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G20-Treffen auf BaliMehrheit verurteilt Russland

In dem finalen Entwurf zur Abschlusserklärung kritisieren die G20 Moskau überraschend deutlich. Selenski skizziert einen Plan für ein Ende des Krieges.

Reiste vorzeitig ab: Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag auf Bali Foto: Kay Nietfeld/dpa

Berlin taz | Beim Gipfel der führenden Wirtschaftsmächte und Schwellenländer (G20) im indonesischen Bali haben die westlichen Länder offenbar durchgesetzt, dass Russlands Krieg gegen die Ukraine überraschend deutlich verurteilt wird. Am Dienstag zitierten mehrere Nachrichtenagenturen aus dem Entwurf für die Abschlusserklärung. Die Deutsche Presse-Agentur berichtete, alle Unterhändler hätten dem Papier bereits zugestimmt. Am Mittwoch, dem Abschlusstag des Gipfels, soll die Erklärung von den Staats- und Regierungschefs verabschiedet werden.

In dem als final geltenden Entwurf hieß es am Dienstag: „Die meisten Mitglieder verurteilen den Krieg in der Ukraine aufs Schärfste und betonen, dass er immenses menschliches Leid verursacht und bestehende Schwachstellen in der Weltwirtschaft verschärft, indem er Wachstum beschränkt, die Inflation antreibt, die Versorgungsketten unterbricht, Energie- und Ernährungssicherheit verstärkt und die Risiken für die Finanzstabilität erhöht.“

Betont wird darin ausdrücklich, dass es auch andere Bewertungen gab, sowohl hinsichtlich der Ausgangslage als auch hinsichtlich der Sanktionen. Auch wird anerkannt, dass die G20 kein Forum zur Lösung von Sicherheitsfragen seien, weshalb auf die Vereinten Nationen in Form des Sicherheitsrates und der Generalversammlung verwiesen wird.

Dabei wird aus der UN-Resolution vom 2. März zitiert, in der ein „vollständiger und bedingungsloser Rückzug“ Russlands aus dem Hoheitsgebiet der Ukraine gefordert wird. Die Resolution war von der Generalversammlung mit 141 Jastimmen, 5 Neinstimmen und 35 Enthaltungen bei 12 Abwesenden verabschiedet worden.

Lawrow reist vorzeitig ab

Der Bezug zur UNO, der Hinweis auf die wirtschaftlichen Kriegsfolgen sowie die Formulierung einer quantitativ undefinierten Mehrheitsposition samt Hinweis auf ungenannte abweichende Meinungen sind die diplomatischen Hilfskonstruktionen, um die russlandkritischen Aussagen in den Erklärungsentwurf aufnehmen zu können. Darin heißt es zugleich: „Der Einsatz oder die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen ist unzulässig.“

Das entspricht Aussagen des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping, die dieser bei seinem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz sowie am Montag gegenüber US-Präsident Joe Biden getätigt haben soll. In Pekings offizieller Darstellung der beiden Treffen tauchten diese Aussagen aber bislang nicht auf.

Nach den Plänen des Gastgebers Indonesien sollte der Krieg ursprünglich gar kein offizielles Thema des jährlichen Gipfels sein. Nach dem Wunsch Moskaus sollte er auch in keiner Erklärung des Gipfels, der sich traditionell vor allem mit Wirtschafts- und Finanzfragen beschäftigt, auftauchen. Doch offenbar hat Russland seinen anfänglichen Widerstand aufgegeben.

Russlands Präsident Wladimir Putin, der laut seinem Sprecher aus Termingründen nicht anreiste, ließ sich in Bali von Außenminister Sergei Lawrow vertreten. Der reiste aber schon am Dienstagabend vorzeitig ab. Er hatte zuvor auch nicht am gemeinsamen Mittagessen teilgenommen. Lawrow warf dem Westen vor, die Abschlusserklärung „politisieren“ zu wollen und Formulierungen reinzuschmuggeln, welche die Russische Föderation verurteilten. Doch enthalte der Entwurf sowohl die westliche als auch die russische Sichtweise, so Lawrow zur amtlichen russischen Agentur Tass.

Selenski fordert Fortsetzung von Getreideabkommen

Lawrow hatte sich im balinesischen Nusa Dua mit Chinas Außenminister Wang Yi getroffen und betonte anschließend, Russland und China pflegten „eine allumfassende und strategische Partnerschaft“. Doch war auffällig, dass China in Bali nicht explizit für Moskau Position ergriff.

Lawrow war auch bei der per Video übertragenen Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski anwesend, den Indonesien als Gast geladen hatte. Selenski verurteilte Moskaus „verrückte Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen“. Er sagte, dass „jetzt der Zeitpunkt gekommen“ sei, den „zerstörerischen russischen Krieg“ zu stoppen.

Er forderte zugleich zur Verlängerung des Getreideabkommens auf, das der Ukraine den Export von Getreide über das Schwarze Meer ermöglicht. Dieses „lebensrettende Abkommen“ sei ein „Lichtblick für die Menschen in den ärmsten Ländern der Welt“, so Selenski.

Er verwies auf die massive Umweltzerstörung durch den Krieg, geißelte Russlands Versuch, mittels Zerstörung der Energieinfrastruktur „Kälte als Waffe gegen Millionen Menschen“ einzusetzen. Zugleich warf er Moskau vor, mehr als 11.000 ukrainische Kinder von ihren Eltern getrennt und nach Russland verschleppt zu haben.

Selenski skizzierte in seiner Rede auch einen Plan samt Forderungen für ein Ende des Krieges: Voraussetzung sei ein Abzug der russischen Truppen und die Wiederherstellung der territorialen Integrität seines Landes. Für dieses seien danach „effektive Sicherheitsgarantien“ notwendig. Beschlossen werden könnte diese internationale Sicherheitsarchitektur mit einem Kiewer Abkommen auf einer Nachkriegskonferenz.

In Bali gab es auch Forderungen nach Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau. Beide werfen sich seit Längerem vor, nicht ernsthaft an Verhandlungen interessiert zu sein. So erklärte Lawrow in Bali, die Ukraine stelle „unrealistische Bedingungen“

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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Stephan Detjen vom Deutschlandfunk sieht es ähnlich. '... der Gipfel auf Bali hat dazu gereicht, den russischen Präsidenten auf internationaler Bühne als Störenfried der Weltordnung zu brandmarken.'

  • ' ... Energie- und Ernährungssicherheit verstärkt' - äääh ???

  • Hätte Russland Oberwasser, wäre die Verurteilung nicht so ausgefallen. Nun sehen einige ihre Felle davonschwimmen.... so ist leider der Gang der Welt, zum Glück gab es die Unterstützung für die Ukraine aus den USA, sonst hätte Europa ein Minsk 3 gefordert und nie geliefert und die G20 niemals diese Erklärung abgegeben.



    Das jetzt auch China wackelt, Atomwaffen medial als Unmöglichkeit betont, etwas was ja nie zur Debatte stand, dann die Entspannungsrethorik zwischen Xi und Biden das allein zeigt Chinas Abwenden von RUS . Hätte die westl. Unterstützung der UKR nicht gefruchtet, hätte ebenjener Xi das für seinen Vorteil genutzt. Die Welt ist doch die Welt des Stärkeren, traurig aber wahr. Argumente, Menschenleben sind nur Beiwerk. Eine Erkenntnis, die in vielen Konflikten und Kriegen nur nicht so offensichtlich wird.



    Aber einmal abwarten, was daraus nun folgt... das russ. Militärs den Rückzug aus Cherson medial vor Kameras planen und Putin dazu schweigt. Ein Lawrow, der sich schwach in kurzer Hose zeigen muß, als Beweis er sei nicht krank, allein, dass darauf eingegangen wird,,, Palastrevolte, ik hör dir trapsen?



    diese Möglichkeit scheint fast vorstellbar, auch wenn es nur ein derber Wunsch ist

    • @nutzer:

      "… Palastrevolte … Wunsch …" - wirklich?

      Angesichts der Kandidaten in und um den Palast werd ich mich da des Wünschens enthalten. Und ob die sich einig wären oder auch noch untereinander austragen würden, wer oder was auf Putin folgt und ob das dann auf den Palast beschränkt bliebe? Mindestens Prigoschin und Kadyrow haben schon ihre Privatarmeen, in wie viele Teile die regulären Streitkräfte zerfallen würden ist völlig offen …

      Die russische Nukleardoktrin erlaubt den Einsatz, wenn der Staat existentiell bedroht ist. Ein Bürgerkrieg tut genau das.

      Wünschen wir allen in und um Russland (ja, wir), daß das alles halbwegs gut geht …

    • @nutzer:

      China wackelt. Und das ganz ordentlich. Deren wirtschaftliches Wohlergehen hängt sehr stark vom westlichen Wohlstand ab. Eine Inflation und Rezession im Westen können sie in China gerade gar nicht gebrauchen. Das Land wird seit geraumer Zeit von einer gehörigen Immobilienkrise gebeutelt. Dazu gesellt sich die dort weiterhin präsente Pandemie mit ihren Extrem-Lockdowns ganzer Regionen. Eine Inflation vernichtet ungeahnte Währungswerte in Dollar und Euro, die u.a. für die neue Seidenstrasse benötigt werden. Dazu nagt es am Wohlstand der Bevölkerung.

      Es gibt guten Grund für China von einem aggressiven Russland Abstand zu nehmen. Die Atomwaffen Diskussion liefert die passende Rhetorik um die Signale zu senden.

  • Diese Verurteilung ist m.E. ein einmaliger und beeindruckender Vorgang. Dieser Krieg ist nun wirklich in allen Belangen überflüssig und unsinnig.

  • Eine Verurteilung sehe ich nicht. Es heißt, dass es auch andere Meinungen gibt, also zumindest schon mal zwei Meinungen. Dass "der Westen" verurteilt ist so neu auch wieder nicht. Also, nichts neues.