geburtstag und flog im Heli in sein neues Lebensjahr hinein.

Bei anderen G7-Gipfeln gibt es Proteste gegen die Herrschenden der Welt, die sich nicht um Armutsbekämpfung kümmern, nichts gegen die Klima­krise tun und Kriege befördern. Bis auf eine Protestaktion am Freitagabend in Bari mit wenigen hundert Menschen, rauscht der Gipfel nahezu geräuschlos an der Bevölkerung vorbei.

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Meloni, in dezentem roséfarbenen Hosenanzug gekleidet, strahlt. Denn ihre Gäste werden eine gute Zeit haben, nicht nur am Tagungsort der sieben wichtigsten Industriestaaten, sondern auch beim Begleitprogramm. Eine Elite-Fallschirmspringerstaffel zeigt, was sie kann. Der Opernsänger An­drea Bocelli soll ein Privatkonzert geben – und zum Schluss kommt noch Papst Franziskus aus dem rund 400 Kilometer entfernten Rom vorbei.

Er will über Frieden und Geflüchtete sprechen – und über Künstliche Intelligenz. Aber vor allem soll er den G7 für ihre gewaltigen Aufgaben Gottes Segen mitgeben. Dass Franziskus an einem solchen Treffen teilnimmt, ist ein Novum. Aber ganz im Sinne der neuen starken Kraft Italiens.

Italien, die stärkste Kraft in Europa

Melonis Italien soll sich von der besten Seite zeigen. Meloni selbst muss nichts mehr beweisen. Bei den Europawahlen hat ihre Partei, die postfaschistische Fratelli d’Italia, die meisten Stimmen erzielt. Noch in der Wahlnacht konnte Meloni nicht anders, als der Welt die klare Botschaft mitzugeben: Italien, Meloni, empfängt als stärkste Kraft in Europa die G7. Die Rechte, unter ihrer Führung, ist stark wie lange nicht mehr.

Und reiht sich ein in einen rechtspopulistischen Kurs, der sich in Europa breit macht. In Frankreich hat Marine Le Pens Rassemblement National die Partei von Staatspräsident Macron in die Ecke getrieben. Manche meinen gar, der RN könnte das Ende der Europäischen Union einleiten. In Deutschland ist es die AfD, die die Ampel in Bedrängnis bringt, und vor allem Grüne und SPD nach den Wahlen mächtig angeschlagen zurücklässt. Es brodelt im politischen Europa.

Dass sich im Superwahljahr 2024 die Machtverhältnisse in der Welt verschieben könnten, ist keine Überraschung. Und der Abschluss kommt womöglich im November, wenn in den USA ein neuer Präsident gewählt wird.

Eine Strategie gibt es offenbar nicht gegen rechtspopulistische Strömungen. Meloni nutzt dieses Vakuum. Nur ein wenig Ehrfurcht zeigt sie, als US-Präsident Joe Biden das Parkett in Borgo Egnazia betritt. Biden, mehr als einen Kopf größer als Meloni, die obligatorischen Küsschen fliegen links und ­rechts in die Luft, ist derjenige, der später Fakten in Sachen Ukraine schaffen wird. Und auf den es trotz aller Stärke Melonis nach den Europawahlen ankommt.

Nach Borgo Egnazia hat sie jede Menge weitere Staatsgäste eingeladen. Den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, der über Migration sprechen will; die Präsidenten aus Algerien und Tunesien sind gekommen. Kenia, Indien, Brasilien, Mauretanien, Saudi-Arabien sind mit ihren Staatschefs vertreten. Außenpolitisch will Meloni eine Marke setzen: Schaut her, ich bin nicht nur eine hervorragende Gastgeberin, sondern erkenne auch die Probleme der Welt.

Druck auf von der Leyen

Für Italien ist illegale Migration und die hohe Anzahl an Geflüchteten ein politischer Dauerbrenner. Abschottung wäre der italienischen Rechten am liebsten. In Europa braucht es einen gemäßigteren Kurs, um Mehrheiten zu finden. Gekonnt hat Meloni in den vergangenen Monaten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen umgarnt. Gemeinsam reisten sie in die Maghrebstaaten, um Abkommen vorzubereiten, die Geflüchtete davon abhalten sollen, den Weg nach Europa anzutreten. Von dieser besonderen Frauenfreundschaft wollten beide profitieren.

Vor allem von der Leyen, die nach den guten Ergebnissen ihrer EVP-Fraktion mit Rückenwind in die nächste Legislatur des Europäischen Parlaments gehen kann. Damit sie weitere fünf Jahre EU-Kommissionspräsidentin bleibt, braucht sie Unterstützung aus mindestens drei Ländern: Deutschland, Frankreich, Spanien sind im Spiel. Auf Melonis Rückhalt muss sie ebenso setzen. Doch vor allem aus Deutschland kommt Druck auf von der Leyen, nicht mit Rechtspopulisten zu kooperieren.

Beim G7-Gipfel begrüßten sich die beiden Frauen ungewöhnlich kühl, wenig war zu sehen von der viel beschworenen Verbundenheit. Schon in der kommenden Woche soll das künftige Personaltableau in der EU festgezurrt werden. Zeit zu reden hat die italienische Ministerpräsidentin neben den offiziellen Arbeitssitzungen genug eingeplant.

Mehr als einmal fällt das Wort „historisch“

Außenpolitisch sei Meloni eine sichere Bank, heißt es bei Diplomaten. Bestes Beispiel ist die Unterstützung für die Ukraine, an der sie auf keiner Weltbühne je hat Zweifel aufkommen lassen. So auch nicht in Bari. Einer der Ehrengäste, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, kann mit einer 50-Milliarden-Dollar-Zusage nebst einem 10-jährigen Sicherheitsabkommen zwischen der USA und der Ukraine zur Friedenskonferenz in der Schweiz reisen. Mehr als einmal fällt das Wort „historisch“ – ein schönes Geschenk für Gipfelgastgeberin Meloni.

Aber dann zeigt sie doch, was auch Teil ihrer Agenda ist. Familie und Religion sind essenzielle Themen für Meloni und die Fratelli. Die G7 diskutieren auch über Frauenrechte, über den legalen und sicheren Zugang zu Abtreibungen. Meloni sorgte aber dafür, dass dieser Begriff nicht in den Dokumenten auftaucht.

Vermutlich war es das letzte Mal, dass die G7 in dieser Konstellation zusammengekommen sind. Sunak steht vor Wahlen in Großbritannien, ­Macrons Posten steht bei den französischen Neuwahlen zwar nicht auf dem Zettel, aber seine Zukunft ist ungewiss. Von der Leyen ringt um weitere fünf Jahre als EU-Kommissionspräsidentin. Ob es Biden noch mal ins Weiße Haus schafft? Donald Trump ist längst nicht abgehängt. Mit Turbulenzen muss nur eine sicher nicht rechnen: Meloni.

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2 Kommentare

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  • 6G
    604303 (Profil gelöscht)

    Ganz ehrlich, wenn die Union mit deraFd in Potsdam krude Pläne schmiedet, wen wunderts, wenn Frau Leyen und Frau Meloni ähnliches tun?

  • Javier Milei ist doch auch bei der Party dabei?

    Da findet zusammen, was...