G20-Gipfel in Antalya: Im Schatten der Anschläge
Die Terrorangriffe von Paris bestimmen das sonst eher auf Wirtschaftsfragen abonnierte Treffen der G20. Einigkeit herrscht darin, den IS stärker zu bekämpfen.
EU-Ratspräsident Donald Tusk rief die Teilnehmer auf, Entschlossenheit gegen den Terrorismus zu zeigen. Doch abseits der harten Worte gegen den IS zeichneten sich zunächst keine konkreten Schritte ab. Die Miliz hatte sich zu den Anschlägen in der französischen Hauptstadt mit mindestens 129 Toten bekannt.
Der französische Präsident François Hollande hatte den sunnitischen Extremisten, die in Syrien und dem Irak große Gebiete kontrollieren, am Samstag einen gnadenlosen Kampf angesagt. Seine Teilnahme am Gipfel strich er wegen der Anschlagsserie. Obama sicherte Frankreich eine enge Zusammenarbeit zu, um die Urheber der Anschläge zu fassen und sie vor Gericht zu stellen.
Doch wie genau die USA ihren Kampf gegen den IS jetzt verstärken wollen, erklärte er nicht. Die USA fliegen seit mehr als einem Jahr mit Verbündetem Luftangriffe auf den IS in Syrien und dem Irak, allerdings mit begrenztem Erfolg. Unter anderem will Obama vermeiden, dass die USA über den Einsatz von Bodentruppen tiefer in den Konflikt geraten könnten. Allerdings genehmigte er kürzlich, dass einige Dutzende Spezialeinsatzkräfte nach Syrien geschickt werden.
Mit Russland kooperieren?
Der frühere französische Regierungschef Nicolas Sarkozy schlug vor, dass Frankreich zusammen mit Russland daran arbeiten solle, den IS zu zerstören. „Wir brauchen jeden (...) es kann keine zwei Koalitionen in Syrien geben“, sagte der Oppositionsführer der Konservativen nach einem Treffen mit Hollande.
US-Präsident Barack Obama und Russlands Staatschef Wladimir Putin haben sich für Friedensverhandlungen für Syrien unter Vermittlung der Vereinten Nationen ausgesprochen. Bei einem Treffen am Rande des G20-Gipfels in der Türkei bestätigten sie am Sonntag den möglichen Weg, den tags zuvor die Syrien-Konferenz der Außenminister in Wien vorgezeichnet hatte. Obama und Putin seien sich einig, dass die Syrer selbst über einen politischen Übergang entscheiden sollen, sagte ein Vertreter des Weißen Hauses in dem Küstenort Belek bei Antalya weiter.
Ein Mitarbeiter Putins sagte, die Präsidenten hätten übereingestimmt, dass der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) wichtig sei. Das taktische Vorgehen sei aber noch umstritten. Den US-Angaben nach dauerte das Gespräch etwa 35 Minuten, russische Quellen sprachen von 20 Minuten. Zweites Thema war der Konflikt in der Ostukraine.
Russland, ein enger Verbündeter von Syriens Präsident Baschar al-Assad, fliegt seit Ende September ebenfalls Luftangriffe in Syrien. Allerdings werden dabei nach Einschätzung westlicher Länder auch Stellungen der gemäßigten Rebellen getroffen und nicht nur Extremisten.
Obama und der russische Präsident Wladimir Putin haben kein formales Treffen in Antalya auf dem Terminplan. Am Rande des G20-Gipfels dürfte jedoch Raum zur Aussprache bleiben.
In der Türkei selbst ist die Sicherheitslage angespannt wegen des Konflikts mit Syrien und mit dem IS, der als Urheber hinter den Anschlägen in Suruc im Juli und in Ankara im Oktober mit zahlreichen Toten vermutet wird. Seit Wochen gehen die Sicherheitskräfte gegen IS-Anhänger vor. Vor dem Hintergrund der Terrorwelle in Paris verschärften die türkischen Behörden noch einmal die Sicherheitsvorkehrungen in Antalya.
Protestierer festgenommen
Am Sonntag nahm die Polizei zu Beginn des G20-Gipfels vier Demonstranten fest, die den Staatenlenkern einen Brief übergeben wollten. Bereits am Samstag waren elf Demonstranten festgenommen worden.
Bei einer Razzia gegen den IS sprengte sich nach türkischen Angaben an der Grenze zu Syrien ein Selbstmordattentäter in die Luft. Fünf Polizisten seien verletzt worden, teilten die türkischen Behörden mit. Am Samstag töteten türkische Soldaten vier mutmaßliche IS-Kämpfer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!